Im Kreuzverhör: Bürgermeisterkandidat Philipp Martens

25. Februar 2024
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Im März wählen die Zeuthener einen neuen Bürgermeister. Der Schulzendorfer sprach mit Philipp Martens (Die Linke):

Sven Herzberger hat die Latte ziemlich hochgelegt. Zeuthen steht in der Region gut da. Die Gemeinde wird noch in diesem Jahr schuldenfrei sein. Wie wollen Sie diese Latte überspringen?

Philipp Martens: Ich muss das Bild, das Sie zeichnen, leicht korrigieren. Es ist richtig, dass Zeuthen ein Ort und eine Gemeinschaft ist, in der wir Zeuthener sehr gerne leben und uns grundsätzlich wohl fühlen. Das muss auch so bleiben. Aber dafür muss Zeuthen auch besser werden. In den vielen Gesprächen mit Bürgern, Vereinen, Initiativen, den Gewerbetreibenden und weiteren Akteuren im Ort, wurde mir regelmäßig gespiegelt, dass es sich seit Jahren anfühlt, als läge ein bleierner Schleier über Zeuthen. Es braucht frischen Wind in Zeuthen und dafür stehe ich.

Philipp Martens

Viele angefangene Projekte müssen zu Ende gebracht werden. Mehr Druck auf die Deutsche Bahn, mehr Kontakt mit der evangelischen Schulstiftung und dem Investor für eine neue Grundschule, mehr nachhaken beim Bauherrn eines neuen EDEKA-Marktes in Miersdorf, mehr Einbindung der Bürger bei der Gestaltung des Ortes, mehr Kommunikation und Offenheit innerhalb der Verwaltung und gegenüber den Bürgern. Zeuthen musste einen neuen Kredit für den Bau des Multifunktionsgebäudes aufnehmen. Das ist beschlossen. Die finanzielle Lage der Gemeinde sieht in den nächsten Jahren prognostisch nicht gut aus. Wir müssen Zeuthen besser machen. Das ist die Messlatte.

Was wollen Sie anders machen als Sven Herzberger?

Philipp Martens: Ich werde für wichtige Weichenstellung für Zeuthen mehr auf Beteiligung, Austausch, konstruktive Lösungsfindung und Kompromiss setzen, nicht auf knappe Mehrheiten in der Gemeindevertretung. Die Interessen unseres Ortes müssen konsequent durchgesetzt werden. Ich werde ansprechbarerer sein, durch regelmäßige Bürgermeisterstammtische vor und regelmäßigen Treffen mit allen Akteuren im Ort.

Wo genau muss Zeuthen noch besser werden?

Philipp Martens: Zeuthen braucht kurzfristig greifbare und verlässliche Ergebnisse bei drängenden Themen. Ich könnte hier viele konkrete Themen ansprechen. Die Bürger kennen die Baustellen im Ort und eine Aufzählung würde den hiesigen Rahmen sprengen. Wichtig ist mir, dass die Bürger sich an die Verwaltung wenden, ein offenes Ohr vorfinden, sich ernst genommen fühlen können und gemeinsam lösungsorientiert Ergebnisse erarbeitet und umgesetzt werden. Meine berufliche Erfahrung als Rechtsanwalt ist, dass Pragmatismus erst dann beginnen kann, wenn einem die rechtlichen Gegebenheiten auch vollständig klar sind. Verwaltung muss vom Ansatz her ein Möglichmacher und kein Verhinderer sein.

Die Bahnunterführung machen Sie zum Wahlkampfthema. Seit Jahren wird daran gefeilt. Zählbares kam bislang nicht heraus. Wie sieht Ihr Masterplan aus?

Philipp Martens: Ein Bürgermeister muss sich konsequent für die Interessen von Zeuthen einsetzen. Ein stetiges Einfordern und Nachfragen und nicht lockerlassen ist notwendig. Immerhin habe ich bisher in meiner Funktion als Vorsitzender der Gemeindevertretung – trotz vieler Widrigkeiten seitens der Deutschen Bahn – erreicht, dass es am 28.3.2024 einen Termin vor Ort mit dem Bauleiter, leider nur für die Gemeindevertretung, geben wird. Konkret fordere ich die Einhaltung des Eröffnungstermins für den Tunnel im November 2024 und die Schaffung eines provisorischen Aufgangs auf das Bahngleis in diesem Jahr.

