Der „Krieg“ in Wildau geht nun doch weiter!

17. September 2023
Von

Frank Kerber, früherer Chef der Wohnungsbaugesellschaft mbH (WiWO), befindet sich seit drei Jahren im juristischen Dauergefecht mit seinem früheren Arbeitgeber. Der überschüttete ihn mit Klagen und Strafanzeigen.

Ende Juni kam es zu einer Verhandlung vor dem Landgericht Cottbus, in der es um Kerbers Kauf von Eigentumswohnungen in Wildau ging. WiWO-Chef Sven Schulze witterte einen Rechtsbruch. Das Gericht sieht das anders: „Der Erwerb der Eigentumswohnungen war berechtigt.“

Der Vorsitzenden Richterin gelang dann ein Kunststück, an das kaum einer geglaubt hatte. Ein Vergleich zu mehreren Verfahren wurde geschlossen. Damit sollte die Situation in Wildau befriedet werden. Jetzt hat ihn die WiWO widerrufen. Der Schulzendorfer sprach darüber mit Frank Kerber,

Die WiWO hat den im Juni vor dem Landgericht Cottbus geschlossenen Vergleich mit Ihnen widerrufen. Wildau kommt also nicht zur Ruhe. Wie bewerten Sie das?

Frank Kerber: Die Richterin hat dem WiWO-Geschäftsführer Sven Schulze eine Brücke gebaut, indem sie einen Vergleich angeregt hat, und sehr eindringlich an ihn appellierte, die Auseinandersetzungen zu einem Abschluss zu bringen. Sie würde in der eigentlichen Klagesache zu meinen Gunsten entscheiden. Herr Schulze und sein Anwalt haben das Angebot angenommen. Dass der Vergleich dennoch kurz vor Ablauf der Frist widerrufen worden ist, ist objektiv nicht nachvollziehbar.

Lndgericht Cottbus

Die lange Widerrufsfrist bis nach der Sommerpause ist doch von Herrn Schulze ausdrücklich damit begründet worden, dass ein Beschluss der Stadtverordneten erforderlich sei. Nach unseren Informationen ist das bislang nicht erfolgt. Wie erklären Sie sich das?

Frank Kerber: Sven Schulze sagte in der Verhandlung, dass er mit dem Vergleich kein Problem hätte und ihm der weitere Ausgang egal sei. Er mache nur das, was andere ihm sagen. Das lässt für mich nur den Schluss zu, dass es im Hintergrund andere Personen gibt, die aus persönlichen Motiven genau das verhindern wollen. Vermutlich wollte man deshalb den Kreis der Beteiligten klein halten. Hätte man die Stadtverordneten zu Rate gezogen oder in die Entscheidung einbezogen, wie beim ersten Vergleich in 2022, hätte sich Transparenz und möglicherweise eine andere Entscheidung ergeben.

Inhalt des Vergleichs in Cottbus war auch die ausdrückliche Forderung der WiWO, dass Sie Ihre Berufungsklage vor dem Landesarbeitsgericht in Berlin zurücknehmen. Bei Erfolg hätten Sie Anspruch auf eine hohe Abfindung gehabt. Warum verzichten Sie auf viel Geld?

Frank Kerber: Ganz einfach. Mein Abfindungsanspruch beläuft sich auf rund zwei Monatsgehälter, weil mein Arbeitsentgelt meines jetzigen Dienstverhältnisses, das seit 1. Juli 2020 besteht, vollständig angerechnet wird. Mit Abstand von inzwischen mehr als drei Jahren stehen auch für mich Aufwand und Nutzen eines langwierigen weiteren Arbeitsgerichtsstreits in keinem sinnvollen Verhältnis. Der Prozess würde jetzt in die Beweisaufnahme und Zeugenvernehmung eintreten, die von meiner Seite beantragt worden sind.

Welche Motive könnten seitens der WiWO vorliegen, weiter „Krieg“ gegen Sie zu führen statt Ruhe einkehren zulassen?

Frank Kerber: Wirtschaftliche oder unternehmerische Motive können es meines Erachtens nicht sein. Die Anwaltskosten der WiWO allein in meiner Sache dürften nach Einschätzung von Fachleuten inzwischen gut und gern 300.000 bis 400.000 Euro betragen. Ich wundere mich deshalb über die Stadt und den Aufsichtsrat. Ihr Verhalten erinnert mich an die drei Affen von Benares, die alles tun, um nichts hören, sehen oder sagen zu müssen. Der ganze Rechtsstreit war und ist aus meiner Sicht ausschließlich darauf angelegt, mich persönlich zu beschädigen.

Welche Rolle spielt Bürgermeisters Frank Nerlich in dem „Krieg“?

