Kein Abgeordneter will ein Detektiv sein! – „Ich will den Haushalt transparent haben.“

11. Dezember 2013
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Das von Bürgermeister Mücke vorgelegte Haushaltsbudget für das kommenden Jahr hat eine Welle der Empörung unter den Abgeordneten ausgelöst. Um einem Abstimmungsdebakel zu entgehen setzte Markus Mücke die Beschlussfassung über den Haushalt auf der heutigen Gemeindevertretersitzung kurzerhand ab! 

Der Schulzendorfer sprach mit dem SPD Fraktionsvorsitzenden, Hans – Georg Bäumer und dem Chef der CDU, Joachim Kolberg über das Geld aller Gemeindebewohner.

Sind sich in vielen Fragen näher gekommen: Der SPD Fraktionsvorsitzende Hans Georg Bäumer und CDU Chef Joachim Kolberg.

Sind sich in vielen Fragen näher gekommen: Der SPD Fraktionsvorsitzende Hans Georg Bäumer und CDU Chef Joachim Kolberg.

In den zurückliegenden Haushaltsdebatten konnte man zu dem Eindruck kommen, dass zwischen den Ansichten vieler Gemeindevertreter und der Verwaltung tiefe Gräben bestehen. Täuscht der Eindruck?

J. Kolberg: Ich möchte es so formulieren, die Wünsche der Gemeindevertreter sind nicht deckungsgleich mit den Vorschlägen der Verwaltung für einen ausgeglichenen Haushalt.

H.- G. Bäumer: Ich kann nicht mit einem Haushaltminus von 1,44 Millionen Euro an den Start gehen, nach mehreren Diskussionsrunden schmilzt dann das Manko und wenn wir noch drei Runden weiter machen, dann sind wir plötzlich im Plus Bereich. Diese Art der Haushaltsdebatte ist für die Gemeindevertreter nicht zumutbar.

Was konkret ist für Sie unbefriedigend?

J. Kolberg: Unsere Fraktion hat Vorschläge zur Optimierung der Verwaltungsstruktur unterbreitet, die mit den Worten, das ist alles Quatsch abgetan wurden. Unsere Ideen wurden nicht geprüft, sie wurden einfach vom Tisch gewischt.

H.- G. Bäumer: Ich möchte ein konkretes Beispiel nennen. Für das Feuerwehrauto sind 300.000 Euro im Haushalt eingestellt. Wie Frau Meskat das finanzieren will ist im Haushaltsentwurf nicht nachvollziehbar. Ich habe sie gefragt, wie diese Gelder gebucht werden, eine Antwort bekam ich nicht! Es kann schon sein, dass die Verwaltung das Auto über die Abschreibung von 1,2 Millionen Euro finanziert. Doch wissen tut das keiner.

Ein weiteres Beispiel: Aus den knapp 400 Seiten langen Haushaltsentwurf geht nicht eindeutig hervor, dass die Verwaltung zwei neue Multicars kaufen möchte. Und das ist der Punkt. Ich möchte nicht wie ein Detektiv mit einer Lupe über dem Haushaltsentwurf sitzen, um Dinge zu finden. Ich will den Haushalt transparent haben.

Herr Bäumer, Sie stehen für eine Budgetierung des Haushaltes. Erklären Sie bitte kurz was das überhaupt ist.

H.- G. Bäumer: Ich möchte es einmal ganz verknappt darstellen. Der Haushalt besteht im Wesentlichen aus drei Säulen: Das sind die Personalaufwendungen, die Abschreibungen und die Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen. Die ersten beiden Punkte sind klar definiert und im Normalfall einfach zu überschauen. Bei den Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen wird von den Pflichtaufgaben und jenen, die durch Beschlüsse gedeckt sind, ausgegangen. Und ausschließlich über alle zusätzlichen Vorhaben der Geschäftsbereichsleiter wird in der Gemeindevertretung debattiert.

J. Kolberg: Kollegen Bäumer folge ich an dieser Stelle. Ich bin weder bereit über hunderte Einzelpositionen des Haushaltes, noch über einen Strauß Blumen für Oma Krauses 90. Geburtstag zu feilschen. Ich werde auch nicht die Hausaufgaben des Amtes übernehmen. Die Geschäftsbereichsleiter müssen ihre Ausgabenpläne transparent darlegen und vor der Gemeindevertretung verteidigen.

Joachim Kolberg (CDU) und Dieter Gronau (Die Linke) im Meinungsaustausch.

Joachim Kolberg (CDU) und Dieter Gronau (Die Linke) im Meinungsaustausch.

Nun sagt ja Bürgermeister Mücke, eine Budgetierung sei derzeit in der Verwaltung nicht machbar. Teilen Sie diese Auffassung?

H.- G. Bäumer: Was die Zahlen angeht, die müssen ja da sein, denn sonst könnte ja kein Haushaltsentwurf erstellt werden. Ja, ich habe da eine etwas andere Betrachtungsweise. Der Bürgermeister sieht das anders, das ist sein gutes Recht. Am Ende bestimmen die Gemeindevertreter, wem sie folgen. Wenn es am Ende keinen Haushalt gibt, dann darf die Verwaltung nur die Pflichtaufgaben erledigen und die müssen sie kennen. Und wenn sie die kennt, dann kann sie auch eine Budgetierung erstellen.

J. Kolberg: Mein Grundsatz lautet: Geht nicht, gibt es nicht! Ich möchte vom Bürgermeister eine plausible Erklärung, weshalb der Vorschlag von Kollegen Bäumer, der keine Steuererhöhungen, aber dafür den Gehwegbau in das Altdorf vorsieht und nur ein Minus von 200.000 Euro ausweist, nicht machbar ist.

