Wenig Ahnung für viel Geld – Die irre IPM-„Kalkulation“

25. März 2021
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Bürgermeister Mücke (SPD-nominiert) hat 2020 etwa 1,5 Prozent des knapp 16-Millionen-Euro Haushalts für Sachverständige, Gutachter und ähnliches ausgeschüttet.

Das Rathaus fördert den Verdacht, dass es bei seinen Beratungsaufträgen auch darum geht, Aufgaben zu erledigen, die das Amt früher selbst gemacht hat. Mücke ließ sich vom Berliner Institut für Public Management (IPM) in der Friedhofsgebühren Kalkulation beraten. Sie soll die Grundlage für eine neue Friedhofsgebührensatzung bilden.

Warum kann die Gemeinde eine solche Berechnung nicht allein bewerkstelligen, schließlich gibt es nach Aussagen vom Bürgermeister ausreichend „Fachleute“ in der Verwaltung?

Es heißt, Berater wüssten alles besser, hätten aber oft keine Ahnung, weil sie das Leben nur aus dem Hörsaal kennen. Dieser Eindruck entsteht auch beim Studieren der IPM-Friedhofsgebühren „Kalkulation“ , die unstimmig und widersinnig ist.

Dass große Textteile der Schulzendorfer „Kalkulation“ mit denen der IPM-Berechnung für Zeuthen aus 2020 identisch sind, ist der kleinste Makel.

Nicht geheuer sind diese Beispiele: Die Nutzung der Friedhofshalle in Schulzendorf (447 Euro)  ist teurer als auf einem stadteigenen Friedhof in München (150 Euro) oder in Zeuthen (179 Euro). Eine Genehmigung für das Aufstellen eines Grabsteines kostet in Schulzendorf fast das Zehnfache als in Zeuthen. Friedhofsleistungen in Schulzendorf werden mit Zeitstundenansätzen von über 50 Euro kalkuliert. Die Liste ließe sich fortsetzen.

Sterben in Schulzendorf könnte bald richtig teuer werden. (Foto: mwBild)
Sterben in Schulzendorf könnte bald richtig teuer werden. (Foto: mwBild)

IPM-Berater Benjamin Wagner, der das Papier schrieb, beteuert, dass die von der Gemeinde übergebenen Daten die Grundlage seiner „Kalkulation“ bildeten. Beraten ist aber mehr als Daten entgegennehmen und niederzuschreiben.

Beraten heißt auch zurechtweisen. Hat IPM-Berater Wagner Bürgermeister Mücke zurechtgewiesen, dass Zeuthen nur ein Viertel Zeit für das Ausstellen einer Genehmigung zum Aufstellen eines Grabsteines benötigt, als das in Schulzendorf der Fall ist?

Beraten heißt auch anraten. Hat IPM-Berater Wagner Bürgermeister Mücke angeraten, die angegebenen Kosten für die Nutzung der Friedhofshalle auf Plausibilität zu prüfen?

Beraten heißt auch ermahnen. Hat IPM-Berater Wagner Bürgermeister Mücke ermahnt, die Zeitansätze für verschiedene Friedhofsleistungen zu evaluieren?

Offenbar nicht!

Eine teure Beraterleistung gilt als die beste, weil wohl das aufwendigste und teuerste Personal dahintersteckt. Diese Annahme müssen Berater aufrechterhalten. Auch deshalb tragen sie teure Anzüge, die neuesten Mobiltelefone und Laptops mit sich rum, die sie so überheblich aussehen lassen. Wir werden bei IPM-Berater Wagner nachfragen, über welche Praxis-Erfahrungen er verfügt.

IPM-Chef Oliver Massalski wollte sich aus Wettbewerbsgründen nicht dazu äußern, was sein Institut für die „Kalkulation“ kassiert. Im Haushalt der Gemeinde Schulzendorf sind 10.500 Euro dafür bereitgestellt. (sr/gb)

7 Responses to Wenig Ahnung für viel Geld – Die irre IPM-„Kalkulation“

  1. Lärmgegner
    27. März 2021 at 07:49

    Der erste Teil der Überschrift – gilt für jeden Bürgermeister in Schulzendorf und für fast alle Politiker.

    @ Peter Siegert Es ist in meinen Augen krankhaft, alles auf die Gerichte zu schlieben. Politische Einzelrichter – oft mit Parteibuch – entscheiden nach Interessenlage und bedienen sich zu oft Gutachter, die wieder einer Interessenlage unterliegen – oft für das eigene Ego. ( Unvergessen beim BVG – ” Wir werden uns mal nicht so lange aufhalten, wir wollen ja noch Weihnachstsgesenke kaufen. ”

    Die Gemeindevertretung und der Bürgermeister haben die verdammte Schuldigkeit Lösungen für die Bürger zu suchen, die nicht nur nachvollziehbar- sondern auch bezahltbar sind.

