Straßenausbau: Die Achterbahnfahrt hat (hoffentlich) ein Ende!

30. September 2011
Von

Vorgestern, gegen 20.30 Uhr fiel dem sichtlich angespannten Bürgermeister Markus Mücke ein Stein vom Herzen. Nach unendlichen Debatten und vielem Hin und Her hat die Achterbahnfahrt im formellen Straßenausbauverfahren endlich ein Ende gefunden. Schulzendorfs Gemeindevertreter verabschiedeten mehrheitlich das 16 Kilometer Straßenausbauprogramm und die Abschnittsbildung. Beides erlaubt nun der Gemeinde, die Aufwendungen für die im Bau befindlichen Straßen alsbald nach Herstellung durch Beiträge zu refinanzieren.

Gegen das Programm stimmten Anna Florentina Kesser (FDP) und der Fraktionsvorsitzende des BürgerBündnisses Freier Wähler, Bernd Puhle.

 

Bürgermeister Markus Mücke kann aufatmen, formell ist nun alles unter Dach und Fach. (Foto: Wolff)

Vorausgegangen war der Abstimmung eine 18 Monate lange und aufregende Achterbahnfahrt der Schulzendorfer Bauverwaltung.

Im Jahre 2007 beschlossen die Gemeindevertreter den Ausbau der 16 Kilometer Straßen. „Die Gemeindevertretung beschließt, beginnend 2008 in einem Zeitraum von vier Jahren die unbefestigten Straßen gemäß dem von der Gemeindevertretung noch zu beschließenden Straßenausbauprogramm für unbefestigte Straßen in Schulzendorf grundhaft auszubauen…“, heißt es darin.

Doch mit dem „noch zu beschließenden Straßenausbauprogramm“ ließen sich Bürgermeister Mücke und seine Bauverwaltung Zeit. Die Ausschreibung wurde 2010 ausgelöst, die Leistungen nach dem Verhandlungsverfahren Anfang 2011 vergeben und im März des Jahres wurde mit den Arbeiten begonnen. Alles ohne beschlossenes Straßenausbauprogramm!

Noch im Juni 2011 war Bürgermeister Markus Mücke der Auffassung, dass die Verabschiedung des Straßenausbauprogramms „eine reine Formsache“ sei. „Der Inhalt dieser Beschlussvorlagen ist so banal, als dass es nicht notwendig ist, das noch einmal durch die Ausschüsse zu schicken.“, hatte Mücke gegenüber Ines Fricke (Linkspartei) argumentiert, die eine Debatte darüber in den Ausschüssen der Gemeindevertretung erfolgreich einforderte.

Viele Gemeindevertreter fühlten sich im formalen Verfahren schlicht übergangen. Im Sozial – und im Ortsentwicklungsausschuss hatte sich zunächst keine eindeutige Mehrheit für das Ausbauprogramm gefunden.

Da es bereits einen Vertrag zwischen der Gemeinde Schulzendorf und den Bauunternehmen gibt und ein Teil der Straßen auch gebaut wird, war der Spielraum der Gemeindevertreter in der Abstimmungsangelegenheit äußerst gering. Denn bei einem Nein zum Ausbauprogramm könnte die Gemeinde keine Beiträge erheben, sie wäre schlicht Pleite! Keine optimalen Bedingungen für eine breite demokratische Debatte zum Thema.

 

Die Mehrheit der Schulzendorfer Gemeindevertreter stimmten für das Straßenausbauprogramm und die Abschnittsbildung. (Foto: Wolff)

Diesen Drahtseilakt, den die Gemeindevertreter vorführen mussten kritisierte Ortsentwicklungschef Joachim Kolberg. „Ich stehe zwischen Baum und Borke. Uns wurde sogar mit strafrechtlichen Konsequenzen gedroht, falls das Ausbauprogramm nicht beschlossen wird. Die Gemeindevertreter sind sich der Verantwortung die sie tragen sehr wohl bewusst.“, so Kolberg.

Auch der Rechtsberater der Gemeinde Schulzendorf, Dr. Ulrich Becker wies auf diesen Makel hin. „Es wäre besser gewesen, das Ausbauprogramm vor der Ausschreibung zu beschließen.“, so der Verwaltungsrechtsexperte.

 

Einige Schulzendorfer Bürger verfolgten mit Spannung die entscheidenede Sitzung. (Foto: Wolff)

Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Hans Georg Bäumer appellierte vor der Abstimmung an die Zweifler des Straßenausbauprogramms: „Es ist enorm wichtig dass die Gemeinde Gebührenbescheide für den Ausbau der Straßen versenden kann. Um Schaden von der Gemeinde abzuwenden ist die Zustimmung zum vorliegenden Beschluss ein logischer Akt.“

Harsche Kritik richtete Bernd Puhle (BürgerBündnis) an Bürgermeister Mücke und die Bauverwaltung. „Das Ergebnis des Vergabeverfahrens ist entschieden zu hoch. Es bringt nicht nur einen Schaden für die Gemeinde sondern auch für die Anwohner.“, so Puhle. Er kritisierte die hohen Preise, beispielsweise für die Einfahrten. „Den Anwohnern werden 70 Euro pro Quadratmeter berechnet, obwohl die Selbstkosten für sie lediglich 30 Euro betragen.“, sagte der Abgeordnete.