Finanzchefin Meskat erklärte, nach der Kommunalverfassung sei sie überhaupt nicht dazu verpflichtet ein ausgeglichenes Budget vorzulegen. Wie bewerten Sie diese Position?

H.- G. Bäumer: Na klar ist es Aufgabe der Verwaltung einen einigermaßen ausgeglichenen Haushalt zu präsentieren. Das hat doch auch etwas mit Ehre und Moral zu tun. Und wenn wir nicht dahin kommen, dann erwarte ich auch Visionen

Finanzchefin Larysa Meskat wasr wegen vieler Kritiken zuletzt genervt.

Finanzchefin Larysa Meskat wasr wegen vieler Kritiken zuletzt genervt.

vom Amt, wie es gehen soll.

J. Kolberg: Was ist denn das für eine Position? Wichtig ist doch, dass wir in der Gemeinde sparsam wirtschaften und die Aufgaben meistern. Die Meinung von Frau Meskat, wie ein ausgeglichener Haushalt zu schultern ist, würde mich viel mehr interessieren.

Bürgermeister Mücke plädiert für Steuer- und Gebührenerhöhungen. Sie beide lehnen das strikt ab. Warum sträuben Sie sich so gegen Verbesserungen der Einnahmen?

J. Kolberg:  Ich finde, nach den enormen Kosten, die die Bürgerinnen und Bürger mit dem Straßenbau und der Straßenbeleuchtung zu tragen haben, ist es ein falsches Zeichen und zu simpel auch noch die Steuern zu erhöhen.

H.- G. Bäumer: Ich sehe nicht ein, dass die Rücklage oder neue Steuer- und Gebührenerhöhungen dafür verbraucht werden, um den Verwaltungsapparat zu finanzieren. Das laufende Verwaltungsgeschäft muss aus den Einnahmen finanzierbar sein. Einfach zu sagen, ich liege unter dem Landesdurchschnitt bei der Grundsteuer, das ist für mich kein Argument. Ein wenig soziale Verantwortung hat ein Amt auch.

Folgt man den Prognosen der vergangenen Jahr sieht es düster um Schulzendorf aus. Kommt jetzt bald der Absturz?

H.- G. Bäumer: Dass Maß der Dinge ist für mich die Entwicklung unseres Sparbuches, der Rücklage. Wenn die Gemeindevertreter in den letzten drei Jahren dem Amt gefolgt wären, dann hätten wir heute keine mehr. Es ist das Verdienst aller Volksvertreter, das wir derzeit auf unserem Sparbuch über ein Vermögen von 3,7 Millionen Euro verfügen. Das muss man einfach mal klar sagen!

One Response to Kein Abgeordneter will ein Detektiv sein! – „Ich will den Haushalt transparent haben.“

  1. 2. Januar 2014 at 21:16

    Die oben geführte Diskussion offenbart einmal mehr, dass
    a) das gegenseitige Vertrauen zwischen Gemeindevertretern und Verwaltungsmitarbeiterinnen und Mitarbeitern offensichtlich beschädigt ist, was ein konstruktives, ergebnisorientiertes Arbeiten kaum möglich macht;
    b) die Kommunikation sowohl der Gemeindevetreter in Richtung Bürgermeister und Verwaltung als auch des Bürgermeisters und der Verwaltung in Richtung Gemeindevertreter stark verbesserungsbedürftig erscheint und
    c) die Wahrnehmung der Verantwortung, im Sinne und zum Wohl der Gemeinde zu handeln, offensichtlich in Grabenkämpfen erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht wird.
    Das bremst die Entwicklung unserer Gemeinde erheblich und führt dazu, dass die vielen Möglichkeiten einer prosperierenden Entwicklung nicht wahrgenommen werden können.

    Sie haben beiderseits des Tisches Verantwortung übernommen. Bewegen Sie sich aufeinander zu. Es ist schmerzlich zu sehen, wie viele Ideen des Bürgermeisterwahlkampfes im Sande verlaufen und sich die Gremien mit Weigerungen, gegenseitigen Vorwürfen und Untätigkeit an der Realisierung zukunftsgerichteter Projekte behindern.

    Wo ist der Kinderspielplatz, wo der Ritterschlag, wo die Entwicklung des Gutshauses, wo der Gehweg ins Altdorf, wo die Weiterentwicklung des Mühlenschlages, was passiert mit dem Herwegh-Center, warum muß Baupfusch an mehreren Gebäuden der Gemeinde zu zusätzlichen Aufwendungen führen, die den Investitionsetat kürzen, wo bleibt die Perspektive für Schulzendorf mit/neben dem BER, die Perspektive barrierefreien Lebens für immer älter werdenden, zahlenmäßig wachsende Bevölkerungsteile …

    Ich lese immer nur was behindert, nicht geht oder schlecht gemacht wurde. Für das Selbstwertgefühl der in Schulzendorf lebenden Menschen wenig genug, um am Auto “I like Schulzendorf” spazieren zu fahren, oder?

    Suchen Sie bitte das Verbindende zuerst, bevor Sie ständig um das Trennende lamentieren.

    Und zum Abschluss Herr Bäumer/Herr Kolberg: toll, dass wir 3,7 Mio EUR auf der hohen Kante haben. Wie super arbeitet denn das Geld für die Gemeinde in Zeiten von 0,5 Prozent Zinsen im Jahr und einer 3-fach so hohen Inflationsrate, langfristigen Verbindlichkeiten für Immobilienbauprojekte von ich glaube über 2 Prozent? Das sind die Fragen, die mich als Schulzendorfer interessieren und die in den Haushaltsberatungen so oder so Antworten finden müssen. Und dazu muss man sich als Gemeindevertreter auch in die Details eingraben. Es ist hart, aber lohnenswert.

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