Wahlnachlese 2013: Deshalb stürzte Tina Fischer ab!

28. September 2013
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Wer zu Beginn des Bundestagswahlkampfes im Wahlbezirk 62 vorhergesagt hätte, dass Tina Fischer nicht das Direktmandat gewinnen würde, wäre wohl als „Spinner“ abgestempelt worden. Die SPD Politikerin galt als haushoher Favorit, Fischer wollte in die Fußstapfen von Peter Danckert treten, der zuvor mehrfach dieses Direktmandat gewann.

Eine Schockstarre muss bei Tina Fischer eingetreten sein, als dann am letzten Sonntag das Ergebnis feststand. Die CDU Kandidatin Jana Schimke ist es, die in den Deutschen Bundestag einzieht, sie errang 37 Prozent, Tina Fischer erzielte magere 27,2 Prozent Stimmenanteile – der Super GAU für die SPD Genossen war eingetreten.

Unübersehbar: Die Wahlplakate von Tina Fischer. (Foto: Wolff)

Unübersehbar: Die Wahlplakate von Tina Fischer. (Foto: Wolff)

Verglichen mit der Landtagswahl 2009 hat Tina Fischer vor einer Woche herbe Stimmenverluste hinnehmen müssen. Vor der eigenen Haustür verlor sie bis zu knapp zehn Stimmen Prozentpunkte. In Zeuthen konnte Fischer 30,64 Prozent der abgegebenen Stimmen für sich verbuchen (2009: 37,88), in Wildau 28,15 Prozent (2009: 37,75), in Mittenwalde 25,48 Prozent (2009: 32,51) und in Bestensee 28,5 Prozent (2009: 34,24). Nur in Eichwalde hat sie marginal zugelegt, sie kletterte von 30,27 Prozent auf 30,6 Prozent.

Viel hilft nicht immer viel.

Gegenüber dem Schulzendorfer beschrieben Wählerinnen und Wähler den Wahlkampf von Tina Fischer als „penetrant“ und „aufdringlich“. Tatsächlich betrieb die SPD Politikerin ein Engagement, das nicht nur zeit-, sondern besonders kostenintensiv gewesen sein dürfte. Wahrscheinlich der teuerste Wahlkampf aller Direktkandidaten im Wahlkreis 62. Fischers Konterfei war nicht nur zuerst an Laternen und Bäumen in großer Stückzahl zu sehen, wenige Tage vor dem Wahltermin wurde sogar um plakatiert: „Sonntag TINA wählen”, hieß es da.

Eine Sonderzeitung wurde im gesamten Wahlkreis verteilt. Pünktlich zum Höhepunkt des Wahlkampfes gab Tina Fischer ein Kochbuch „Land und Leute“ heraus. Darin gibt es nicht nur Rezepte für Gaumenfreuden sondern auch Geschichten über Menschen aus dem gesamten Wahlkreis 62.

Geschickt organisierte Wahlkampfveranstaltungen mit Ehrenämtlern, Kultur- und Sportvereinen, ein Auftritt mit dem prominenten SPD – Politiker  Frank – Walter Steinmeier, Unterstützerbotschaften von Matthias Platzeck  – Tina Fischer zog alle nur möglichen Wahlkampfregister.

Fischer konnte sogar auf die heimliche Unterstützung lokaler Zeitungen bauen. Doch selbst ihre ausgerollten Teppiche halfen der Politikerin am Ende nicht.

Platzecks Spagat in Sachen BER

Tina Fischer zählt zu den flughafenkritischen Vertretern in der Brandenburger SPD. Brandenburgs früherer Ministerpräsident Matthias Platzeck hat in Sachen Hauptstadtflughafen einen Drahtseilakt vorgeführte, der letztlich gescheitert ist. Einerseits sollte er die Interessen der Flughafengesellschaft und anderseits, die der betroffenen Bürger wahrnehmen. Dass er diese Kunst nicht beherrschte nahmen ihm die Wähler aus den Umlandgemeinden des Flughafens übel,   Tina Fischer bekam es am Wahlergebnis deutlich zu spüren.

Ein Albtraum: Tina Fischer wird nicht in den Deutschen Bundestag einziehen. (Foto: Wolff)

Ein Albtraum: Tina Fischer wird nicht in den Deutschen Bundestag einziehen. (Foto: Wolff)

Von der Bürgeranwältin zur Staatssekretärin

Bei der Landtagswahl 2009 holte Tina Fischer das Direktmandat im Wahlkreis. 12.320 Menschen gaben der Bürgeranwältin, so bezeichnet sich Tina Fischer selbst, damals die Stimme. Doch im November 2009 legte sie plötzlich ihr Mandat nieder. Der Grund: Fischer zog den Posten der Staatssekretärin vor, der mit einem Grundgehalt von üppigen 9.000 Euro honoriert wird. Sie übernahm die Leitung der Brandenburger Landesvertretung beim Bund in Berlin. Eine durchaus legitime Sache, doch viele Wähler haben diesen Schritt als „Verrat“ betrachtet und eben nicht vergessen.

