Im Gespräch: Gernut Franke – Wer nicht kämpft hat schon verloren!

14. Oktober 2011
Von

Gestern wurde das Urteil zum Nachtflug durch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gefällt. Der Schulzendorfer unterhielt sich mit Gernut Franke, Kläger im Leipziger Prozess, Gemeindevertreter  und Vorstandsmitglied des Bürgervereins Berlin Brandenburg e.V. (BVBB)

Herr Franke, wie beurteilen Sie als Kläger das Leipziger Urteil, sind Sie schwer enttäuscht?

Ich habe die Verhandlung live miterlebt und muss sagen, dass die Befindlichkeiten der vom Fluglärm betroffenen Menschen nicht unbedingt im Vordergrund standen. So wurde es absehbar, dass  sich die Richter für die Wirtschaft entscheiden werden. Damit folgt das Bundesverfassungsgericht einer guten Tradition, denn in der Vergangenheit wurden immer Urteile für das Kapital gefällt.

Wie geht es nun weiter? Der BVBB hat angekündigt vor den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof ziehen zu wollen!

Man muss jetzt in Ruhe mit den Anwälten die Situation analysieren. Dann werden die Mitglieder des BVBB entscheiden, welchen Weg wir künftig beschreiten werden, ob wir vor das Bundesverfassungsgericht oder vor den Europäischen Menschengerichtshof ziehen werden.  Wir werden jedenfalls die jetzige Situation nicht unbeantwortet lassen.

Gemeindevertreter Gernut Franke (Foto:Wolff)

Der BVBB wird diesen Weg aus finanzieller Hinsicht nicht allein stemmen können. Gerade deshalb  werden die Spenden der vielen Bürgerinitiativen gefragt sein. Und da appelliere ich ernsthaft an die Solidarität, die in diesem Punkt deutlicher zum Tragen kommen muss.

Fürchten Sie, dass viele BER Protestler nach dem Urteil resignieren, nach dem Motto: es hat sowieso keinen Zweck? Was sagen Sie diesen Menschen?

Ja, das ist durchaus möglich. Ähnliche Parallelen gab es schon in der Vergangenheit nach dem Gerichtsbeschluss von 2006. Das ist ja auch  genau das, was die Herren Wowereit und Platzeck bezwecken: die Protestbewegung müde machen, damit kein Widerspruch mehr zu hören ist. Ich kann das nur sagen: Wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren.

Woher nehmen Sie eigentlich Ihre Motivation, weiter  ganz vorn in der Protestbewegung zu marschieren?

Ich habe Verantwortung als Sprecher und Sachwalter der  Schulzendorfer BVBB Ortsgruppe übernommen und habe 2008 einen Wählerauftrag erhalten  in der Gemeindevertretung mich für die Bürger in einzusetzen  und zu handeln und nicht nur zu versprechen, wie es oft die Parteien tun. Ich habe nicht die Möglichkeit hier aus Schulzendorf wegzuziehen.  Die Umsiedlungsgebiete wurden von den Flughafenbetreibern sehr klein gehalten. Der Eichberg, wo ich lebe, müsste meiner Ansicht nach  in Teilen umgesiedelt werden, da ein gesundes Leben spätestens nach Erreichen der Kapazitätsgrenze des BER nicht mehr möglich sein wird.

Das wird schwer, weil natürlich jeder Bürgermeister daran interessiert ist, dass die Bevölkerungszahl in der Gemeinde stabil bleibt. Kommt der BER wird Schulzendorf  „Die verlärmte Gartenstadt am Rande Berlins“. Ich kann nur allen Schulzendorfern zurufen:“ Helft alle mit, dass Schulzendorf lebenswert beleibt.

Sie engagieren sich seit kurzem in Sachen Flughafen für einen Dialog mit den Abgeordneten des Brandenburger Landtages. Warum?

Der Politik haben wir es zu verdanken, dass der Flughafen am falschen Standort errichtet wurde. Sie ist jetzt gefragt, die Gerechtigkeit wiederherzustellen. Meine Hoffnungen dazu halten sich zwar in Grenzen. Denn viele Politiker werden sich jetzt hinter das Leipziger Urteil verstecken. Nicht nur der Druck auf der Straße ist wichtig, auch ein direkter Dialog mit den Politikern. Wir müssen ihnen klar machen, dass wenn sie so weitermachen, ihnen bald keiner mehr glauben wird. Und das würde eine ernste Gefahr für unsere Demokratie bedeuten.  Viele Menschen haben doch die Piraten in Berlin nicht wegen ihrer Inhalte, sondern aus Verdrossenheit über die Politik der etablierten Parteien gewählt.

