Interview: Der MAWV im Zwielicht vieler Beitragszahler!

26. August 2014
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Nach wie vor gibt es heftigen Streit um das Thema der sogenannten Altanschließer. Vor kurzem hat sich in Schulzendorf die Interessensgemeinschaft Altanschließer gegründet. Reinhard Bolduan ist einer der Initiatoren, beschäftigt sich seit 2011 intensiv mit der Materie, wälzte Unterlagen, studierte zahlreiche Dokumente in der Staatsbibliothek. Der Schulzendorfer sprach mit ihm.

Herr Bolduan, was will die Interessengemeinschaft erreichen, wofür tritt sie ein?

Der Märkische Abwasserzweckverband (MAWV) ist eine öffentlich rechtliche Einrichtung, die dem Wohle der Allgemeinheit zu dienen hat. Mir fällt es schwer zu sagen, dass der MAWV vordergründig dieses Ziel verfolgt. Seine Beitragspolitik, insbesondere was die Wasseranschlüsse aus DDR – Zeiten und davor angeht, sehe ich als Abzocke an. Ich sage es ganz deutlich, wir wollen diesen Altanschließer Beitrag kippen. Die gezahlten Beiträge sind an die Bürger zurückzuzahlen und es muss ein Runder Tisch gebildet werden, um die Arbeit des MAWV zu kontrollieren und transparent zu gestalten.

Reinhard Bolduan befasst sich seit Jahren mit dem Thema Altanschließer. Seine Devise lautet: "Die Bürger dürfen nicht immer hinten dran stehen."

Reinhard Bolduan befasst sich seit Jahren mit dem Thema Altanschließer. Seine Devise lautet: “Die Bürger dürfen nicht immer hinten dran stehen.”

Aus ihren Worten hört man Misstrauen gegenüber dem MAWV heraus. Täuscht der Eindruck?

Ganz und gar nicht, der MAWV gibt uns Anlass misstrauisch zu sein. Ein Beispiel. Am Verwaltungsgericht in Cottbus sind mehrere Klagen des Verbands Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN) wegen fehlerhafter Bescheide anhängig. Immer wenn dem MAWV vom Gericht Auflagen zur Offenlegung seiner Kostenkalkulation oder seiner Investitionen erteilt wurden, zieht er plötzlich den streitgegenständlichen Kostenbescheid zurück. Da muss man sich doch die Frage stellen, warum ist denn das so? Alle Satzungen des MAWV von 1991 bis 2013 waren nicht rechtskonform, ständig wurden sie korrigiert. Da muss man das Vertrauen verlieren.

Was ist daran verkehrt, dass der MAWV Beiträge für Investitionen erhebt?

Viele Grundstücksbesitzer haben bereits in den 30iger Jahren ihre Erstinvestitionen für Wasser- und Abwasseranschlüsse beglichen. Über 80 Jahre wurden Gebühren für Instandsetzungen gezahlt und dementsprechend Rücklagen gebildet. Warum müssen diese Grundstücksbesitzer jetzt noch einmal bezahlen, wenn Leitungen erneuert werden sollten, schließlich liegen die alten Leitungen noch drin? Und gerade aus diesem Grund ist das Beitragsmodell nicht nur undemokratisch, sondern auch unter dem sozialen Aspekt nicht gerecht. Der Gleichheitsgrundsatz gebietet, dass Neu Anschließer auf unbebauten Grundstücken ihren Anteil am gemeinschaftlichen Eigentum bezahlen.

Ist es denn überhaupt nachvollziehbar, wann welcher Beitrag in der Vergangenheit entstanden ist und wann er beglichen wurde?

Selbstverständlich. Nehmen wir Schulzendorf. Wer in den zwanziger Jahren hier ein Grundstück zum Zwecke des Wohnens gekauft hat, musste im Kaufvertrag notariell die Zahlung von 20 Reichsmark im Quartal an die Kommune verankern lassen. Dieses Geld war für Wasser, Abwasser und Straßenbau vorgesehen. Man musste sogar Geld hinterlegen an die Charlottenburger Wasserwerke. Mir liegen Originalrechnungen vor, wo Anliegern bis zu 18 Meter Grundleitungen berechnet wurden. In alten Zeitungen wurden Ansiedlungsbekanntmachungen bis in den Raum Königs Wusterhausen veröffentlicht. Wer sich dort ansiedeln wollte musste in den Kaufverträgen Verpflichtungserklärungen für Licht- und Wasseranschlüsse eingehen.

Rund 800 Betroffene protestierten im  März 2011 in der Schulzendorfer Mehrzweckhalle gegen die Gebührenbescheide des MAWV.

Rund 800 Betroffene protestierten im März 2011 in der Schulzendorfer Mehrzweckhalle gegen die Gebührenbescheide des MAWV.

Ist auch nachweisbar, was im Einzelnen damals gebaut wurde?

Natürlich ist es das. Es ist nicht so, wie vielfach behauptet wird, dass es früher keine rechtsgültigen Satzungen gab. Wir hatten zu DDR Zeiten die Teltower Kreiswasserbetriebe gehabt, dann kam die WAB Potsdam. Und Rechtsnachfolger dieser Betriebe ist der MAWV. Der hat alle Belege übernommen. Und der MAWV weiß sehr genau, dass die Leitungen in Schulzendorf seit 1936 im Erdboden liegen. Sämtliche Investitionen im Zusammenhang mit Wasseranschlüssen aus diesen Zeiten sind alle bezahlt. Der wirtschaftliche Vorteil und die Werterhöhung der Grundstücke war 1990 bereits gegeben und ist eben nicht erst seit 1990 mit dem MAWV entstanden.