Frank Kerber: Wenn ich ehrlich bin, leider keine. Im Dezember 2022 sagte er mir, er wolle sich nicht mit den Anwälten der WiWO anlegen. Er habe viel zu tun und es sei nicht seine „Baustelle“. Ein beeindruckendes Statement.  Letzte Woche kam er persönlich auf mich zu und bedauerte, dass die rechtlichen Auseinandersetzungen weitergingen. Da er selbst in der Materie nicht drinstecke, könne er aber nichts machen und müsse den Anwälten und dem Geschäftsführer Schulze folgen. Das hat mich verblüfft, denn er selbst hat Sven Schulze mit Gesellschafterbeschluss angewiesen, die Rechtsstreitigkeiten fortzusetzen. Damit von mir konfrontiert, war er selbst wiederum irritiert und meinte, er könne sich nicht daran erinnern, einen solchen Beschluss unterzeichnet zu haben. Ich habe ihm daraufhin den Beschluss noch einmal zur Kenntnis gegeben, damit er seine Unterschrift selbst prüfen könne.

Hat der Gesellschafterbeschluss von Bürgermeister Nerlich eine besondere Bedeutung?

Frank Kerber: Für Sven Schulze schon. Damit hat Frank Nerlich ihn mehr oder weniger von der Verantwortung für weitere fünf- oder sechsstellige Anwaltskosten entbunden. Der Bürgermeister betont auch bei anderen Angelegenheiten regelmäßig, er wolle nicht haften. In diesem Falle tut er es, denn er ist nicht Gesellschafter, sondern Gesellschaftervertreter für die Stadt Wildau.

Drei Jahre Zwist, Streit vor Gerichten, wird man da nicht müde?

Frank Kerber: Es kommt darauf an, mit sich selbst im Reinen zu bleiben und keinen Hass und keine Verbitterung zu entwickeln. Mein Lebensglück hängt nicht von der Meinung weniger „Selbst-Auserwählter“ in Wildau ab. Es ist sehr viel Dreck ausgekippt worden, das meiste davon böswillig konstruiert und ohne Substanz. Man muss lernen, damit umzugehen. Dabei habe ich sehr viel gelernt und mich persönlich weiterentwickelt. Ich fühle mich dadurch heute gestärkt. Daran haben viele Freunde und Wegbegleiter einen entscheidenden Anteil.

Wie sehen Sie rückwirkend Ihre Leistung in Wildau?

Frank Kerber: Ich habe in Wildau immer mein Bestes gegeben. Die Wohn- und Lebensqualität hat sich in der Stadt nachhaltig verbessert. Die WiWO war nachweislich ein sehr leistungsfähiges und erfolgreiches Wohnungsunternehmen, bei dem sich die Mieter immer sehr wohl gefühlt haben. Unsere Arbeit ist weit über die Grenzen von Wildau hinaus geschätzt und gewürdigt worden. Durch den Erwerb von hochattraktiven großen Grundstücken, wie dem Dahme-Nordufer, dem Hinterland in der Schwartzkopff-Siedlung, dem Meyer-Beck Areal, dem Nettomarkt in der Jahnstraße, in der Kochstraße und in der Birkenallee haben wir den Grundstein für die weitere Stadtentwicklung gelegt. Das ist mit Geld gar nicht aufzuwiegen.

Sie haben seit Mitte 2020 eine neue Wirkungsstätte bei der städtischen Wohnungsgesellschaft in Ludwigsfelde. Was steht dort aktuell im Fokus?

Frank Kerber: Unser Hauptaugenmerk liegt aktuell auf dem Bau von drei Grundschulen und Sporthallen für die Stadt Ludwigfelde. Wir konnten Anfang des Jahres, nach gut einem Jahr intensiver Planung die Bauanträge stellen. Für zwei Schulen liegen schon die Baugenehmigungen vor. Wir fangen noch in diesem Jahr mit dem Bau an. Allein an diesem Projekt spüre ich, mit welchem Mehrwert eine Kommune und eine kommunale Gesellschaft Hand in Hand zum Wohle der Stadt erfolgreich sein können. Die Schulen sind wichtig. Schon im Schuljahr 2025/26 sollen hier die ersten Grundschüler das Einmaleins lernen.

