Im Kreuzverhör: MAWV-Verbandsvorsteher Peter Sczepanski

16. September 2022
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in diesem Jahr jagte eine Hitzewelle die andere, die Region litt unter großer Trockenheit. Viele Menschen stellen sich die Frage, ob uns das Wasser ausgeht. Der Schulzendorfer sprach darüber mit einem, der es wissen muss: Peter Sczepanski, Verbandsvorsteher des Märkischen Abwasser- und Wasserzweckverbandes (MAWV).

Bewohner des MAWV-Verbandsgebietes machen sich Sorgen, dass das Grundwasser sinkt und Trinkwasser knapp werden könnte. Sind die Sorgen berechtigt?

Peter Sczepanski: Wir wissen, dass ausreichend Grundwasser vorhanden ist. Nicht nur für heute und morgen, sondern auch für die nächsten Jahre. Trotzdem müssen wir mit Wasser sorgsam umgehen. Ja, wir stellen fest, dass die Grundwasserspiegel gesunken sind.

Und um wie viel?

Peter Sczepanski: Das ist in den acht Wasserwerke im Verbandsgebiet unterschiedlich. Die Grundwasserspiegel sind in den letzten fünf Jahren durchschnittlich um 70 Zentimeter gesunken. Wir verfolgen diese Bewegungen an unseren Messstellen ganz genau.

Ich verstehe natürlich, dass Bürger, wenn es sehr warm ist, Seen austrocknen und Flüsse ohne Wasser sind, auf eine Trinkwasserknappheit schließen. Das ist unbegründet, die Frage des Grundwassers ist ein völlig anderes Thema.

Foto: mwBild

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Wie viel Grundwasser wird derzeit gefördert?

Peter Sczepanski: Nehmen wir beispielhaft das Wasserwerk Eichwalde. Wir haben eine wasserrechtliche Genehmigung, dass wir dort täglich 20.000 Kubikmeter Wasser fördern können. Im April wurden in Eichwalde etwa 7.000 Kubikmeter Wasser pro Tag gefördert. In den anderen Wasserwerken war es weniger. Und als es im August so heiß war, wo Gärten bewässert wurden, wo viel geduscht wurde, da waren es 14.000 Kubikmeter. Wir sind damit weit unter der zulässigen Wassermenge, die wir fördern dürfen. Den höchsten Wert hatten wir 2019, da waren es 19.480 Kubikmeter am Tag.

Was ist, wenn absehbar ist, dass die zulässige Fördermenge überschritten wird?

Peter Sczepanski: Wir haben natürlich Sicherheiten in unserem Netz. Wir haben ein Verbundsystem mit den westlichen Nachbar Verbänden, mit dem WARL in Ludwigsfelde und dem KMS in Zossen. Wir haben Leitungen, wo wir uns im Notfall, bei Rohrbrüchen oder Sperrungen, gegenseitig helfen können.

Wie viel Wasser wird täglich in einem Haushalt verbraucht?

Peter Sczepanski: Das meiste Wasser wird nicht zum Trinken genutzt, sondern zum Wäsche waschen, dem Betrieb sanitärer Anlagen, der Gartenbewässerung, zur Pool Befüllung.

Unseren Berechnungen zufolge liegt der Gebrauch von Wasser pro Tag und Person bei 120 Liter. Davon werden etwa 3 Liter zum Trinken und 10 Prozent zur Gartenbewässerung genutzt. Alles andere geht in die Waschmaschine und die sanitären Anlagen.

Was geschieht mit dem Abwasser? Wird es nach der Reinigung dem Grundwasser wieder zugeführt?

Peter Sczepanski: Im Moment leider nicht. Wir betreiben zwei Kläranlage, eine in Friedersdorf und die andere in Alt Schadow. Das dort gereinigte Wasser geht in die Spree und in die Dahme. Der größte Teil des Abwassers geht in die Kläranlage der Berliner Wasserbetriebe, nach Waßmannsdorf, wo es in den Teltow Kanal fließt. Dass Wasser in der Region verbleibt, das wird die Zukunft sein.

In Jordanien und anderen südlichen Ländern, also dort wo Wasser sehr knapp ist, wird das bereits praktiziert. In Namibia wird Wasser sogar so aufbereitet, dass man es wieder trinken kann.

Es gibt derzeit auch bei uns Bestrebungen, Abwasser so zu reinigen, dass es auf Feldern versickern kann. Der Wasserverband in Herzberg forscht gemeinsam mit Wissenschaftlern, wie das bewerkstelligt werden kann.

Gas- und Strompreise explodieren, wie sieht das beim Wasser aus?

