Der Pannen Report – Was alles beim Schulanbau schieflief! (Teil 3)

5. Mai 2023
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Ging bei der Ausschreibung alles mit rechten Dingen zu?

Bundesweite Untersuchungen belegen, dass bei öffentlichen Bauten die Kosten zunächst kleingerechnet werden, um ein Projekt durch die politischen Gremien zu bringen. Nach der Salamitaktik werden sie später schrittweise erhöht.

Das trifft auch auf das Schulprojekt von Schulzendorf zu. Eine erste unvollständige Kostenschätzung belief sich auf 3,7 Millionen Euro und betraf das Gebäude mit nur sechs Klassenräumen, ohne Freianlagen, ohne Berücksichtigung der Raumempfehlungen und ohne Planungskosten.

Später wurden die Herstellungskosten auf 5,14 Millionen Euro geschätzt, am Ende sind es fast 8 Millionen Euro geworden und liegen damit deutlich über dem Schwellenwert von netto 5,35 Millionen Euro (Stand 2021), der eine europaweite Ausschreibung erforderlich gemacht hätte.

Sind die Mehrkosten, die am Ende die Baukosten explodieren ließen rein zufällig und über Nacht auf das Rathaus hineingebrochen? Oder griff man in die Trickkiste, um eine europaweite Ausschreibung zu umgehen, in dem man nicht alle Kosten in den geschätzten Auftragswert einbezieht, nur um unter dem Schwellenwert zu bleiben?

Foto:mwBild

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Das Berliner Planungsbüro wollte nicht zur Aufhellung beitragen, es hüllte sich zu dieser Frage in eisernes Schweigen. Aus dem Rathaus hieß es knapp, alles sei rechtens, die Kostenschätzung lag unter dem EU-Schwellenwert und konnte nach der VOB/A ausgeschrieben werden.

Doch gegenüber dem Schulzendorfer räumte Bürgermeister Mücke ein, dass verschiedene Kosten gar nicht in die Kostenschätzung eingeflossen sind. Beispielsweise die für die Außenanlage, die für zusätzliche Anforderungen an die Brandmeldeanlage, die für den zufälligen Fund einer „Klärgrube“ im Erdreich und zahlreiche andere. Bei exakter Planung wären all diese Kosten absehbar gewesen. Möglicherweise wäre dann der Schwellenwert überschritten worden. Hätte das Rathaus, wie eigentlich üblich bei derartigen Projekten, den Boden mit einem Georadar untersucht, was sie nicht tat, wäre der Fund der Klärgrube keine Überraschung gewesen.

RPA nicht zu zuständig für Kosten Check

Das Zeuthener Rechnungsprüfungsamt (RPA) gab grünes Licht für das Projekt der Schulerweiterung. Bürgermeister Sven Herzberger zur Frage, warum das RPA keinen Anlass für eine europaweite Ausschreibung sah: “Eine Überprüfung der Kostenberechnung des Ingenieurbüros ist nicht Aufgabe des Rechnungsprüfungsamtes. Das Rechnungsprüfungsamt prüft, ob eine Kostenschätzung auf den Zeitpunkt des Beginns der Ausschreibung (Bekanntmachung) vorliegt und ob eine Kostenschätzung, die vor diesem Zeitpunkt liegt, die aktuellen Preisverhältnisse berücksichtigt.”

Zielprämien von bis zu 250.000 Euro wurden vom GU abgelehnt

Nach dem bereits absehbar war, dass der Baufortschritt massiv lahmt, hat Bürgermeister Mücke dem Bauunternehmen im Dezember 2021 eine „Prämie für die Einhaltung des Fertigstellungstermins 15.07.2021“ in Höhe von 200.000 Euro bis 250.000 Euro und im April 2022 von 150.000 Euro angeboten. Beide Zielprämien lehnte das Bauunternehmen ab.