12 Responses to Der „Krieg“ in Wildau geht nun doch weiter!

  1. Martin Stock
    19. September 2023 at 22:45

    @carsten: das kann man auch mit Vorgängen in der internationalen Politik vergleichen. Es wird durch das Obsiegen einer Partei über die andere allein niemals einen dauerhaften Frieden geben. Je unklarer jedoch dieses “Obsiegen” ist, desto diffuser wird auch die Option für postprozessuale Verhandlungen. Insofern ist also eine Urteil mit einer klaren Rechtsbewertung (wie auch immer die ausfallen mag) vielleicht klarer und ggf. auch verletzender, als ein Vergleich, der letztlich die Parteien nur dazu verpflichtet z.B. bestimmte Vorhaltungen der anderen Partei gegenüber nicht mehr zu formulieren. Im Raum wird immer mehr die Spekulation stehen bleiben, als wenn man ein Urteil hat. Also: Eher Frieden mit klarer Entscheidung, auch wenn diese einer Partei weh tut.

  2. Carsten Kröning
    19. September 2023 at 17:48

    Herr von Essen ,

    wenn ich mich irren sollte – dann sorry. Es sollte kein Vorwurf sein, sondern eher eine Wahrnehmung meinerseits. Gucken wir nach vorne.
    Messen müssen Sie sich an nichts. Wäre nur gut wenn jemand der Einfluss hat mal los legt.
    Also nix für ungut.

    @Martin – also wird es nie Frieden geben ? Was müsste Deiner Meinung nach passieren ?

  3. Martin Stock
    19. September 2023 at 14:46

    Das Interview mit Frank Kerber ist in mehrerlei Hinsicht interessant und bedarf einiger Erläuterungen:

    1. Kerber irrt vermutlich, wenn er den Schluss zieht, „dass es im Hintergrund andere Personen gibt, die aus persönlichen Motiven genau das verhindern wollen“. Wenn Schulze sagt, er mache das, was ihm andere sagen, dann erfüllt er seine Pflicht als Geschäftsführer. Alles andere wäre ein Verstoß gegen seinen Geschäftsführer-Vertrag. Das weiß Frank Kerber nur zu genau!

    2. Der Prozess könnte durch Klagerücknahme beendet werden, wenn es nur um 2 Monatsgehälter ginge.

    3. Wenn das so ist, was Frank Kerber über das Gespräch mit unserem Bürgermeister berichtet, dann bis auch ich irritiert. Ein Hauptverwaltungsbeamter müsste auch ohne juristisches Examen in einer solch brisanten Sache informiert sein. Ich frag ihn bei Gelegenheit mal, ob er den Inhalt des Gespräches ebenso sieht.

    4. Wenn Sven Schulze seine Aufgabe ordentlich ausführt und die Gesellschafterbeschlüsse beachtet, kann er nicht in Haftung geraten, auch nicht für Anwaltskosten. Eine Haftung käme dann nur für die Gesellschaft und in letzter Konsequenz für die Stadt Wildau in Frage. Ob der Bürgermeister da in eine Haftungsfalle gerät, mag zu Recht bezweifelt werden.

    5. Warum Vergleiche misslich sind, hat die Auseinandersetzung um die Vorgänge um Prof. Ungvari und die Deutsch-Kasachische Universität gezeigt. Ein Rechtsstreit wird durch einen Prozessvergleich beendet und verliert damit seine Rechtshängigkeit. Ein Prozessvergleich entfaltet aber keine Rechtskraft. Das heißt, dass de jure und de facto auch keine Schuld oder Unschuld festgestellt werden kann.

    Ich rate daher auch meinen Klienten sehr eindringlich zu prüfen, im Übrigen auch aus Haftungsgründen, ob man sich auf einen Vergleich einlassen sollte.

    Würde ein Vergleich dazu führen, dass damit eine der Parteien in zusätzliche Haftungstatbestände geriete, ist davon immer abzuraten.

    Es hat zahlreiche Verfahren gegeben, in denen in der Folge eines „unnötigen“ Vergleichsabschlusses, Prozessparteien in der Folge des Verfahrens persönlich in die Haftung genommen wurden. Die gilt im Übrigen auch für Prozessvertreter, die sich z.B. keine ausreichende Widerspruchsfrist einräumen lassen.

    Die von der Richterin angemahnte Ruhe wird wohl weder bei einem Vergleich noch bei einem Urteilsspruch einkehren. Darauf hat Kerber schon hinreichend hingewiesen. Das Urteil jedenfalls würde Rechtswirkung / -kraft entfalten!

  4. Enno von Essen
    19. September 2023 at 10:50

    Moin Herr Kröning,

    das geht doch gleich wieder mit einem Vorwurf einher. Wie ist das im Hinblick auf „Mal aufhören“ denn zu vertreten? Oder soll hier nur der jeweils andere aufhören?

    Warum man so etwas widerruft: bei Gesellschaften, bei denen der eigentliche Entscheider nicht anwesend ist vor Gericht ist das Verfahren doch üblich. Mitnehmen, beraten, entscheiden. Das war in einem anderen Fall doch genauso. Da gab es eine nichtöffentliche SVV Sitzung zu, in der man beraten und entschieden hat.