Wirbel um angeblichen Titelmissbrauch

Kurz vor der Bundestagswahl warf die Berliner Morgenpost Tina Fischer Titelmissbrauch vor. Fischer hatte in den Wahlunterlagen als Berufsbezeichnung Rechtsanwältin angegeben, obwohl ihre Zulassung seit Ende 2012 erloschen war. Die Staatsanwaltschaft Cottbus prüfte den Vorgang. Ergebnis: Kein Anfangsverdacht für eine Straftat.

Nicht der Vorwurf selbst, vielmehr ihr Lavieren und die Widersprüche, in die sie sich verwickelte haben Bürger misstrauisch gemacht. Anfangs sprach Tina Fischer noch davon, dass alles in Ordnung sei, ihre Zulassung als Rechtsanwältin ruhe lediglich. Dann redete sie von einem „Versehen“ der Rechtsanwaltskammer, die dann in einer Erklärung der Fischer Version widersprach. Am Ende spielte die SPD Politikerin die gesamte Angelegenheit herunter.  „Viel Lärm um nichts!“ hieß es auf ihrer Facebook Seite. Diese Einschätzung haben offenbar nicht alle Wähler geteilt.

Alles in allem – zu viele kleine Makel für einen lupenreinen Demokraten. Sie zusammengenommen haben schließlich für eine sehr bittere Niederlage gesorgt.

8 Responses to Wahlnachlese 2013: Deshalb stürzte Tina Fischer ab!

  1. Ulf
    Ulf
    29. September 2013 at 20:00

    Man möge mir meine Subjektivität verzeihen, Frau Fischer ist für mich keine von “uns”, ein Frau die nicht aus der Region ist und die Geld einem Votum von Tausenden Menschen vorzieht.
    @ohlala: Ich bin mit Ihnen einer Meinung, gutes Auftreten, gutes Aussehen, gute Sprüche aber unter dem Strich viel Luft.

  2. Ohlala
    29. September 2013 at 14:17

    Auch ohne Streit um den Rechtsanwaltstitel fand ich es immer mehr als
    fragwürdig, sich “Bürgeranwältin” zu nennen. Eine Anwältin – und wer
    sollte das besser wissen als eine Rechtsanwältin – hat ausschließlich die Interessen ihrer Mandanten zu vertreten. Das konnte sie aus zwei Gründen nicht leisten:

    Zum einen war sie Teil ihrer Fraktion und der Partei, welche samt Ministerpräsident die Regierung ausübte. Ich kann mich nicht erinnern, dass sie ernsthaft gegen Regierungspolitik auf- und für
    Bürgerinteressen eingetreten wäre. Immerhin bedurfte es erst eines Volksbegehrens, um einem Nachtflugverbot einen Schritt näher zu kommen.

    Zum anderen haben Menschen, Bürger, zuweilen unterschiedliche Interessen und die Aufgabe von Politik besteht nicht in Bedienung
    der jeweiligen individuellen Interessen, sondern vielmehr in
    Interessenvermittlung, im Setzen von Rahmenbedingungen, unter denen Menschen mit unterschiedlichen Interessen friedlich miteinander leben und auskommen können.

    Was den Flughafen angeht, hat sie durchaus Menschen in Schulzendorf
    besucht, ich glaube sogar mit Kamerateam, ihre Situation und Erfahrungen mit der FBB aufgenommen und versprochen, sich zu kümmern – aber nichts getan, wovon die Betreffenden etwas gemerkt hätten. Sie hat ein bisschen für Lärmschutz gesprochen auf Kreisebene – womit leichter zu kaschieren war, dass sie auf Landesebene
    anwohnerfeindliche Maßnahmen und Duldung von FBB-Machenschaften
    mitgetragen hat.

    Vor allem aber fand ich es geradzu widerwärtig, wie sie ihre Kinder für den Wahlkampf missbraucht hat. Ich hoffe, sie hatten wenigstens richtig Spaß an der Foto-Session und wurden nicht gezwungen.

    Tina Fischer hat viel getan im Wahlkreis. Sicher war nicht alles Kampagne statt Politik, aber es wirkte manchmal so. Möglicherweise wurde zudem an sie als Nachfolgerin von Danckert eine andere Messlatte angelegt, als bisher. Und die Großwetterlage kam dann
    noch obendrauf.

