Ein Nachtflugverbot ist machbar! / Konsequenzen aus der Entscheidung des BVerwG zum Ausbau des Flughafens Frankfurt/Main- ein Kommentar von Rechtsanwalt Frank Boermann.

4. April 2012
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Rechtsanwalt Frank Boermann (Foto: Wolff)

Nach dem Gang der mündlichen Verhandlung konnte die Entscheidung des BVerwG kaum noch  überraschen.  Das BVerwG bestätigte das vom VGH Kassel  verfügte  Nachtflugverbot für den Frankfurter Flughafen in der Zeit zwischen 23.00 Uhr und 5.00 Uhr. Die Begründung dieser  Entscheidung  liegt  in  der  hessischen  Landesplanung,  genauer  gesagt  in  der Änderung zum Landesentwicklungsplan aus dem Jahre 2007. Dort formulierte die hessische Landesregierung den  Grundsatz, dass  in dem Verfahren nach dem LuftVG – gemeint  war das  Verfahren  betreffend  die  Erweiterung  des  Flughafens  Frankfurt/Main  – aus  Rücksichtnahme  auf  die  besonders  schutzbedürftige  Nachtruhe  der  Bevölkerung  ein umfassender Lärmschutz in den Kernstunden der Nacht von herausragender Bedeutung sei.

Den  ausführlichen  Entscheidungsgründen  der  vorangegangenen  Entscheidung  des  VGH Kassel  kann  man  insoweit  entnehmen,  dass  dieser  Grundsatz  unmissverständlich  die sogenannte Mediationsnacht im Blick hatte, wonach zwischen 23.00 Uhr und 5.00 Uhr kein Flugbetrieb stattfinden sollte. Das BVerwG folgte offenbar der Auffassung des VGH Kassel, dass  weder  das  Land,  noch  die  Flughafengesellschaft  hinreichende  Gründe  dargelegt hatten, die geeignet waren, den vorbenannten Abwägungsgrundsatz zu überwinden.

Was ergibt sich hieraus für die Berliner Situation?

Die  Entscheidung  des BVerwG belegt, dass  es  im Rahmen der  Landesplanung  und damit  auf  Grundlage politischer  Grundsatzentscheidungen  möglich  ist,  für  die  luftverkehrliche  Planfeststellung  Abwägungsgrundsätze  zugunsten  der  Nachtruhe  der  Bevölkerung, insbesondere  in  der  Kernzeit,  aufzustellen.  Der  vorstehend  beschriebene  Grundsatz  in  der hessischen Landesplanung verstärkten nämlich  die  gesetzliche  Regelung des § 29b  Abs. 1 Satz  2  LuftVG  in  der  Weise,  dass  gegenläufige  Belange  nicht  mehr  geeignet  waren,  den Schutz  der  Nachtruhe  in  der  Zeit  zwischen  23.00  Uhr  und  5.00  Uhr  zu  überwinden.  Eine solche, die Nachtruhe der Bevölkerung schützende Regelung haben die Länder Berlin und Brandenburg  in  „ihrem“  Landesentwicklungsplan  zum  Ausbau  des  Flughafens  Berlin – Schönefeld  nicht  nur  verabsäumt,  sondern  bewusst  unterlassen. Die  politisch Verantwortlichen  in  Berlin  und  Brandenburg  waren  lediglich  bereit,  in  den Landesentwicklungsplan  eine  butterweiche  Formulierung  aufzunehmen,  wonach  alle rechtlichen  Anforderungen,  Lärmbeeinträchtigungen  durch  den  Betrieb  des  Flughafens  zu vermeiden  und  unvermeidbare  Lärmbeeinträchtigungen  auf  ein  Mindestmaß.  zu beschränken,  im Rahmen der  geltenden  Vorschriften  auszuschöpfen  seien  (Grundsatz G9  LEP FS).

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. (Foto: Wolff)

Hierzu erklärte das BVerwG in seiner Schönefeld-Entscheidung vom 13. Oktober 2011, dass der  so  formulierte  Grundsatz  keine  strengeren  Anforderungen  an  die  Zurückstellung  der Lärmschutzbelange in der Abwägung stelle als § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG.

Im  Ergebnis  ist  also  herauszustellen,  dass  die  hessische  Landesregierung  damals  bereit war, dem Schutz der Nachtruhe eine herausragende Bedeutung zuzumessen, während die Landesregierungen in Berlin und Brandenburg hierzu nicht bereit waren. Dass die hessische Landesregierung  diese  Festlegung  später  unter  Umständen  bereut  haben  mag,  steht  auf einem anderen Blatt. Neben  der  landesplanerischen  Besonderheit  in  dem  Ausbauverfahren  des  Flughafens Frankfurt/Main hat das BVerwG seine Rechtsprechung zum Flugbetrieb in der Nachtrandzeit weiter  konkretisiert.  Das  BVerwG  hat  am  Flughafen  Frankfurt/Main  133  Flüge  in  der Nachtrandzeit  zwischen  22.00  Uhr  und 23.00  Uhr  und  5.00  Uhr  bis  6.00  Uhr  als  zulässig erachtet. Dabei hat das BVerwG seine Rechtsprechung aus der Entscheidung Schönefeld II fortgesetzt, indem es erneut formulierte, dass der Flugverkehr in der Nacht abschwellen bzw. in der Zeit von 5.00 Uhr bis 6.00 Uhr anschwellen muss, sodass der Nachtflugverkehr keine bloße Verlängerung des Tagflugbetriebes darstellt.

Hinsichtlich  der  vorbenannten  Punkte  und  des  Schutzkonzepts  bezogen  auf  gewerbliche  Einrichtungen  hat  das BVerwG  den  Planfeststellungsbeschluss aufgehoben  und  das  Land Hessen  zur  Neubescheidung  unter  Berücksichtigung  der  Auffassung  des  Gerichts verpflichtet.  Weitere  Einzelheiten  wird  man  insoweit  erst  erörtern  können,  wenn  die schriftlichen Entscheidungsgründe vorliegen.

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