Die Unterstützer von Philipp Martens: Jonas Reif (Bündnis 90/Die Grünen), Karin Sachwitz (Bürger für Zeuthen), Beate Burgschweiger (SPD)

Die Unterstützer von Philipp Martens: Jonas Reif (Bündnis 90/Die Grünen), Karin Sachwitz (Bürger für Zeuthen), Beate Burgschweiger (SPD) (v.l.)

Die Abholzung von Bäumen bei der dringend erforderlichen Sanierung der Seestraße wurde von Landesbehörden und sogar den Grünen befürwortet. Wie stehen Sie zum Baumeinschlag?

Philipp Martens: Der Landesbetrieb ist allein für die Entscheidung zuständig. Die Gemeinde Zeuthen hat sich vor 8 Jahren klar und fast einstimmig positioniert zu diesem Verfahren und Forderungen aufgestellt. Ob das Ergebnis des Verfahrens rechtlichen Maßstäben standhält, wird ein Gericht entscheiden und nicht die Gemeinde Zeuthen. Ich werde als Bürgermeister dennoch im laufenden Verfahren und auch nach Abschluss des Verfahrens im Vollzug des Ausbauplans beim Landesbetreib darauf drängen, dass möglichst viele Bäume erhalten bleiben können. Das ist das, was ein Bürgermeister angesichts der Lage tun kann und was ich tun werde. Die letztendliche Entscheidung wird aber nicht durch den Bürgermeister getroffen. Das möchte ich klarstellen. Die L401 und die Gehwege müssen saniert werden. Die Straße muss wieder die Aufgabe einer Landesstraße wahrnehmen können, zur Entlastung unserer Ortsstraßen. Wir haben momentan eine massive Überschreitung der Schallrichtwerte für die Anwohner durch die Pflasterung. Das ist gutachterlich dokumentiert und muss sich ändern, zum Schutz der Anwohner.

Zeuthen kassiert eine Menge Geld aus der Vermietung kommunaler Wohnungen. Mieter klagen darüber, dass wenig reinvestiert wird. Wollen Sie das ändern und wenn ja, wie?

Philipp Martens: Eine der größten Aufgaben in der Legislatur des Bürgermeisteramtes wird es sein, unseren Wohnungsbestand von über 300 Wohnungen in eine kommunale Gesellschaft zu überführen. Die Gemeinde soll zu 100 % Gesellschafterin bleiben. Das hätte aus meiner Sicht den Vorteil, dass wir flexibler investieren könnten. Bisher ist so, dass jede Investition den Ergebnishaushalt der Gemeinde durch Abschreibungen negativ belastet. Eine eigenständige Gesellschaft bzw. Genossenschaft wäre finanziell flexibler. Das langfristige Ziel ist die Schaffung von zusätzlichem kommunalem Wohnraum, der bezahlbar ist. Für die vielen jungen Menschen in unserem Ort brauchen wir bezahlbaren Wohnraum. Sie gehen sonst durch Wegzug der Gemeinde, aber auch den Vereinen, der Feuerwehr usw., also der Ortsgemeinschaft verloren. Daneben werde ich mich dafür stark machen, dass Zeuthen wieder unter die Mietpreisbegrenzungsverordnung sowie die Kappungsgrenzenverordnung fällt, denn die privat angebotenen Mieten sind in Zeuthen momentan für Jung und Alt nicht bezahlbar.

Die Entwicklung der Siedlung im Zeuthener Winkel wird in Sachen Infrastruktur die Gemeinde vor enormen Herausforderungen stellen. Stichwort Ärzte, Kitas, Schule. Wie wollen Sie Zeuthen darauf vorbereiten?