7 Responses to Im Gespräch: Gernut Franke – Wer nicht kämpft hat schon verloren!

  1. drbach
    19. Oktober 2011 at 16:36

    @ G. Franke

    Sie haben mich durchschaut.

    Bis 1996 glaubte – eher hoffte ich, daß durch Wahl die einzige Partei, die sich von Anfang an für Sperenberg eingesetzt hat, durch eine überwältigende Mehrheit in unserer Gegend auch die Kraft hat, so etwas durchzusetzen.
    Es haben aber die meisten doch lieber die anderen Parteien bevorzugt.
    Ich wunderte mich damals auch durchaus nicht darüber, daß die in Berlin und dem Bund herrschenden Leute mit dem C etwas ganz Berlin-nahes wollten und es schließlich auch bekommen haben (+ ein bißchen Erpressung Richtung Stolpe etc.).
    Auch wenn Sie noch so oft mit viel immer wieder ähnlichem Text (meiner ändert sich auch nicht sehr) das Gegenteil beschwören: Das Ding kommt, bzw. ist eigentlich schon da, wird wachsen und – wie alle anderen Flughäfen Deutschlands – vom Unwillen der betroffenen Anlieger begleitet werden. Wie Windräder, ICE-Strecken und -bahnhöfe, Stromtrassen, Autobahnen usw. usf.
    Ob es uns passt oder nicht: Wir werden die Zeit nicht zurückdrehen und haben auch schlicht und ergreifend nicht die Mehrheit hinter uns.
    Es ist (Gottseidank) kaum denkbar, dass auf allen Stadt-nahen Flugplätzen Deutschlands gleichzeitig Dutzende Flugzeuge abstürzen. Einen Fukushima-Effekt werden wir nicht erleben.

    Ich bin gerne dabei, wenn es um sinnvolle Flugrouten geht, die nicht allen Krach auf immer Dieselben herunter wünschen – auch wenn es um einen echten technischen und finanziellen Ausgleich für das verbleibende Getöse geht.
    Aber um 5 vor 12 noch vom Sieg für Sperenberg zu träumen ist zu viel des Guten.

  2. 19. Oktober 2011 at 08:18

    Geehrter dbach,

    kommt BER, haben wir eine 3.Start- und Landebahn, so wird dann flächendeckend LDS und TF verlärmt werden, ist das Ihr Ziel?
    Aus der Erfahrung heraus, wie es an anderen Flughäfen, wie München, geschehen ist, fordert der BVBB ein Baustopp.
    Dort wurde immer bestritten eine 3.Start- und Landebahn zu bauen.
    Nun wird sie gebaut. So kommt es auch in SXF.

    Ich weiss Sie haben sich mit BER abgefunden. Anders kann ich mir Ihre Kommentare nicht erklären.

    Auf Fragen was Sie in der Vergangenheit gegen den falschen Standort unternommen haben bekommt man keine Antwort.

    Fachlich scheinen Sie gut informiert zu sein.

    Haben sie wirklich den Kopf in den Sand gesteckt?

    Wollen Sie wirklich sich mit unwirksamen Lärmschutz und auch Kerosinniederschläge, wie in Bohnsdorf, leben?

    Haben sie ein Grundstück in Sperenberg?

    Ich versuche Sie zu verstehen, aber so wie Sie hier argumentieren sind Sie für mich ein BER Dulder.

    Sie wissen doch sicher, Imageverlust führt zu Umsatzverlust.
    Sind sich alle Bürger einig, SXF muss dahin wo ein geeigneter Standort ist, muss FBS uns entgegenkommen.
    Doch durch “Realisten” wird verhindert das man mehr Druck macht und dadurch eine bessere Verhandlungsposition bekommt.
    Ist ja auch der Auftrag der U-Boote in etlichen BIs.
    Nichts ist für die Politik schlimmer wenn sich tausende Menschen einig sind und bei der nächsten Wahl Stimmenverluste hingenommen werden müssen.
    Es wurde bisher erreicht das der Protest nicht ernst genommen wird.
    Doch die Basis wacht immer mehr auf.

    Helfen Sie einfach mit Ihren Fachwissen mit, die Abgeordneten fürs erste zu einem strikten Nachtflugbeschluss zu bewegen.

    Freundliche Grüße

    Gernut Franke

  3. drbach
    18. Oktober 2011 at 17:36

    Für wen wird hier eigentlich Flagge gezeigt?

    – Sicher nicht für die wirklich Betroffenen, die direkt unter den An und Abflugrouten wohnen. Denen soll doch offenbar – egal bei welcher Windrichtung – der ganze Krach zukommen. Nach den bisherigen sog. “Lärmschutzmaßnahmen” wird den im Haus auch gelegentlich etwas Hörenden kaum mehr als ein Lüfter zustehen, den dann irgendeine ABM genehmigt und eine andere einbaut (die kosten sicher ein Mehrfaches der albernen Lüfter). Entschädigungen, oh nein, wir wollen ja Sperenberg.

