Pfarrer schlägt Alarm – Treiben Rathaus und Gemeinderat Familien in den Ruin?

31. März 2022
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Schulzendorf. Etwa ein Jahrzehnt dauerten die Gespräche zwischen Rathaus und Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) zur 1. Änderung des Bebauungsplanes (B-Plan) „Zum Mühlenschlag“. Ende 2019 wurde sie im Gemeinderat beschlossen.

Drei Jahre nach Beschlussfassung stellte Bürgermeister Mücke (SPD-nominiert) überraschend einen Nachplanungsbedarf fest, er schob die 2. Änderung des B-Plans an. Offiziell ging es um die Vergrößerung der Verkaufsfläche einer Einrichtung des Einzelhandels um 200 Quadratmeter und um eine Veränderung bei Stellplätzen der vorgesehenen Kita.

Im Oktober 2021 beschloss der Gemeinderat einstimmig den Aufstellungsbeschluss der 2. B-Plan Änderung.

Gleichzeitig verhängten die Abgeordneten eine Veränderungssperre über das gesamte Areal. Heißt zu gut Deutsch: Bauliche Veränderung sind im Gebiet verboten, Baugenehmigungen werden von der Genehmigungsbehörde nicht mehr erlassen. Dabei sind lediglich Änderungen bei der Handelseinrichtung und der Kita vorgesehen. Eine generelle Bebauung stand im Mühlenschlag nie in Frage.

Seit Januar 2022 schlagen Kirchenvertreter die Alarmglocken. Im Bild: Pfarrer Hans-Karl Kahlbaum (Foto:mwBild)

Seit Januar 2022 schlagen Kirchenvertreter die Alarmglocken. Im Bild: Pfarrer Hans-Karl Kahlbaum (Foto:mwBild)

Bauwillige hatten zuvor mit der Kirchengemeinschaft Erbbaurechtsverträge geschlossen, Grundschulden bestellt, Kredite aufgenommen und Bauverträge mit Unternehmen unterzeichnet. Nun dürfen sie nicht bauen. Für einige Familien könnte das den finanziellen Ruin bedeuten.

So muss beispielsweise Familie K. mit ihrem Nachwuchs, der an einer Autismus Störung leidet, aus ihrer Wohnung, weil der Eigentümer Eigenbedarf anmeldete. Ziehen sie nicht aus, droht eine Räumungsklage.  „Für uns bedeutet das eine Katastrophe, können wir den Kredit zum Bauen nicht abrufen, werden 80.000 Euro als Entschädigung fällig.“, so Anja K. in einem Brief an alle Abgeordneten.

Schulzendorfs Pfarrer Hans-Karl Kahlbaum rief den Gemeinderat zu einer Korrektur auf: „Fassen Sie sich ein Herz und sorgen für eine Ausnahmeregelung. Es ist alles nur ein Federstrich.“

Auf diese Forderung hin, ließ Bauchef Sonntag gestern Abend im Gemeinderat die Katze aus dem Sack. Die Rücknahme des Aufstellungsbeschlusses und der Veränderungssperre durch die Gemeindevertretung sei zwar möglich, doch es gäbe Anhaltspunkte, dass der drei Jahre alte B-Plan generell nichtig sei. Das werde gegenwärtig juristisch geprüft.

Bei den Abgeordneten herrscht Hilflosigkeit. Zwar versprach SPD-Fraktionschef Dominic Lübke dem Kirchenvertreter Hans – Georg Sehmsdorf, der im Januar 2022 auf die katastrophale Lage aufmerksam machte, hoch und heilig: „Wir nehmen das mit, prüfen es und dann sagen wir was rauskommt.“ Leere Worte, denn gestern im Gemeinderat hüllte sich Lübke in eisernes Schweigen. Keine Antwort ist auch eine!

Einzig Dr. Wolfgang Schröder (Bürgerbündnis) forderte die sofortige Aufhebung des Beschlusses.

