Es war eine schallende Ohrfeige für die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB) und das Brandenburger Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft (MIL), als das Oberverwaltungsgericht Berlin – Brandenburg (OVG) am 25. April 2013 sein Urteil verkündete.
Keinmal ist nullmal! – das ist die Sicht des Gerichts. Laut dem Planfeststellungsbeschluss müssen die Schallschutzvorrichtungen im Tagschutzgebiet gewährleisten, dass in den Innenräumen eines Wohnhauses keine höheren Maximalpegel als 55 dB(A) auftreten.
Flughafengesellschaft und MIL wollten nicht nur die Mathematik sondern auch ihre eigene, vor Jahren eingebrachte Pegelgröße nachträglich umdeuten. Denn Nullmal gab es in den Berechnungen der FBB nicht. Erst wurden sechs Überschreitungen von 55 dB(A) am Durchschnittstag der sechs verkehrsreichsten Monate, später dann 0,5 Überschreitungen von 55dB(A) als Kriterium für die Berechnung des Schallschutzes angenommen.
Diese Rechenart hätte für die Betroffenen einen schlechteren Schallschutz gebracht, die Abweichungen lägen zwischen 8 und 12 dB bzw. bei 6 dB.
Ist das Urteil rechtskräftig?
Das OVG hat gegen seine Entscheidung eine Revision nicht zugelassen. Allerdings bedeutet das nicht, dass sie schon rechtskräftig ist. Sowohl das Brandenburger Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft als auch die Flughafengesellschaft können das Urteil überprüfen lassen. In einer Nichtzulassungsbeschwerde können sie die Zulassung einer Revision beim Bundesverwaltungsgericht beantragen. Erst wenn keine Nichtzulassungsbeschwerde eingereicht oder eine solche abgelehnt wird, wird das Urteil rechtskräftig.
Was bewirkt das Urteil?
Betroffene haben Anspruch darauf, dass die FBB die Kosten tragen muss, die das Schutzziel, gewährleisten. Waren die Flughafenmacher bislang von durchschnittlich 3.000 Euro für Schallschutzmaßnahmen pro Wohnung ausgegangen werden sie nun tiefer in die Tasche greifen müssen. Nach Angaben der FBB werden sich die Kosten für Schallschutzmaßnahmen nach dem Urteil auf 30 bis 50 Tausend Euro belaufen.
Alle bisherigen Kostenerstattungsvereinbarungen null und nichtig, denn ihnen liegen falsche Berechnungen zu Grunde. Bis die Schallschutzmaßnahmen an den Gebäuden
umgesetzt werden dürfte einige Zeit vergehen, schließlich müssen erst die Neuberechnungen vorliegen.
Neuen Ärger könnte die Entschädigungsregelung heraufbeschwören. Hartmut Mehdorn hatte das OVG Urteil kritisiert. Weil die Forderungen des Gerichts teilweise nicht umsetzbar seien, müssten viele Anlieger mit Entschädigungen vorlieb nehmen. Sie greifen dann, wenn die Schallschutzmaßnahmen 30 Prozent des Verkehrswertes eines Grundstückes übersteigen.
Experten verweisen darauf, dass die Anwendungsvoraussetzungen der sogenannte Kappungsgrenze völlig ungeklärt sind. Zunächst müsse überprüft werden ob und in welchen Fällen Betroffene überhaupt auf eine Entschädigungszahlung verwiesen werden dürfen.
Für reichlich Zündstoff in Sachen Bürgerrechte ist also auch künftig gesorgt!
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