Vorflächen: Gutachten bringt keine endgültige Klarheit

8. Juli 2020
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Seit Jahren gibt es Zoff um sogenannte Vorflächen in der Gemeinde. In den 30er Jahren wurde in einigen Straßen die Straßenflucht um rund drei Meter in Richtung Fahrbahn verschoben. Die Eigentümer zäunten später den Grundstücksstreifen bis zur neuen Straßenlinie ein und nutzten ihn.

Der Haken: Das Land gehörte der Gemeinde. Sie duldete über Jahrzehnte die unentgeltliche Nutzung, räumte stillschweigend Wegerechte ein, verschlief es jedoch, für klare rechtliche Verhältnisse zu sorgen.

Einige Grundstücksbeitzer haben den rund drei Meter breiten Streifen hinter den Zäunen der Gemeinde abgekauft. (Foto: mwBild)

Einige Grundstücksbeitzer haben den rund drei Meter breiten Streifen hinter den Zäunen der Gemeinde abgekauft. (Foto: mwBild)

2015 wollte Bürgermeister Mücke (SPD – nominiert) dem „Wildwuchs“ ein Ende bereiten. Der Streit entzündete sich. Vor allem an den Preisen, die das Rathaus für die Vorflächen kaufinteressierten Eigentümern vorschlug. Sie orientierten sich an den Bodenrichtwerten, 2015 lag der bei knapp 80 Euro, inzwischen weit über 100 Euro pro Quadratmeter.

Bürger empfinden das als ungerecht, es hagelte Kritiken, schließlich hat die Gemeinde die offene rechtliche Situation verschuldet. Zudem kann der Grundstücksstreifen baulich nicht genutzt werden. Die Interessengemeinschaft Altanschließer Schulzendorf (IGAS) forderte deutlich niedrigere Quadratmeterpreise als die vom Amt angesetzten Bodenrichtwerte und eine vorverlegte Stichtagsregelung.

Ein Gutachten wurde in Auftrag gegeben, nun liegen die Ergebnisse vor:

Der Vorwurf der IGAS, die Verkaufspraxis des Amtes würde gegen das Sachenrechtsbereinigungsgesetz verstoßen, haben die Experten widerlegt. Es sei „zweifelhaft“ ob die Vorflächen von der Regelung überhaupt erfasst werden. Außerdem sind Ansprüche aus dem Gesetz zum 31.12.2011 verjährt.

Kommunen dürfen grundsätzlich ihr Vermögen nicht unter Wert verkaufen, heißt es in der Expertise. Das Rathaus kann sich zur Wertermittlung des Gutachterausschusses für Grundstückswerte oder auch eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Immobilienbewertung bedienen.

Ausnahmsweise kann es ein Grundstück unter Wert veräußern. Es müssen dafür allerdings „tragfähige Gründe“ vorliegen. Die entscheidende Frage, ob die Entstehungsgeschichte der Vorflächen ein solcher Grund ist, bleibt im Gutachten unbeantwortet.

Offen bleibt auch die Frage, ob eine „Rückverlegung“ des Wertermittlungsstichtages im Fall der Vorflächen rechtens wäre. Sie kann nur durch einen Bodenwertgutachter beantwortet werden, heißt es in der rechtlichen Betrachtung.

Das Thema Vorflächen geht in die nächste Runde.

4 Responses to Vorflächen: Gutachten bringt keine endgültige Klarheit

  1. Altanschließer
    12. Juli 2020 at 22:36

    Es ist ein Armutszeugnis, dass Herr Mücke und die Gemeindevertretung auch nach 5 Jahren kein endgültiges Ergebnis vorlegen können und den Bürgern Klarheit verschaffen.

  2. Oliver
    9. Juli 2020 at 11:50

    Dem Landkreis ist man entgegengekommen, da sollte es für die eigenen Bürger erst recht möglich sein.

  3. Eichberger
    8. Juli 2020 at 11:08

    Was ist das für ein Gutachten, das wichtige Fragen nicht klärt?

  4. B. Meister
    8. Juli 2020 at 10:43

    Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz sind nur verjährt, wenn die Gemeinde die Einrede der Verjährung erhebt. Das muß sie aber nicht. Das wurde m.E. bedeuten: Bei gutem Willen bietet das Sachenrechtsbereinigungsgesetz auch weiter eine Rechtsgrundlage zum Ankauf zu halbem Preis.

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