Unterwegs mit der Transsibirischen Eisenbahn.(6)

18. Oktober 2011
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Nicht überall in der Welt sind die Mauern gefallen!

Rund 250 Kilometer südlich von Wladiwostok  stoßen die drei Länder aneinander, die eine gemeinsame Geschichte verbindet, aber  heute doch sehr unterschiedliche politische Wege gehen: Russland, China  und Nordkorea.  Khasan heißt das kleine Dorf, wo Russlands Territorium zu Ende ist.

Im Dreiländereck: Im Vordergrund befindet sich eine chinesische Grenzbeobachtungsstation. Hinter dem Fluß beginnt das Reich von Kim Jong Il. (Foto: Wolff)

Über seinen kleinen Grenzbahnhof reiste übrigens im August 2011 der nordkoreanische Staatschef Kim Jong Il mit seinem gepanzerten Zug nach Russland, wo er später mit  Präsidenten Dimitri Medwedjew zusammentraf. Im Gepäckwagen hatte er übrigens ein deutsches Produkt – einen gepanzerten Mercedes Benz!

Bis Mitte der 90 er Jahre durfte Khasan ausschließlich von den dort lebenden Einwohnern betreten werden. Nicht einmal Russen aus anderen Landesteilen, geschweige denn Ausländer wurde der Zutritt gewährt.

Selten: Gegenverkehr auf der Fernverkehsstraße nach Khasan. (Foto: Wolff)

Reiseveranstalter meiden allerdings das Gebiet heute immer noch, zu viele Risiken lauern in der Grenzregion. So ist man schnell im Visier der russischen Grenzsicherungs- und Aufklärungskräfte, was zu Unannehmlichkeiten führen kann. Filmen und Fotografieren in Richtung Grenze sind nämlich strengstens untersagt.

In Richtung Süden geht es nicht mehr weiter. “Wir leben hier am Ende der Welt.”, sagt Sergej Nikolajewitsch Bosheznikow. Der über 70 jährige Rentner bewacht ein rund 50 qm großes und eingezäuntes Gelände auf dem  ein Funkmast eines russischen Telekommunikationsunternehmens steht. Zwölf Stunden Schichten schiebt hier der lebenserfahrene Mann, er muss seine magere Rente aufbessern.

Der Wachmann kritisiert seine Regierung. Denn anders als in seiner Heimat, besteht zwischen China und Nordkorea ein “kleiner Grenzverkehr”. Bewohner der beiden Länderregionen können sich gegenseitig ohne viel Bürokratie  besuchen. “Ich würde gern einmal mit den Chinesen oder den Nordkoreanern gemeinsam Angeln gehen. Doch unsere Regierung sperrt uns vom Leben aus!”, klagt Sergej.

China und Russland sind durch einen Grenzzaun getrennt, davor befindet sich ein breiter Sandstreifen, auf dem sich Fußspuren bestens identifizieren lassen.  Das erinnert ein bisschen an den Berliner Mauerstreifen. Schießanlagen gibt es hier jedoch nicht. Die Chinesen haben vor kurzem mit dem  Bau eines neuen Grenzüberwachungsturmes begonnen. Unzählige Bauarbeiter hatten den Rohbau innerhalb von vier Wochen zum großen Erstaunen der russischen Nachbarbewohner fertiggestellt.

Innerhalb von 4 Wochen bauten die Chinesen diesen fast 90 Meter hohen Grenzturm. (Foto: Wolff)

China und Nordkorea werden an dieser Stelle nur durch einen Fluss geteilt. Nordkoreanische Grenzsoldaten sind auch nicht durch ein 300 er Teleobjektiv und einem 2,0 Konverter auszumachen. Offenbar ist das illegale Eindringen nach Nordkorea kein Kriminalitätsschwerpunkt.

Das Japanische Meer. (Foto: Wolff)

Auf russischer Seite befinden sich an einem Berg in unmittelbarer Grenznähe viele gut getarnte Erdbunker. In Sowjetzeiten beobachteten von dort aus hunderte Grenzsoldaten die Trennlinie der Staaten. Mittlerweile nagt an ihnen der Zahn der Zeit, sie drohen einzustürzen.  Auch viele verlassene Postenhäuser mit Schlagbäumen und warnende Schilder vor den Toren des Dörfchens erinnern an die Hochsicherheitszone von vor vielen  Jahren.

Grenzenlos Reisen zu können ist etwas Bewahrens Wertes. Sergej Nikolajewitsch Bosheznikow bleibt da nur zu wünschen, dass er möglichst bald gemeinsam mit seinen chinesischen und nordkoreanischen Angelfreunden am Grenzfluss sitzt und nicht nur große Fische an Land zieht sondern sich mit seinen Nachbarn auch menschlich näher kommt.

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