Das vom MAWV praktizierte Beitragsmodell lehnen Sie ab, statt des favorisieren Sie ein Gebühren finanziertes Modell, warum?

Da gibt es eine ganz einfach Erklärung: Es ist sozialer und gerechter für die Menschen! Wo anders funktioniert dieses Modell doch auch, wenn es über den Verbrauch berechnet wird.

Da argumentiert der MAWV, dass die konkreten Verhältnisse in diesen Zweckverbänden nicht auf hiesige Verhältnisse übertragbar sind, stimmt das?

Warum soll das, was in Lübben und anderen Orten geht, nicht auch hier machbar sein? Nur wo kein Wille ist, ist auch kein Weg! Die Gemeindevertretungen der Kommunen müssen ihrer Verantwortung gegenüber den Bürgern noch stärker nachkommen. Thema Musterklagen: Nur wenige Bürgermeister, die ja im Auftrag ihrer Gemeinde und der Bürger unterwegs sind, bewiesen in der Verbandsversammlung des MAWV Kreuz und stimmten für die Zulassung von Musterklagen. Herr Speer aus Eichwalde war einer der wenigen Bürgermeister, der dafür votierte. Aber nahezu alle Anlieger, mit denen ich sprach, sind für Musterklagen.

Wie wollen Sie ihre Ziele umsetzen, was sind Aufgaben der Interessengemeinschaft in den nächsten Monaten?

Wir werden viel Aufklärungsarbeit leisten und uns auch an die Abgeordneten der Kommunen wenden. Demnächst werden wir auch einen Internetauftritt der Interessensgemeinschaft installieren, der rund um das Thema der Altanschließer informiert. Außerdem bereiten wir eine Petition vor, die wir dem Deutschen Bundestag übergeben werden und da hoffen wir natürlich, dass uns die Menschen in Brandenburg kräftig unterstützen.

Wie können Bürger Ihre Interessengemeinschaft unterstützen?

Wertvoll für unsere Arbeit sind Dokumente aus der Vergangenheit die belegen, dass für die Erstinvestitionen von Wasser- und Abwasseranschlüssen Gelder gezahlt wurden. Wer im Besitz solcher Unterlagen ist, der wende sich an Gernut Franke, Telefon 033762 46831 oder sendet eine E Mail an G.Franke-Schulzendorf@t-online.de.

4 Responses to Interview: Der MAWV im Zwielicht vieler Beitragszahler!

  1. Ungläubiger
    1. Dezember 2014 at 18:28

    In diesem Staat kann man sich auf kein Gesetz berufen, sie wackeln alle und wurden nicht für den einfachen Bürger geschrieben. Gewinnt die Altanschließerabzocke bei Wasser, werden bald Telekom, Gas und Strom folgen. Und wer nicht gleich zahlt, das Geld nicht hat – bei mur sind es ca. 3,5 T€ – soll auch noch horrende Zinsen obenauf zahlen. Hallo Rechtsstaat !
    Was ist mit dem DDR Volkseigentum? Dieses sollte laut Einigungsvertrag den Bürgern zugute kommen, ha. Da haben sich andere bereichert. Der DDR-Bürger wird als Billigarbeitskraft oder Ost-Rentner behandelt. Es gibt keine verlässlichen Rechte

  2. DorfSchulze
    27. August 2014 at 08:33

    Das Thema scheint allen Bürgern aus Schulzendorf wohl am Allerwertesten vorbeizugehen. Sind eben alle satt und reich und die Vertreibung durch die netten Dinge der Politik – wird dann im Altenheim ausgelebt.

  3. Der Alte
    26. August 2014 at 10:34

    Die Politik des MAWV ist nicht nachzuvollziehen.

    Der Bürger hat nur zu zahlen – so der MAWV.

    Andere – wie der Flughafen werden bevorteilt.

    Die Rechtsgrundlage des MAWV ist schwammig und nicht haltbar.

    Die Kommunalaufsicht hat per Weisung festgelegt – Altanschließerbeiträge sind zu erheben- basta- der MAWV gibt diese Weisung aber nicht zu.

    Es hat keine Verbesserung für den Bürger seit 1990 gegeben.

    Die Wasserqualität vom Wasserwerk Eichwalde ist bedenklich.

    Und die Bürger schauen wieder in Ruhe zu und gehen wählen, für Parteien – die ihnen das eingebrockt haben !

  4. Rita Scvhwarz
    26. August 2014 at 10:20

    Ich finde es toll, dass jemand das Kreuz hat dem MAWV die Stirn zu zeigen.
    Schon lange hebe ich auch mit weiteren Manipulationen, stets mir Hilfe Ortsobrigkeiten, des Vereins zu tun. Er setzt mit Hilfe der “Regierenden” an anderen Stellen sogar die Marktwirtschft außer Kraft.

    Ich bin der Meinung die Abzockerei mit den Altschulden ist nur die
    Spitze eines Eisberges einer komplex kurrupten Gemeinschaft.

    Solchen sollte man das Handwerk legen, wenn es nur irgend möglich
    ist.
    Sollte es notwendig sein, ein Verein zum sammeln von Geldern zu gründen, …ich bin dabei (leider nur mit meiner Mindestrente)!

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