EXKLUSIV – Interview: Bürgermeister von Prag – Vinor bahnte Weg zur Freundschaft mit Schulzendorf – jetzt sagt er Ade

23. September 2018
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Frantisek Svarc, 66 Jahre, Mitglied der liberal konservativen und EU-skeptischen Bürgerpartei ODS (Obcanská demokratická strana) wird in wenigen Wochen in den verdienten Ruhestand gehen. 12 Jahre war er Bürgermeister des Bezirkes Prag 9, Prag – Vinor. Bei der kommenden Bürgermeisterwahl am 5. und 6. Oktober tritt er nach drei Wahlperioden nicht mehr an. Svarc ist ein Vater der Partnerschaft zwischen Prag – Vinor und Schulzendorf. Er genießt in der Gemeinde wegen seines Engagements viel Sympathie und großen Respekt. Bei seinem ersten offiziellen Besuch in Schulzendorf vergaß Svarc seinen Anzug. Der Schulzendorfer sprach mit ihm, aber nicht nur darüber:

In wenigen Tagen gehen Sie in den Ruhestand. Wie fällt eine Bilanz Ihrer Amtszeit aus?

Frantisek Svarc: Eine Bilanz können nur die Bürger aus Prag – Vinor oder unseren Partnerschaftsgemeinden ziehen. Ich habe nur meine Arbeit nach besten Gewissen gemacht und mich stets bemüht, sie zu perfekt zu leisten.

Beliebt, anerkannt und respektiert in Schulzendorf: Der Bürgermeister der Partnergemeinde Prag - Vinor. (Foto:mwBild)

Beliebt, anerkannt und respektiert in Schulzendorf: Der Bürgermeister der Partnergemeinde Prag – Vinor. (Foto:mwBild)

Können Sie sich noch an Ihren ersten Tag im Rathaus erinnern? Mit welchen Gefühlen gingen Sie damals an ihren Arbeitsplatz?

Frantisek Svarc: Politik wollte ich niemals machen. Ich war freiberuflich, hatte einen ziemlich guten Verdienst, übrigens ein besseres als ein Bürgermeister. Ich schimpfte nur auf unser Amt, auf alles Mögliche. Ein Beispiel: Die neidischen Beamten hatten mir vor meinem Haus ein Halteverbot – Zeichen installiert. Dagegen protestierte ich. Meine Partner aus dem Ausland haben mich damals gefragt: „Warum wurde ein Halteverbot vor dem Haus aufgestellt? Gibt es hier kein Amt, das es beseitigt?“ Und meine Antwort lautete: „Gerade, weil wir das Amt hier haben, steht das Halteverbots – Schild vor dem Haus.“ Meine Englisch Lehrerin, die heutige Chronistin Klara meinte zu mir: „Warum schimpfen sie nur, kandidieren sie und dann können sie das Zeichen selbst beseitigen. Und vielleicht für uns alle ein Bankomat installieren.“ Ich habe mich dann ein paar Leute zusammengesetzt und wirklich – die Wahlen haben wir eindeutig gewonnen. Mein erster Tag im Büro war aber ein Fiasko. Ich hatte keine Erfahrungen und wusste gar nichts über die Politik.

Schulzendorfer Kinder zu Gast in Prag - Vinor. (Foto: Svarc)

Schulzendorfer Kinder zu Gast in Prag – Vinor. (Foto: Svarc)

Welche wichtigen Projekte haben Sie in Ihrer Amtszeit in Prag – Vinor angepackt?

Frantisek Svarc: In den 12 Jahren meiner Amtszeit haben wir wirklich eine ganze Menge von Projekten realisiert. Von dem erwähnten Bankomat, über eine neue Schule, Kindergarten, Fußballplatz, Straßen, Sozialwohnungen, bis zu den einfachsten Kleinigkeiten, die man zum Leben braucht, zum Beispiel eine Wasserleitung auf dem Friedhof. Das historische Eigentum von Prag – Vinor belief sich Anfang auf 211 Millionen, in 12 Jahren sind daraus 720 Millionen geworden.

Ist das Halteverbotsschild vor Ihrem Haus inzwischen entfernt?

Frantisek Svarc: Nein, es steht noch immer vor meinem Haus. Jeden Tag macht es mich darauf aufmerksam, dass ich Menschen nicht schikanieren darf. Im Gegenteil, ich muss ihnen dienen und ihre Wünsche erfüllen.

Einer der ersten Besuche von Frantsek Svarc in Schulzendorf. (Foto: Svarc)

Einer der ersten Besuche von Frantsek Svarc in Schulzendorf. (Foto: Svarc)

Was zählen Sie als ihren größten Erfolg in Ihrer Bürgermeister Karriere?