    – Aber immerhin für ein striktes Nachtflugverbot. Ist nicht völlig unwichtig, nur: Ich habe Haus und Garten im Grünen. Die kann ich wenigstens dann nutzen, wenn der Wind in die richtige Richtung bläst und es zu abbiegenden Flugrouten kommt. Für die “falsche” Windrichtung erwarte ich eine entsprechende Entschädigung.
    Aber: In Müggelheim, wo die Dinger direkt im Landeanflug sind, werden zwar ein paar Fenster bezahlt, aber beim Außenbereich heißt es: Die Flieger sind ja noch mehr als 2-300m hoch – nichts. Und beim Start ist das Getöse noch deutlich breiter angelegt als einige 100m. Der außen störende Lärm wird sicher in einem rd. 3km breiten Korridor als übelst empfunden. Im Haus hört man davon kaum noch etwas (schon gar nicht in Rahnsdorf und Friedrichshagen oder Wildau etc.).

    Vielleicht lesen die Hauptflaggezeiger noch einmal den Beitrag unseres Ex-Bürgermeisters vom 19.11.10:

    https://www.schulzendorfer.de/2010/11/19/leserbeitrag-am-wiener-flughafen-ticken-die-uhren-anders/

    Oder geht das nicht, weil der das falsche Parteibuch hatte?

  4. Ein Interessierter
    18. Oktober 2011 at 09:26

    Ich möchte keine schlechte Laune verbreiten, aber Polizei und Justiz sind abhängig von Innen- bzw. Justizminister. Der Chef von denen ist der Ministerpräsident. Ich wette, die Ermittlungen werden in kürzester Zeit eingestellt.

  5. Ratlos
    17. Oktober 2011 at 20:40

    Es gibt wieder etwas Hoffnung – Herr Franke setzen Sie sich bitte weiter für uns ein !

    Pressemitteilung vom 17. Oktober 2011

    VDGN-Strafanzeige gegen Flughafenbetreiber Betroffene von BBI Schönefeld werden mit falschen Lärmpegelwerten getäuscht

    Der Verband Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN) hat gegen die Mitglieder der Geschäftsführung der Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH (FBS) Strafanzeige erstattet. Der Grund: Nach Feststellungen des VDGN besteht der begründete Verdacht, daß die FBS die von den Lärmimmissionen des derzeit im Bau befindlichen Flughafens BBI betroffenen Bürger bewußt über die tatsächliche Belastung getäuscht hat. Nach einem Gutachten, das der VDGN bei der Dr. Fuld Ingenieurgesellschaft in Bad Homburg in Auftrag gegeben hat, sind von der FBS für die Lärmimissionen wesentlich zu niedrige Maximalpegelwerte angegeben worden. Das geschah mutmaßlich, um Kosten für die vom Planfestellungsbeschluß vorgeschriebenen Lärmschutzmaßnhamen zu sparen.

    VDGN-Präsident Peter Ohm: „Die Betroffenen trifft ein Tiefschlag nach dem anderen. Ständig wird das Gewinnstreben vor den Schutz ihrer Gesundheit gestellt. Erst werden sie über die tatsächlichen An- und Anflugrouten getäuscht. Dann gibt ihnen das Bundesverwaltungsgericht Bescheid, daß ihr Nachtschlaf nicht so wichtig sei und ein Flugverbot von 22 bis 6 Uhr nicht sein müsse. Und nun sollen sie sich auch noch Tricksereien beim Schallschutz gefallen lassen. Das trifft auf unseren energischen Widerspruch. Ordnungsgemäße Lärmschutzmaßnahmen sind das Mindeste, was die von Fluglärm malträtierten Menschen erwarten dürfen.“

  6. Ein Interessierter
    15. Oktober 2011 at 12:50

    Wir wollen aber bitte nicht den SPD-Vorsitzenden von Schulzendorf vergessen. Der kämpft aufopferungsvoll in einer BI, dass wenigstens der Mühlenschlag (sein Wohngebiet) vom Fluglärm verschont wird. Vielleicht kann er dadurch erreichen, dass größere Teile vom Eichberg abgesiedelt werden. Das würde ja dann Herrn Franke nutzen.

  7. Ratlos
    14. Oktober 2011 at 17:36

    Der einzige Gemeindevertreter der Flagge zeigt !
    Für Mücke bleibt nur eine Klage wegen Untätigkeit !

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Anzeige

Anzeige

Anzeige