Bedenklich aus Expertensicht sind die von Bürgermeister Mücke angebotenen Prämien vor allem deshalb, weil sogenannte Beschleunigungsvergütungen nach der VOB/A nur vorzusehen sind, „wenn die Fertigstellung vor Ablauf der Vertragsfristen erhebliche Vorteile bringt.“ In der Hochbaupraxis sind solche Konstellationen ganz selten, häufiger sind solche Zielprämien im Straßenbau.

4 Responses to Der Pannen Report – Was alles beim Schulanbau schieflief! (Teil 3)

  1. BewohneR
    9. Mai 2023 at 07:32

    @Eichberghörnchen

    Ich denke nicht, dass Du beim Schulzendorfer mehr Tiefe in der Recherche erwarten kannst. Die anderen Beiträge in auf dieser Seite machen mir jedenfalls weniger Hoffnung.

    Vielleicht kann ich Dir aber schon ein wenig helfen…

    Ein europaweites Vergabeverfahren ist in der Regel komplizierter. Vor allem aber bekommen dann Unternehmen aus dem Ausland ggf. etwas von dem Verfahren mit und können sich bewerben. Das kann die Kommunikation schon mal erschweren.

    Ähnlich wie im privaten Bereich kann es aber durchaus (wirtschaftlich) sinnvoll sein, ein Unternehmen aus dem Ausland (z. B. eine Zaunbaufirma) zu beauftragen.

    Aus meiner beruflichen Erfahrung kann ich Dir sagen, dass bei Vergabestellen aber freihändige Vergaben oder Verhandlungsverfahren beliebter sind. Diese sind nicht so formalistisch.

  2. Eichberghörnchen
    8. Mai 2023 at 22:11

    @ Redaktion

    Ich finde Ihre Berichte zum europaweiten Vergabeverfahren sehr interessant aber mir fehlt leider die Tiefe in der Recherche.

    Ich weiß dank Ihres Berichts nun von Schwellenwerten aber was wäre denn an einem europaweiten Vergabeverfahren anders gewesen? Geht das schneller? Hat man da Preisgarantien?
    Wie lief denn das VOB Verfahren ab? Hat man nur ein Unternehmen gefragt? Sind alle Leistungen an einen GU gegangen? Gab es Einzellose?
    Gibt es aufgrund der Überschreitung der Schwelle durch Mehrkosten nun Konsequenzen oder gar Risiken für die Gemeinde?

    Bitte bringen Sie doch mal in Teil 3.1 der Enthüllungen Ihr ganzes journalistisches Geschick zusammen und beschreiben mal tiefgreifend, was das in Teil 3 grob angedeutete eigentlich bedeuten könnte.

    Herzlichen Dank

  3. Peter Schulze
    6. Mai 2023 at 18:00

    SPD eben. Immer schön Schönwetterpolitik. Damit die Gesichter auf den Fotos besser wirken.

  4. Petra P.
    5. Mai 2023 at 16:32

    Aus dem letzten Regionalausschuss gem. Gemeindeseite

    Unter dem neuen Tagesordnungspunkt 6 hat Frau Spieker die Firma PFABO GmbH vorgestellt, die Mehrwegverpackungen für Lebensmittel herstellt. Diese könnten für ein Pfandboxsystem im Zuge der Mehrwegangebotspflicht zum Beispiel im gastronomischen Bereich verwendet werden. Gastronomische Betriebe ab einer bestimmten Größe müssen anstatt der bisherigen Einwegverpackungen Speisen in Mehrwegboxen anbieten. Frau Spieker schlägt vor, eine Gruppe aus verschiedenen Akteuren zu bilden, die sich mit Möglichkeiten eines Pfandboxsystems in der Region beschäftigen soll. Herr Mücke hat sich bereit erklärt, Frau Spieker dabei zu unterstützen. Über den Fortlauf dieser Initiative soll berichtet werden.

    Hat der Bürgermeister von Schulzendorf nicht genug zu tun? Es wird doch immer von Überlastung des Amtes gesprochen !

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