Frank Kerber war über Jahre Chef der stadteigenen Wohnungsbaugesellschaft WiWO. Er hat maßgeblichen Anteil an der Entwicklung der Stadt. Seine Kompetenz stellt er derzeit bei der Wohnungsgesellschaft Ludwigsfelde mbH „Märkische Heimat“ unter Beweis. Er kandidiert zur Stadtverordnetenversammlung für das Bürgerbündnis Wildau. Der Schulzendorfer sprach mit ihm.
Sie kandidieren für die SVV in Wildau. Was sind die Gründe dafür?
Frank Kerber: Ich habe fast zwei Jahrzehnte in und für Wildau gearbeitet. Ich kenne die Menschen und die Stadt so umfassend wie kaum ein anderer. Die Unzufriedenheit bei den Bürgerinnen und Bürgern wächst seit 2020 stetig. Es ist eine Tatsache, dass es in allen Bereichen zu einem Stillstand in der Politik gekommen ist. Es gibt aus meiner Sicht bei einer Fortsetzung der bisherigen Politik kein Licht im Tunnel. Deshalb hoffe ich, dass die Wählerinnen und Wähler den Weg frei machen für einen wirklichen Aufbruch, bei dem an die Erfolge der Vergangenheit angeknüpft werden kann.
Dem Bürgerbündnis Wildau wird vorgeworfen, für ungezügeltes Wachstum und Verdichtung zu stehen. Stimmt das?
Frank Kerber: Derartige Aussagen sind unseriös, sie vertiefen die ohnehin schon vorhandenen Gräben. Wachstum an sich ist überhaupt gar keine Zielfunktion. Es geht darum, die Stadt nachhaltig weiterzuentwickeln und die offenkundig vorhandenen Defizite zu beseitigen. Es reicht nicht aus, sich Hochschulstadt zu nennen. Für die Anwohner ist Urbanität und Funktionalität einer Stadt wichtig. Kurze Wege, Barrierefreiheit, auskömmliche und zentral erreichbare wohnungsnahe Dienstleistungen, ein modernes Gesundheitszentrum, attraktive Treffpunkte, ein wirklich grünes und attraktives Wegenetz mit Aufenthaltsqualität, ein differenziertes Wohnungsangebot für Jung und Alt, insbesondere mit sozialverträglichen Mieten sind wesentliche Aspekte einer vernünftigen Stadtentwicklung.
Welche Prioritäten sehen Sie, um die Stadt Wildau in die Zukunft zu führen?
Frank Kerber: Die Trennung zwischen „oben“ und „unten“ ist endlich zu überwinden. Gut 80 Prozent der Wildauer leben in Hoherlehme, also „oben“. Der Weg zum S-Bahnhof ist lang und beschwerlich. Die Entwicklung der sogenannten grünen Schanze und des Areals am Stichkanal, eine barrierefreie Überwindung des Westhanges, die Schaffung von Stadtteilzentren im oberen und unteren Ortsteil und die Auflösung des Trennenden zwischen oben und unten durch das Werkgelände, den Westhang und die Bahngleise müssen endlich ambitioniert und mit Weitblick angegangen werden. Dafür gab es hervorragende Ideen und Lösungen, die leider weder umgesetzt, noch weiterentwickelt worden sind. Es geht jetzt darum, die Begeisterung von einst wieder zu entfachen und die Wildauerinnen und Wildauer tatsächlich mitzunehmen. Dafür steht das Bürgerbündnis, dafür stehe ich persönlich.
Das Bürgerbündnis hat sich die Schaffung eines Zentrums auf die Fahne geschrieben. Was ist damit genau gemeint?
Frank Kerber: Es gab nach umfassender Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger in 2019 zwei von der SVV bestätigte Vorzugsvarianten für das Zentrum, einschließlich Meyer-Beck. Seitdem ist leider gar nichts passiert.
Mit der Entscheidung, dort nun eine Containerschule für weitere mindestens fünf Jahre zu errichten, sind die eigenen kommunalen Möglichkeiten für die Stadt und die WiWO leider vertan. Somit bleibt nur der Weg, eine Lösung mit Rewe und der Wildauer Wohnungsgenossenschaft zu finden, die seit Jahren aber auf taube Ohren bei der Stadt und bei den Stadtverordneten stoßen. Ein politischer Neuanfang würde die Motivation neu beleben.
Wie könnte die Lösung konkret aussehen?
Frank Kerber: Das Rewe-Grundstück und der Finkenschlag umfassen rund 20.000 m². Es kann also doch noch gelingen, zeitnah ein städtebaulich vernünftiges und an den Bedürfnissen einer Kleinstadt ausgerichtetes Konzept für ein lebendiges und attraktives Zentrum zu entwickeln. Ich persönlich, aber auch Herr Kröning von der WGW haben seit Monaten einen sehr guten Kontakt zu den Verantwortlichen von Rewe. Daher könnte eine neue SVV mit der Durchführung eines Ideenwettbewerbes unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger sofort nach der Wahl starten. Das wäre ein wichtiges Aufbruchssignal, um die von einigen seit Jahren geschürte Spaltung zu überwinden.
Der Stichkanal ist für viele Anwohner ein großes Ärgernis. Wie könnte man hier schnell vorankommen?
Frank Kerber: Auch hier gab es nach Jahren der Ideenentwicklung eine herausragende Masterplanung, die sowohl bei den Bürgerinnen und Bürgern, als auch bei der Stadt und den Stadtverordneten großen Anklang fand. Die Rahmenbedingungen haben sich in den letzten Jahren unter Umständen verändert.
Deshalb sollte die Planung überprüft und wenn nötig angepasst werden. Einige Prämissen sind für mich aber fix: Fußläufige Unterführung unter den Bahngleisen, nachhaltige Sanierung des Stichkanals durch vorzugsweise Verfüllung des hinteren Stichkanals und Schaffung einer hohen Aufenthaltsqualität, Bau eines modernen ALDI zur zeitgemäßen Versorgung der Anwohner unter Ergänzung weiterer wohnbegleitender Angebote und Dienstleistungen, wie z.B. einer Apotheke.
Ein Parkhaus mit mindestens 150 Stellplätzen würde zudem das Parkplatzproblem spürbar verringern. Damit entstünde dort ein lebendiger und attraktiver Treffpunkt mit Wasserzugang und kurzem Weg zum Dahme Ufer. Das wäre nicht zuletzt auch für die vielen Berufstätigen in der TH und in den Betrieben auf dem Werkgelände attraktiv – ein echter Mehrwert für die Stadt.
Wie lautet Ihre Botschaft an die Wähler von Wildau?
Frank Kerber: Das Bürgerbündnis Wildau steht für Transparenz und echtes Interesse an der Stadt. Die Kandidaten bilden einen guten Querschnitt der Gesellschaft und folgen keiner vorgegebenen Doktrin.
Viele Sichtweisen und Erfahrungen bilden bei uns die Diskussionsgrundlage, die wir für die politische Meinungs- und Willensbildung einbringen werden. Wir sind zielstrebig und authentisch, aber offen für ernsthafte Argumente.
Unsere Politik soll sich nicht an knappen Mehrheiten ausrichten, sondern an einem breiten Konsens bei gleichzeitig hohem Anspruch in Bezug auf die zu entwickelnden Ideen und Lösungen. Deshalb wünsche ich mir, dass die Wählerinnen und Wähler mir persönlich und den übrigen Kandidaten des Bürgerbündnisses ihre Stimme geben. Wir werden Sie, liebe Wählerinnen und Wähler nicht enttäuschen.
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