Frantisek Svarc: Mein größter Erfolg ist, dass ich während dieser 12 Jahre meinen Büroschlüssel nicht verlor.

Es scheint in einer Kommune nicht immer die Sonne, was war für Sie in Ihrer Amtszeit die größte Enttäuschung?

Frantisek Svarc: Populismus von manchen Politikern.

Bürgermeister Svarc zu Gast in der Patronatskirche (Foto: Svarc)

Bürgermeister Svarc zu Gast in der Patronatskirche (Foto: Svarc)

Seit vielen Jahren besteht zwischen Schulzendorf und Prag – Vinor eine Partnerschaft, die maßgeblich Ihre Handschrift trägt. Mit welchen Erwartungen fuhren Sie das erste Mal nach Schulzendorf?

Frantisek Svarc: Unsere Zusammenarbeit wurde am 15.9.2007 unterzeichnet. Und das Motto ist immer gleich: Freundschaft kennt keine Grenze. Mir gefiel auch der Leitgedanke der jüngsten Ausstellung in der Patronatskirche – „Entdecken, was uns verbindet“. Und die Erwartungen? Neue Freunde, neue Anregungen, neue Ideen. Gegenseitiges Kennenlernen, gegenseitige Zusammenarbeit von Schulen, Sportlern, Senioren, Politikern, usw.

Haben sich die Erwartungen erfüllt?

Frantisek Svarc: Mehr als erfüllt. In Schulzendorf fanden wir wirklich nette, freundschaftliche, entgegenkommende und verlässliche Partner. Ich bin sehr gern in Schulzendorf und stolz darauf, dass ich von Anfang an dabei sein konnte. Prag – Vinor bedankt sich bei Schulzendorf, ich bedanke mich bei den beiden Bürgermeistern, Herbert Burmeister und Markus Mücke, sowie bei allen Gemeindevertretern für die Zusammenarbeit und die Freundschaft.

Kunstausstellung in der Patronatskirche (Foto: Svarc)

Kunstausstellung in der Patronatskirche (Foto: Svarc)

Was war Ihre Motivation, sich für eine Partnerschaft gerade mit Schulzendorf einzusetzen?

Frantisek Svarc: Einerseits die Lage von Schulzendorf am Rande der Hauptstadt – wie Prag – Vinor. Anderseits die Empfehlungen meiner Bekannten aus der Umgebung von Schulzendorf.

Welches gemeinsame Ereignis war für Sie ein besonderes?

Frantisek Svarc: Ich erinnere mich gern an meinen ersten Auftritt in Schulzendorf. Damals hatte ich meinen Anzug zu Hause vergessen und musste mir einen neuen im A 10 Center in Wildau schnell beschaffen. Ich gab das öffentlich auch zu und unterstrich, dass die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des gegenseitigen Handels bereits angefangen hat. Aber ernsthaft: Bei jedem Besuch fühlte ich Freundschaft. Ich befand mich wirklich wie zu Hause. Überall sehr nette und liebe Leute. Und das ist immer das beste Ereignis.

2010 gewannen die Prager das Hallenfußball Neujahrsturnier. (Foto: Svarc)

2010 gewannen die Prager das Hallenfußball Neujahrsturnier. (Foto: Svarc)

Hätten Sie einen Wunsch frei: Was wünschen Sie der Partnerschaft?

Frantisek Svarc: Alle meine Wünsche hinsichtlich der Zusammenarbeit mit Schulzendorf sind mehr als erfüllt. Wir haben sogar einmal Bürgermeisterpokal in Hallenfußball gewonnen! Der Partnerschaft wünsche ich nur viele und viele weitere Jahre in Freundschaft und Zufriedenheit.

Ex - Bürgermeister Dr. Herbert Burmeister besucht Prag - Vinor. (Foto: Svarc)

Ex – Bürgermeister Dr. Herbert Burmeister besucht Prag – Vinor. (Foto: Svarc)

Wissen Sie schon, wie die erste Woche des Ruheständlers Svarc aussehen wird?

Frantisek Svarc: In verschiedensten Büros. Ich bleibe höchstwahrscheinlich Gemeindevertreter und will mitwirken, unser Sportareal mit Eishockeystadion und Schwimmbad zu Ende zu bringen. Als Bürgermeister hat man alle Hände voll zu tun. Dann werde ich nur diese Aufgabe haben. Damit ist wirklich viel Zeit verbunden. Und natürlich möchte ich mich auf dem Gebiet der internationalen Zusammenarbeit weiterhin engagieren. Meine Familie, Kinder, Enkeln und unser Labrador beanspruchen auch viel von meiner Zeit. Ich befürchte, da kommt bei mir keine lange Weile auf. Aber ich freue mich schon darauf.

 

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