Der Fraktionsvorsitzende des BürgerBündnisses räumte allerdings auch eigene Fehler ein. „Ja, es war damals ein Fehler, das wird dem Vorschlag der Fraktion SPD/Grüne nicht gefolgt sind. Wir wollten zu diesem Zeitpunkt nicht nur den Spatz in der Hand, sondern mehr.“, gab Puhle zu.

Er bezog sich auf das Neun – Punkte Programm der Fraktion SPD/Grüne. Sie hatte es Anfang 2010 zum 16 Kilometer Straßenausbau in die Gemeindevertretung eingebracht. Es sah unter anderem die Begrenzung der finanziellen Obergrenze des Projektes vor. Der Vorschlag fand damals keine Mehrheit.

Auch Bürgermeister Markus Mücke räumte eine Panne im formellen Straßenausbauverfahren ein. Einen Beschluss über die konkrete Art und Weise des Straßenausbaus hat es nämlich nie gegeben. „ Es herrschte dazu unter den Gemeindevertretern ein Konsens, allerdings nicht per Beschluss.“, gestand Mücke.

CDU Chef Kolberg wies die Darstellung vom angeblichen Konsens  zurück. „ Das ist nicht so Herr Bürgermeister. Es sind immer noch Fragen offen! Die Gemeindevertretung hat über das Ausbauprogramm inhaltlich nicht ausführlich diskutiert.“, resümierte Kolberg.

Wenn nichts mehr zu ändern geht: "Dann hat sich doch die Mitarbeit der betroffenen Anlieger erledigt." , resümierte Anlieger Winter aus der Weimarer Straße. (Foto: Wolff)

In die Debatte mischten sich auch Anwohner der auszubauenden Straßen ein. Sie bemängelten ihre ungenügende Einbeziehung und kritisierten das formale Verfahren.

„Wir wissen gar nicht so genau, was vor Ort gebaut wird. Von der Verwaltung hören wir, dass bereits alles fest steht. Dann hat sich doch die Mitarbeit der betroffenen Anlieger erledigt.“, sagte Anlieger Winter aus der Weimarer Straße.

Auch Dr. Maria Gürtler aus der Riesaer Straße  machte der Bauverwaltung Vorwürfe. „Wir Anlieger haben erwartet, dass wir, bevor die Auftragsvergabe erfolgt, über den konkreten Straßenausbau informiert werden. Doch nichts ist geschehen. Keiner kümmert sich um die Befindlichkeiten der Bürger.“, beschwerte sich die Anwohnerin.

„Es bleibt der Fakt bestehen, dass Bürgermeister Mücke 2011 einen Auftrag für den Straßenausbau ausgelöst hat, für den es zu diesem Zeitpunkt keine Finanzierung gab.“, bemängelte Andre Haberkorn, Mitbegründer der Interessengemeinschaft Bezahlbare Straßen für Schulzendorf.

Auch wenn nun formell alles unter Dach und Fach ist, die Diskussionen werden weitergehen, denn mit dem Ablauf des Straßenausbaus sind viele Schulzendorfer alles andere als zufrieden. Undine Nulle und Bürgermeister Mücke werden noch so manche Krisengespräche führen müssen.

 

 

 

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One Response to Straßenausbau: Die Achterbahnfahrt hat (hoffentlich) ein Ende!

  1. Knuffke Frank
    2. Oktober 2011 at 11:57

    Die Abstimmung ist durch,die letzte Messe gesungen,gelöst ist das Problem dennoch nicht.Ich möchte hier kurz die Geschichte eines kleinen Ortes in Brandenburg zum Thema Straßenbau darlegen um zu verdeutlichen,daß es um mehr geht als Straßen zu bauen.Dieser Ort
    ca.100 Seelen hat eine einzige Straße die in den Ort hineinführt und dort endet,also kein Durchgangsverkehr!Alle Häuser stehen an dieser einen 100 Jahre alten Kopfsteinpflasterstraße.Die war in Ordnung und hätte locker noch mal 100 Jahre gehalten!100% der Bürger waren damit zufrieden und NIEMAND!wollte eine neue Asphaltstraße.Dennoch wurde Sie gebaut und die Bürger mußten blechen!Also,worum geht es in Wirklichkeit?Es geht darum Abhängigkeiten zu schaffen,die Bürger in Schulden zu zwingen!Denn wer Schulden hat,muß sich “systemkonform” verhalten und wird so zum Sklaven.Diese Sklaverei wird mittlerweile nicht nur über das Zinssytem ausgeübt,sondern u.a.auch auf das “Gesundheitssystem”ausgeweitet.Wer krank ist und Medikamente oder “Behandlung” braucht ist ebenfalls abhängig!Zitat aus dem deutschen Ärzteblatt
    Nr.38 vom 20.09.2002 “der Wettbewerb zwingt zur Erschließung neuer Märkte.Das Ziel muß die Umwandlung aller Gesunder in Kranke sein…”Dieses Zitat ist NICHT aus dem Zusammenhang gerissen,sondern zeigt eindeutig,wie dieses System,in welchem wir leben mittlerweile pervertiert ist!Nicht einmal vor Kindern wird dabei halt gemacht!Das ist auch einer der wahren Gründe,warum unser Krankenhaus privatisiert wurde,es ging nicht nur ums Geld!
    Aber begriffen hat das von den “Demokraten”fast niemand,obwohl wir eindringlich davor gewarnt hatten.So liebe Schulzendorfer,ich hoffe,ich habe etwas zum Nachdenken angeregt und wünsche noch einen schönen Sonntag!

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