Korea – ein geteiltes Land: „Als ehemaliger Ostdeutscher hat mich der Blick über die Demarkationslinie sehr berührt.“

27. Dezember 2012
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Der Eichwalder Eckhard Ruminski, aufgewachsen in Hagenow, seit 1966 Mitglied der CDU, in den 70 er Jahren Stadtrat für Öffentliche Versorgungswirtschaft,  während der Wendezeit Haupthabteilungsleiter Organisation der Ost – CDU, seit 1991 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Konrad – Adenauer – Stiftung reiste unlängst zu Wissenschaftlern nach Südkorea, die sich mit Planungsspielen zur Vereinigung Koreas befassen. Der Schulzendorfer sprach mit  Eckhard Ruminski über seine Reise.

Herr Ruminski, wie kommt es, dass ein Eichwalder vor Wissenschaftlern in Seoul über seine  Erfahrungen in der Wende- und Nachwendezeit berichtet?

Das hat etwas mit den Kuriositäten der Geschichte zu tun. Ende Oktober, wenige Tage bevor ich in den Ruhestand ging, wurde ich gefragt, ob ich nicht in Südkorea einen Vortrag über die Rolle der politischen Stiftungen im früheren Einigungsprozess zwischen der DDR und der Bundesrepublik, dargestellt am Beispiel der Konrad – Adenauer – Stiftung halten würde. Da ich diese Zeit sehr intensiv erlebt habe, sagte ich zu.

Eckhard Ruminski referierte in Seoul zur Rolle der Politischen Stiftungen im deutschen Einigungsprozess. (Foto: KOCEI)

Wie nah haben Sie denn den Einheitsprozess miterlebt und mitgestaltet?

Im Sommer 1989 kam es dazu, dass sich unter den Mitarbeitern der Ost – CDU eine Gruppe bildete, zu diesem Zeitpunkt natürlich noch sehr konspirativ, die sich Gedanken über die Zukunft machte. Zu dieser Gruppe zählte auch ich. Wir überlegten, wie und unter welcher neuen Führung könnte die CDU dazu beitragen, die sich abzeichnenden gesellschaftlichen Veränderungen in der DDR mitzugestalten. In dieser Runde wurde auch die Idee geboren, Lothar de Maiziere für das Amt des künftigen Parteivorsitzenden zu gewinnen.  Ich war später am Aufbau der Bildungswerke in Erfurt, ab 1998 in Potsdam beteiligt und nahm so teil an der flächendeckenden Weiterbildung von Mandatsträgern, damit sie die neuen Aufgaben der Kommunalen Selbstverwaltung bewältigen konnten.

Kommen wir nach Südkorea! Wissenschaftler befassen sich mit dem Thema Wiedervereinigung, steht es für sie auf der Tagesordnung?

Die Politwissenschaftler bemühen sich das Thema zu analysieren um vorbereitet zu sein, wenn es einmal dazu kommt. Südkorea hat ein Vereinigungsministerium, das sich gegenwärtig eher mit Fragen der humanitären Unterstützung der Nordkoreaner als mit der staatlichen Einheit beider Landesteile befasst.

Gibt es ein Flüchtlingsproblem, ähnlich wie in der früheren DDR?

Man kann das nicht vergleichen. Ja, es gibt Flüchtlinge, allerdings sind die Dimensionen völlig unterschiedlich. Während bis zur Wende aus der DDR rund drei Millionen Menschen in den Westen geflüchtet waren, kamen seit dem Ende des Koreakrieges 1953 bis heute rund 20.000 Flüchtlinge aus Nordkorea. Sie leben meist unter sich im Süden bei Busan und haben es schwer sich in das Leben der Südkoreaner zu integrieren.

Welche Rolle spielt das Thema Wiedervereinigung im Leben der Menschen in Südkorea?

Für viele Südkoreaner nimmt die Frage der Wiedervereinigung mit dem Norden eine untergeordnete Rolle ein. Von einem politischen Willen der Bevölkerung zur Einheit Koreas kann nicht die Rede sein. Manche Südkoreaner meinen sogar, man bräuchte den nördlichen Nachbarn nicht. Das war in der deutschen Geschichte anders.

Am 38. Breitengrad verläuft die Demarkationslinie, de facto die Grenze zwischen Nord- und Südkorea. (Foto: EKRU)

Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Nach dem Korea Krieg wurden sämtliche politischen, sozialen, ökomischen und kulturellen Beziehungen zwischen den Menschen unterbrochen.  Es gibt zwischen den Menschen keine Telefonverbindungen und keinen Postverkehr. Ein innerkoreanischer Handel findet nicht statt. Die Sprache zwischen dem Norden und Süden Koreas hat sich im Laufe der Jahre verändert. Es sind Dialekte entstanden, die Menschen verstehen sich untereinander zum Teil gar nicht mehr. Anders, als früher in der DDR und der BRD wissen viele Menschen beider koreanischer Landesteile nichts mehr voneinander.

 

Da scheint eine Wiedervereinigung Koreas wohl eher eine Fata Morgana zu sein?

Die Sonnenscheinpolitik früherer Jahre, die auf eine Annäherung beider Länder durch gegenseitige Besuche abzielte, ist ad acta gelegt. Allerdings hat die Geschichte auch bewiesen: Man kann ein Volk nicht ewig isolieren. Der Vereinigungsprozess, wenn er einmal stattfindet, wird zwischen den Menschen in Korea anders und wesentlich komplizierter ablaufen als in Deutschland.

Was sagen denn die Südkoreaner über die Vereinigung der beiden deutschen Staaten?

Sie bewundern vor allem die ehemaligen DDR – Bürger. Und zwar deshalb, weil sie die Revolution von 1989 so friedlich bewerkstelligt haben.

Nord- und Südkorea befinden sich de facto noch im Kriegszustand. Ein Friedensvertrag gibt es nicht. Spürt man davon etwas im Alltag?

Fährt man aus Seoul  hinaus, erblickt man Stellungen für Maschinengewehre mit Tarnnetzen und jederzeit einsetzbare Panzersperren an den Straßen. Für den Taxifahrer, der mich beim meiner Rückkehr nach Deutschland zum Flughafen fuhr, sind diese Dinge zur Normalität geworden. Die Menschen leben damit. 26.000 US – Soldaten sind in Südkorea stationiert, doch im öffentlichen Bild nimmt man sie eher nicht wahr.

Sie besuchten Panmunjom, also jenen Ort, an dem das Ende des Koreakrieges besiegelt wurde und wo heute die Demarkationslinie zwischen dem Norden und Süden verläuft. Welche Eindrücke sammelten Sie dort?

Als ehemaliger Ostdeutscher hat mich der Blick über die Demarkationslinie, sozusagen über die Trennlinie des Koreanischen Volkes sehr berührt.

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