    Ob die ganzen Prozesse gerechtfertigt sind ist von außen unmöglich zu beurteilen. Dazu fehlt internes Wissen. Ich schlage das Treffen aber gerne mal vor. Daran messen lassen muss ich mich allerdings nicht.

    viele Grüße

    Enno von Essen

  5. Carsten Kröning
    18. September 2023 at 21:50

    Na Herr von Essen, daran werde ich Sie mal messen. Bis jetzt haben Sie m.e. nicht viel dazu beigetragen.
    Aber ich bin immer ein Optimist.

    Wegen dem lukrativen Stuhl – stimmt, das kam von Herrn Pohl – da haben Sie recht.

    Warum setzen sich nicht alle mal an einen Tisch. Warum geht man auf Vergleiche ein, um diese dann 2 Tage vor Ablauf der Frist, diese zu widerrufen ? Die Richterin war wirklicg sichtlich bemüht Ruhe ist diesen sinnfreien Streit zubekommen.
    Nun wird im Oktober das Gericht ein Urteil bekannt geben. Und dann ? Berufung ? Weitere Rechtsmittel ?
    Nochmal – alle an einen Tisch – evtl. können Sie das sogar organisieren . Würde Sie unterstützen.

  6. Enno von Essen
    18. September 2023 at 14:57

    Moin Herr Kröning,

    gehe ich doch selbstverständlich. Den Sessel beschrieb Herr Pohl. Fragen Sie ihn, was er damit meint.

  7. Carsten Kröning
    18. September 2023 at 10:56

    Moin Herr von Essen,

    super das Sie mir beipflichten. Dann sollten Sie mit gutem Beispiel voran gehen.

    Was ist für ein „lukrativer Sessel“?

    Mit freundlichen Grüßen
    Carsten Kröning

  8. Schmidt
    18. September 2023 at 10:35

    irgendwie hätte ich nicht gedacht, dass frank nerlich noch fauler und ahnungsloser dastehen könnte als vorher, aber da habe ich mich wohl geirrt! sollte das stimmen was kerber sagt dann hängt der werte bm seine fahne entweder komplett willkürlich in den wind oder lässt sich von anderer stelle diktieren, was er machen soll? die sache mit dem geselschafterbeschluss gegen kerber an den er sich aber nicht mehr erinnern kann oder will ist schon extrem dubios.

    ist aber vermutlich auch kein wunder wenn sich bei der wiwo und der stadt wildau an den höheren posten nichts ändert: größtenteils die selben leute und damit auch die selben probleme!

  9. Enno von Essen
    18. September 2023 at 08:31

    Lieber Herr Pohl,
    soweit ich mich erinnere, wurde Herr Nerlich hier in einer ganz normalen Wahl zum Bürgermeister gewählt. Den Anlass dazu bot die vorausgegangene Abwahlkampagne. Wenn ich dazu ein Zitat verwenden darf: “Es ist sehr viel Dreck ausgekippt worden, das meiste davon böswillig konstruiert und ohne Substanz.”. Herr Nerlich wurde genau genommen von der Bürgerinitiative auf seinen lukrativen Sessel gehoben.

    Herrn Kröning kann ich allerdings beipflichten – es sollte langsam Ruhe einkehren. In alle Richtungen, sonst kommen wir in Wildau nicht voran.

    viele Grüße
    Enno von Essen

  10. Berthold Pohl
    18. September 2023 at 01:29

    Dieser Widerruf des Vergleichs trägt die Handschrift von Frau Hohmuth.Kritische Gegner werden gern mit Prozessen kaputt gespielt und Schulze und Nehrlich sind von ihr abhängig, da sie nur mit ihrer Hilfe auf ihre lukrativen Sessel gehoben. So wird sie als nächstes Herrn von Essen zur nächsten Wahl 2024 zum SPD Fraktionschef machen und danach Herrn Nehrlich ablösen.

  11. Carsten Kröning
    17. September 2023 at 19:43

    Die letzte Frage zeigt doch – in Ruhe arbeiten können und das gemeinschaftlich, das bringt Projekte schnell voran. Streit lähmt und bringt einen nicht weiter.
    Evtl. sollte man einen Mediator einsetzen. Am Ende freuen sich die Anwälte und die Stadt leidet darunter.

    Meine Bitte – hört endlich auf – in Wildau gibt es genug andere Aufgaben.

  12. Cornelia Tamara Fuchs
    17. September 2023 at 14:26

    Frau Homut hat sich verglichen – da war es ein Schuldeingeständnis. Deshalb sollte Herr Kerber nicht den gleichen Fehler begehen. Das kann nur zu seinem Nachteil sein.

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