Bürgermeister Mücke und der Gemeinderat haben sich die Bebauung selbst eingebrockt. Die Öffentlichkeit erwartet, dass beide die Suppe auch schnellstens auslöffeln.

4 Responses to Pfarrer schlägt Alarm – Treiben Rathaus und Gemeinderat Familien in den Ruin?

  1. Sehmsdorf
    4. April 2022 at 10:52

    Die Kirchengemeinde hat nach einer längeren Vorlaufzeit am 09.12.2021 mit Familie K. einen Erbbaurechtsvertrag geschlossen, nach dem die Familie eine Vielzahl von Einzelfragen zum Bauvorhaben mit der Gemeindeverwaltung besprochen hatte. Verträge für zwei weitere Grundstücke, für die nun auch keine Baugenehmigung erteilt wird, wurden bereits im September 2021 geschlossen. Die Veränderungssperre wurde am 14.12.2021 beschlossen und am 21.12.2021 öffentlich bekannt gemacht. Zu keinem Zeitpunkt wurde die Familie oder die Kirchengemeinde vorab über die geplante Veränderungssperre informiert.Das Ziel der Veränderungssperre ist bis heute der Kirchengemeinde nicht bekannt.
    Betroffen sind sechs Baugrundstücke für EFH /Doppelhäuser. Die Vielzahl der bereits stehenden Häuser sind von der Veränderungssperre dann betroffen, wenn von den Eigentümern Veränderungen geplant werden, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist. Die beiden Flächen für den Supermarkt und die KITA, an denen Nachbesserungen am rechtskräftigen B-Plan als sinnvoll angesehen werden, sind von der Veränderungssperre ausgenommen. Für die von der Veränderungssperre formal betroffenen und im Bau befindlichen Mehrfamilienhäuser wurde eine Baugenehmigung wenige Tage nach dem Beschluss zur Veränderungssperre durch den Landkreis erteilt, da zu diesem Antrag die Gemeindeverwaltung eine positive Stellungnahme auf Grundlage des bestehenden B-Planes abgegeben hatte.

  2. Mühlenschläger
    1. April 2022 at 10:53

    Marina Kreisel: Meinem Kenntnisstand nach, weit vor dem Erlass der Änderungssperre. Verrückt ist, dass bei uns im Mühlenschlag gebaut wird. Übrigens betrifft es nicht nur Familie K., auch andere Familien. Hat kein Gemeindevertreter vor der Beschlussfassung mal das Amt gefragt, ob von den Auswirkungen der Veränderungssperre Bürger negativ betroffen sind? Wo war denn Herr Kolberg, der sich immer als Robin Hood der Bürger darstellt und Visitenkarten an sie verteilt? Für die Immobilienhaie der Waldsiedlung wollte er sogar eine Satzung ändern. Aber ein Beschluss, der schlimme Folgen für Bürger hat, den verabschiedet er. Es ist unglaublich, was hier in Schulzendorf geschieht. warum muss der gesamte Mühlenschlag eine Bausperre erhalten, wenn es nur um den Netto und die Kita geht? Wie mir bekannt ist beschäftigen sich bereits Anwälte mit dem Thema. Hoffentlich prüfen sie, ob die Gemeindevertretung und die Verwaltung für diesen Beschluss haftbar gemacht werden können. Herr Sontag soll der Familie mit 4 Personen eine 2 Zimmer Wohnung angeboten haben, wo sie wohnen kann, bis die Sperre aufgehoben wird. Das ist in meinen Augen eine Frechheit.

  3. Fassungsloser
    1. April 2022 at 06:53

    Lieber User Fassungsloser, Ihr Kommentar wird nicht veröffentlicht. Jemanden schlecht machen ist hier unerwünscht. Halten Sie sich künftig an unsere Nutzungsbedingungen.

    Sabrina Rühle
    Redaktion

  4. Neu Schulzendorfer
    31. März 2022 at 13:45

    Ich verstehe nicht, warum die GV so etwas beschließen konnte. Wann schalten die Gemeindevertreter endlich mal ihren Kopf ein?

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