    Aber Herr Siegert hier haben Sie uneingeschränkt die Wahrheit auf Ihrer Seite – Die Haftungsfrage für die politisch verantwortlichen Seite und auch für die Richter ist fürs Volk mehr als unbefriediegend.

  2. Peter Siegert
    26. März 2021 at 10:13

    Es ist überfällig, dass eine bundesweite Regelung geschaffen wird, nach der Führungskräfte öffentlicher Verwaltungen und Ministerien für Fehlentscheidungen und Steuergeldverschwendungen haftbar gemacht werden können. Was die Kalkulation betrifft, sollte die Verwaltung erst dann eine Rechnung begleichen, wenn sie belastbar ist. Mir scheint, dass sie das derzeit nicht ist. Was ist denn die Folge einer solchen “windigen” Berechnung? Klagt ein Bürger gegen einen Gebührenbescheid und ein Richter prüft die Kalkulation und stellt Ungereimtheiten fest, dann ….

  3. Jörg
    26. März 2021 at 08:06

    @ Insider Alles stimmig, aber dann schreiben Sie auch, dass der Posten von Frau Hoppe – geduldet vom Dr. – nicht gerechtfertigt ist und war. Derartige Posten sind erst für Gemeinden über 10 oder waren es 12 000 Einwohner vorgesehen. Wer hat das bezahlt ? Und obwohl der Dr. mehr finazielle Macht hatte, als der regierende Bürgermeister vonBerlin – haben wir nur Salat in der Gemeinde.

    Über die Leistung der Gemeinde Schulzendorf werden wir jedenfalls alle beneidet. Der Seißegal Effekt kann sich hier voll ausbreiten. Selbst ein Ast oder ein VZ wird von diesem Amt nicht nur zum Politikum, sondern zum Staasttehma befördert. Und Volk wählt Leute, die sich noch gekümmert haben, ab.

  4. Insider
    26. März 2021 at 06:25

    Das Übel für die teuren Berater liegt in der Verwaltungsstruktur. Zu Zeiten einer Frau Koppe gab es ein Rechtsamt. Das hat Herr Mücke abgeschafft und mit seiner für mich fragwürdigen Personalpolitik die Handlungsfähigkeit der Gemeinde eingeschränkt. Herr Reech ist Verwaltungsjurist, er kümmert sich aber um Finanzen, wofür er nie eine Ausbildung erhalten hat. Frau Klausch war in Nürnberg im Jugendamt, in Schulzendorf hat sie Herr Mücke zur Hauptamtsleiterin gemacht. Das geht eigentlich nicht. Herr Sonntag ist als Bauamtsleiter auch Leiter des Ordnungsamtes, nirgendwo in LDS gibt es soetwas. Und und und. Alles hausgemachte Probleme. Und der i-Punkt ist eine Gemeindevertretung, deren Großteil das Geschehen in der Verwaltung unkritisch verfolgt. Und die Bürger dürfen die Zeche zahlen. Toll!

  5. Neu Schulzendorfer
    25. März 2021 at 23:06

    Die Arbeit der Verwaltung lässt seit Jahren zu wünschen übrig. Nach der fristlosen Kündigung zweifle ich aber auch immer mehr an der Kompetenz der Gemeindevertreter. Die CDU und ihre Handlanger AfD, Grüne und Linke werden die neue Gebührenordnung schon durchwinken.
    @Grolle: treffend eingeschätzt!

  6. Jörg
    25. März 2021 at 21:57

    Habt Ihr schon mal von einen Schlechtachter gehört ? Wozu sitzen denn eigentlich die Leute da in der Gemeindeverwaltung – um Schlechtachten zu sammeln ?! Kein Gutachter schreibt eine GV – Vorlage, könnte er aber bestimmt auch noch machen.

  7. Grolle
    25. März 2021 at 17:22

    Ein externer Berater wird seinem Auftraggeber, nach umfangreicher Recherche für ein hohes Beraterhonorar, immer genau das Ergebnis liefern, welches der Auftraggeber als Ergebnis erwartet. Würde er dies nicht tun, dann wäre er ein schlechter Berater in den Augen seines Auftraggebers und somit würde er nie wieder einen Auftrag erhalten. Berater erzählen ihren Auftraggebern immer genau das, was diese schon vorher wussten – aber da diese Meinung nun für viel Geld durch externe “Spezialisten” untermauert / bestätigt wurde ist diese automatisch jetzt auch unumstritten richtig. Getreu dem Motto: Ein Berater der nicht kostet der ist auch nicht wert.
    In meinen Augen gibt es nicht überflüssigeres als “Berater”…
    Zitat und hinlängliche Meinung über Berater:
    Ein Berater ist ein Mann, der deine Uhr nimmt, sagt, wie spät es ist, und dir dann dafür eine Rechnung schickt.

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