  3. Georg Lepke
    28. September 2013 at 22:27

    Ich fürchte, dass Herr Knuffke mehr als ein Sprücheklopfer ist. Er liefert doch eine etwas weitergehende politische Analyse, die auf die einzelnen persönlichen Gründe der Wahlentscheidung contra Fischer nicht eingeht.
    Er scheint mir auch taktisch dazugelernt zu haben (oder geschult worden zu sein) und rassistische bzw. fremdenfeindliche Positionen im “Schulzendorfer” nur noch indirekt auszusprechen. Seine “System”Feindschaft wird trotzdem deutlich.

  4. Ulli
    28. September 2013 at 14:22

    Gut getroffen, würde ich sofort unterschreiben.

  5. Tiefflieger
    Tiefflieger
    28. September 2013 at 12:50

    Wo gibt es noch Politiker, die den Namen Volksvertreter verdienen? 9.000 Euro sind für manchen natürlich mehr wert als über 12.000 Stimmen. Schließlich wird der Mensch oft nur an der Dicke seines Geldbeutels gemessen. Auch das Engagement von Frau Fischer in den Bürgerinitiativen halte ich mittlerweile auch nur für Makulatur.

  6. F.Knuffke
    28. September 2013 at 10:41

    Nicht nur Tina Fischer,die SPD ingesamt ist abgestürzt,mit ihr die FDP.Linke und Grüne wurden ebenfalls stark gerupft.Warum ausgerechnet die CDU davon profitieren konnte,erschließt sich mir nicht auf den ersten Blick,die Gründe dafür sind wohl eher emotionaler Natur(der SPD eins auswischen..)statt rational.Die wirklichen Probleme,und davon wird ja auch mit dieser Tina-Fischer-Absturz-Geschichte abgelenkt,liegen doch ganz wo anders.Wir haben es in Deutschland doch mit einem massiven Wohlstandsverlust (50%)der unteren und mittleren Einkommensschichten zu tun ,seit der Einführung des Euro.Und den hat ja wohl die CDU mit Rückendeckung aller etablierten Parteien,gegen den Willen der Bevölkerung eingeführt.(75% waren dagegen)Das dieses Thema von nun an verstärkt an Brisanz gewinnt,konnte man an den Stimmengewinnen der Euro-Skeptiker ablesen.Wenn es erlaubt ist,möchte ich hier noch meine persönliche Meinung zur AfD sagen.Ich denke,die AfD wurde vom “System”installiert um prodeutsche und Euroskeptische Stimmen einzufangen,zu kanalisieren und abzuwürgen.Mission geglückt,Masse der Wähler wurde wieder mal hinters Licht geführt.

  7. irene robus
    28. September 2013 at 10:04

    Ich denke nur an das Thema Wasser-Alt-Anschließergebühren. Auf eine Antwort von Frau Fischer zu meiner Anfrage warte ich heute noch. Da hat der Flughafen auf meine Anfrage zum Schallschutz schnell und ausführlich reagiert, wenn auch nicht mit einem positiven Ergebnis für mich. Aber wenigstens eine fundierte Antwort. Also wenn die Dame Rechtsanwältin war/ist, na danke.

  8. Ratlos
    28. September 2013 at 09:32

    Vieleicht tritt sie jetzt gegen Platzeck für Landtagspräsident in Brandenburg an, da gibt es bestimmt noch mehr Kohle- die man für Lärmschutz nicht ausgeben will.

    Tina Fischer hat die Menschen in Sachen Schallschutz nicht unterstützt. Anfragen oder Bitten, wurden als ausverschämt betitelt oder mit dem Hinweis bedacht, das könne man sich in ihrer Position nicht leisten. Um Schulzendorf hat sie in Fragen Fluglärm einen Bogen gemacht – in Zeuthen hingegen hat sie sämtliche Politiker auffahren lassen und eben doch entgegen ihren Aussagen gehandelt.

    Warum Schulzendorf eine derartige Poilik unterstützt – gaumäßig.

    Für 9000 € müssen Menschen hart arbeiten, für viele ich es nicht einmal ein Jahresgehalt. Und ein Schallschutzfenster kostet 2500 €- Einfach nicht nachzuvollziehen. Nicht auszumalen, wenn diese Selbstgefälligkeiten unvermittelt weiter gegangen wären.

    Als Mensch wird man jedenfalls wie der letzte Dreck behandelt.

    Übrigens Gau – ist der größte anzunehmende Störfall. Welche Steigerungsform soll da Super bewirken ?!

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