Peter Sczepanski: Unser Bestreben ist es, die Gebühren so gering wie möglich zu halten. Tatsache ist aber, dass wir erhöhte Aufwendungen für Energie, Kraftstoffe, Materialien und Chemikalien verzeichnen. Unser Strompreis wird sich für 2023 vervierfachen. Auch die Materialpreise schießen in die Höhe. Wir haben Lieferfristen für Pumpen von bis zu 50 Wochen. Das ist wie in der DDR. Uns ist vollkommen bewusst, dass die Preise für Wasser und Schmutzwasser mit sozialen Aspekten zu tun haben.

Wir werden abwarten, wie sich alles entwickelt. Bevor wir der Verbandsversammlung eine Gebührenanpassung vorschlagen, werden wir genau hinsehen.

Wasserwerk Eichwalde (Foto: MAWV)

Wasserwerk Eichwalde (Foto: MAWV)

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Also ausgeschlossen sind Gebührenerhöhungen nicht?

Peter Sczepanski: Ausgeschlossen ist es nicht. So wie es derzeit aussieht, werden wir ab Januar 2023 keine Erhöhungen vornehmen, vielleicht ab 1. Januar 2024.

Kann es passieren, dass der Verbrauch von Gartenwasser, ähnlich wie beim Abwasserverband Strausberg-Erkner, reglementiert wird?

Peter Sczepanski: Solche restriktiven Maßnahmen wollen wir nicht ergreifen. Wir setzen auf Informationen. Wir informieren Bürger über einen bewussteren Umgang mit Wasser. Wir sind in Schulen und Kitas unterwegs, wir veröffentlichen Broschüren zu diesem Thema.

Ich sage es nochmal, Wasser ist aus unserer Sicht genug vorhanden. Wir stellen aber fest, dass zu bestimmten Zeiten, morgens zwischen 6 und 8 Uhr sowie abends zwischen 18 und 21 Uhr alle Wasser haben wollen. Für denjenigen, der am Ende der Rohrleitung angeschlossen ist, wird der Druck dann geringer. Für ihn dauert die Befüllung einer Badewanne beispielsweise nicht fünf, sondern zehn Minuten.

Ich möchte an die Bürger appellieren: Ihr könnt sprengen, aber bitte außerhalb dieser Spitzenzeiten.

Wie prognostiziert der MAWV künftigen Wasserverbrauch?

Peter Sczepanski: Die Trinkwasser- und Abwasserbeseitigung erfolgt nach Konzepten weit in die Perspektive. Derzeit überarbeiten wir unser Konzept zur Trinkwasserversorgung bis in das Jahr 2040. Wir müssen an dieser Stelle ganz eng mit den Bürgermeistern zusammenarbeiten. Da geht es vor allem um die Einschätzung der Bevölkerungsentwicklung, aber auch um das Werden von Gewerbeansiedlungen. Es muss mit uns vorher abgestimmt werden, wenn Wohngebiete, wie der Ritterschlag in Schulzendorf oder in Schönefeld oder Königs Wusterhausen, entstehen.

Viele Dinge sind unabwägbar. Wenn sich beispielsweise Industrie ansiedeln will. Wenn sich Tesla in unserem Verbandsgebiet niedergelassen hätten, könnten wir Wasser und Abwasser nicht stemmen. Zu einer solchen Ansiedlung hätten wir keine Zusage geben können.  Deshalb sensibilisiere ich die Bürgermeister, wenn Industriegebiete entstehen sollen, dann muss das mit uns abgestimmt werden.

Ich will unterstreichen, dass bei solchen Entwicklungen nicht das Trinkwasser eine Herausforderung ist. Da sind wir sehr versorgungssicher. Die Schmutzwasserentsorgung ist für uns eher ein Problem.

Warum?

Peter Sczepanski: Unser Abwasser muss durch viele Rohrleitungen und Pumpwerke zur Kläranlage Waßmannsdorf gefördert werden. Siedelt sich ein großer Industriebetrieb an, müssten wir Pumpwerke erneuern, um Kapazitäten zu erhöhen und auch Rohrleitungen erneuern. Die Abwasserentsorgung spielt bei der Neuansiedlung von Menschen und Gewerbe eine größere Rolle als die Trinkwasserversorgung.

One Response to Im Kreuzverhör: MAWV-Verbandsvorsteher Peter Sczepanski

  1. Oliver Otto
    16. September 2022 at 18:29

    Die Antwort auf Frage 4 erschreckt mich. Die Keimzahl von gereinigten Abwasser liegt höher als bei den meisten Badeseen. Hier von “leider nicht” zu sprechen, ist etwas seltsam.

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