Ad acta gelegt: Stasiüberprüfung der Gemeindevertreter!

26. Mai 2012
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Mit einem verbalen Scharmützel  und einem Mehrheitsvotum gegen die Überprüfung der Gemeindevertreter auf Kontakte zum Ministerium für Staatssicherheit (MfS) endete jüngst die Stasidebatte in der Schulzendorfer Gemeindevertretung.

Manfred Walther (CDU): Ich war nie IM des MfS" (Foto: Wolff)

Angeschoben hatte die Diskussion  der CDU Fraktionsvorsitzende und Kreistagsabgeordnete Joachim Kolberg. Er tat in Schulzendorf das, was unlängst auch die SPD – Fraktion im Lübbener Kreistag initiiert hatte: Kolberg beantragte, dass alle Mitglieder der Gemeindevertretung auf ihre Stasivergangenheit hin überprüft werden.

„Seit der letzten Überprüfung im Jahre 1998 könnten neue Erkenntnisse bei dem Bundesbeauftragten für die Unterlagen der Staatssicherheit vorliegen. In Verantwortung gegenüber dem Wähler sollte die Gemeindevertretung sich durch Beschluss hier eindeutig bekennen.“, hieß es im Antrag von Joachim Kolberg.

Auslöser für  seinen Antrag war ein Bericht des Fernsehsenders rbb vom 17. Februar 2012, dem zufolge der letzte DDR – Justizminister und jetzige CDU Gemeindevertreter Manfred Walther zu Beginn der 80 iger Jahre vom Ministerium für Staatssicherheit als IM “Freddy” geführt wurde.

Diesen Vorwürfen entgegnete der CDU Gemeindevertreter: „ Ich war nie IM des MfS. Ich habe nie eine Verpflichtungserklärung unterschrieben. Ich habe auch keine Aufträge vom MfS angenommen. Gegen die Erfassung als IM konnte ich nichts machen.“

Joachim Kolberg blies in der Debatte über seinen Antrag ein scharfer Wind entgegen. Der Vorsitzende der Gemeindevertretung, Dr. Werner Effler (Die Linke) betitelte Kolberg als „großen Aufklärer“. „Mit ihrer Beschlussvorlage äußern sie einen allgemeinen Verdacht gegen alle Mitglieder der Gemeindevertretung. Ich empfinde das  als Abwälzung von Problemen in ihrer Fraktion.“, so Dr. Effler.  Noch deutlicher  wurde Ines Fricke (Die Linke): „Ich finde es furchtbar, dass sie diesen Rundumschlag  führen. Was wollen Sie denn mit dem Ergebnis nach über 20 Jahren Wende anfangen?“

Sozialausschusschefin Winnifred Tauche (Die Linke) warnte vor einem „Generalverdacht“ gegen die Gemeindevertreter, den  Joachim Kolberg in  seinem Antrag ausspricht. „ Ich arbeite im öffentlichen Dienst und bin seit 1989/90 mehrfach durchleuchtet worden. Es kann nicht sein, dass nach 22 Jahren der Wendezeit alles von vorn anfängt.“ Auch Tauche stellte die Frage, wie mit den Ergebnissen einer Überprüfung umgegangen werden soll.

Die Beantwortung dieser Frage bewegte auch Kolbergs Parteifreund, Manfred Walther. „Wenn bei der Überprüfung  festgestellt wird, dass ein Gemeindevertreter als IM registriert war, dann wissen wir herzlich wenig über ihn und den Sachverhalt. Wir müssen in die Tiefe gehen, doch das ist juristisch nicht möglich.“ argumentierte  Walther. Er berichtete über Fälle, wo Menschen, wie beispielsweise Ministerpräsident Manfred Stolpe, vom MfS als IM geführt wurden, ohne davon gewusst zu haben.

Joachim Kolberg (CDU) konnte keine Mehrheit für seinen Antrag auf Stasiüberprüfung gewinnen. (Foto: Wolff)

Walther vertrat die Ansicht, dass es kurz nach der Wende Rechtfertigungsgründe  für Überprüfungen auf Stasiverstrickungen gab.  Damals wollte man sich davor schützen, dass inoffizielle und hauptamtliche Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit den Demokratisierungsprozess im vereinten Deutschland gefährden. „Ich denke, dass dieser Rechtfertigungsgrund nach 22 Jahren nicht mehr besteht.  Niemand wird ernsthaft glauben, dass ein Abgeordneter IM die Demokratie  in der Bundesrepublik heute gefährden kann.“, so Walther.

Auch Hans Georg Bäumer (SPD/Grüne) hatte große Vorbehalte gegen das Vorhaben  von Joachim Kolberg.  In der Debatte  ergriff der SPD Fraktionsvorsitzende das Wort und erzählte aus der Sicht eines Opfers  über die Kontakte seiner Familie mit dem Ministerium für Staatssicherheit.

Bäumers Schwester  war bei dem Versuch die DDR zu verlassen vom Ministerium für Staatssicherheit festgenommen und inhaftiert worden. Immer wieder stockte seine Stimme und er rang um Fassung  als er aus dem Tagebuch seiner Schwester vorlas: „ Ich hasse diese Männer, ich kann sie nicht mehr sehen.“  Wenige Tage später nahm ihr Leben in der Haft ein tragisches Ende.  Es war mucks Mäuschen still als Hans Georg Bäumer die Gemeindevertreter fragte: „Wem ist mit dieser Überprüfung geholfen? Wozu soll sie 22 Jahre nach der Wende dienen?“   Hans Georg Bäumer bekannte sich deutlich zur Stasidebatte: „ Ich habe mit diesem Thema abgeschlossen!“

Kolberg wehrte sich gegen die Attacken. „Es ist kein Rundumschlag und auch keine Vorverurteilung einzelner Gemeindevertreter.  Ich will der Öffentlichkeit klar machen, dass hier nichts vertuscht wird. Alle Gemeindevertreter sollen sagen können, ich bin sauber, ihr habt mich zu Recht gewählt.“, argumentierte der Ortsentwicklungschef.

Bernd Puhle und Gernut Franke vom BürgerBündnis sowie Andrea Goymann (SPD/Grüne) unterstützen den Überprüfungsantrag von Joachim Kolberg.

Das Ministerium für Staatssicherheit ist Geschichte. Dennoch lässt sich die Vergangenheit nicht so leicht vergessen und wird auch noch in Jahren heiße Debatten auslösen.

 

 

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2 Responses to Ad acta gelegt: Stasiüberprüfung der Gemeindevertreter!

  1. manne
    29. Mai 2012 at 07:54

    ich finde, es gibt nur eine Wahrheit und hier zeigen die Argumente, wer es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt.
    Das Argument “Manfred Stolpe”, finde ich deshalb sehr unpassend, Herr Walther.
    Gerade dieser ehemalige brandenburger Ministerpräsident und ehemaliger Verkehrsminister Deutschlands hat uns Bürger im Jahr 1996 bezüglich Großflughafenentscheidung verraten und verkauft.

  2. Tiefflieger
    Tiefflieger
    28. Mai 2012 at 15:58

    Ich finde schon,daß die Wahrheit ausgesprochen werden muß. Wenn einige Gemeindevertreter schon mehrfach überprüft wurden, dann ist es doch kein Problem, wenn sie sich ein weiteres mal überprüfen lassen.

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