Philipp Martens: Prognostisch haben wir bei den Kitaplätzen kein Problem. Jedes Kind bekommt in Zeuthen einen Kitaplatz. Das wird auch so bleiben. Für ausreichend Schulplätze schafft der Bebauungsplan Baurecht für eine neue Grundschule. Hier müssen wir die Vereinbarung mit der evangelischen Schulstiftung finalisieren und umsetzen. Dazu gibt es ein klares Votum in Zeuthen.  Ab dem 1. März eröffnet das neue Ärztehaus in der Schulstraße mit einem Zahnarzt und einer Kinderärztin. Es ist noch Platz für zwei weitere Praxen. Bisher haben sich leider dort keine Interessenten befunden. Ich bin aber optimistisch, dass – und die Verwaltung wird dies unterstützen, wo sie kann – diese Plätze mit Ärzten besetzt werden. Der jetzige Bebauungsplan war ein breiter Kompromiss, den ich unterstützt habe. Er sieht weniger Bebauung vor als geplant. Der Investor hat sich zudem zu wichtigen Infrastrukturmaßnahmen wie beispielsweise dem Ausbau der alten Poststraße verpflichtet.

Philipp Martens

Zeuthens Verwaltung wird nachgesagt, dass sie im Schneckentempo Beschlüsse des Gemeinderates umsetzt. Wenn das stimmt, wie wollen Sie das ändern?

Philipp Martens: Es gibt Beschlüsse, die schnell umgesetzt werde und Beschlüsse, die langsam umsetzt werden. Das hat unterschiedliche Gründe. Personelle Ausfälle aufgrund von Krankheit sind sicherlich ein Grund. Fakt ist, dass die Beschlüsse der Gemeindevertretung zeitnah und konsequent umgesetzt werden müssen. Sonst bräuchten die Bürger keine Gemeindevertretung wählen. Hier müssen wir besser werden. Dazu ist aus meiner Sicht das bereits oben gesagte wichtig. Es braucht breitere Kompromisse in wichtigen Entscheidungen für den Ort und auch ein neues Gemeinschaftsgefühl innerhalt der Verwaltung. Die Rathausspitze muss mit den Amtsbereichen und den nachgeordneten Einrichtungen besser kommunizieren und ein klareres Verständnis davon vermitteln, wie die Verwaltung besser als Team zusammenarbeitet und offen und hilfsbereit dem Bürger gegenübertritt.

Der Regionalausschuss hat nach Ansicht von Bürgern für sie bislang nichts Zählbares hervorgebracht, außer Steuergelder aufgefressen. Warum soll es ihn noch geben, ist er nicht überholt?

Philipp Martens: Nein, der Regionalausschuss hat eine wichtige Funktion, die ausbaufähig ist. Sei es die Vergabestelle, das Einwohnermeldeamt, das Rechnungsprüfungsamt oder „Kümmern im Verbund“. Es gibt viele Beispiele, wo nicht jede Gemeinde sprichwörtlich sein Süppchen kocht, sondern Aufgaben gemeinsam bewältigt werden. Das spart Steuergelder. Viele Themen lassen sich nur im Verbund klären (niveaufreie Bahnquerung, Fluglärm, Schulplanung, Verkehrsplanung usw.). Zwischen Schönefeld und Königs Wusterhausen leben wir in einem Ballungsraum mit ca. 91.000 Einwohnern, der sich ständig – ob wir das in Zeuthen wollen oder nicht – weiterentwickelt und wachsen wird. Eine interkommunale Abstimmung ist daher klug und dringend geboten. Sie sollte auch stärker Schönefeld und Königs Wusterhausen einschließen bzw. mitbetrachten.

Sie sind seit 2019 im Gemeinderat tätig. Gab es mal Situationen, wo Sie alles hinwerfen wollten?

Philipp Martens: Nie. Ich empfinde es als großes Privileg, in meiner Freizeit als Gemeindevertreter aufgrund der Wahl der Bürger mitwirken zu dürfen. Ich will nun für acht Jahre den Bürgern in Zeuthen hauptberuflich dienen. Das mag pathetisch klingen, ist aber meine grundlegende Überzeugung.

Was wünschen Sie sich in den nächsten Jahren für die Zeuthener?

Philipp Martens: Vor allem Frieden. Eine friedlichere Welt und ein friedliches und respektvolles Miteinander. Unser Zeuthen soll eine Gemeinde sein, in der Kinder glücklich aufwachsen und alle Menschen gut und glücklich leben, arbeiten und alt werden können. Das ist mein Anspruch.

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