Straßenausbau: Experte greift der Bauverwaltung unter die Arme!

16. September 2011
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Der Dauerbrenner 16 km Straßenausbau hält die Schulzendorfer weiter in Atem. Vor zwei Wochen begann die Debatte in den Ausschüssen über das Straßenausbauprogramm und die Abschnittsbildung. Da der Ausbau der Straßen bereits begonnen hatte, Bürgermeister Mücke die Abstimmung über das Bauprogramm als „reine Formsache“ abstempelte, fühlten sich einige Parlamentarier schlicht übergangen und rebellierten gegen die Verfahrensweise.

Sowohl im Sozial- als auch im Ortsentwicklungsausschuss zeichnete sich keine klare Mehrheit ab, die für das Ausbauprogramm votieren würde.

„Sie dürfen nicht Straßen bauen und das Straßenausbauprogramm nicht beschließen, wodurch dann keine Straßenbaubeiträge erhoben werden können.“ warnte Dr. Ulrich Becker die Ausschussmitglieder. Der Fachanwalt für Verwaltungsrecht, der gleichzeitig auch Richter des Verfassungsgerichtes des Landes Brandenburg ist, wurde von der Gemeindeverwaltung zur Hilfe gerufen, um Ordnung im Durcheinander der Ansichten zu schaffen.

Für Diskussionen sorgte ein drei Seiten Brief von Bauamtsleiterin Undine Nulle, der vor einer Woche an die Gemeindevertreter gesandt wurde. In ihm appellierte sie dem Ausbauprogramm zuzustimmen und wies auf mögliche Konsequenzen beim Scheitern der Abstimmung hin. „Verstöße gegen die Beitragserhebungspflicht können sowohl für den Bürgermeister als auch für die Gemeindevertreter unter Umständen strafrechtliche Konsequenzen haben.“

Diese versteckte Drohung kritisierte SPD Fraktionschef Hans Georg Bäumer. „ Ich bekomme eine Gänsehaut, wenn ich so etwas lese. Ich dachte immer, dass wir in unserer Entscheidung frei sind.“, so Bäumer.Der Verwaltungsrechtsexperte beruhigte die Gemüter. „Es geht nicht darum ihnen zu drohen, sondern darum, auf einen Umstand  hinzuweisen.“, erklärte Becker.

Er wandte sich an die Ausschussmitglieder und verglich die entstandene, „ungemütliche“  Situation in Sachen Straßenbau mit dem Kauf eines Autos: „Sie wollten ein Auto kaufen, über den Typ wollten sie noch nachdenken. Sie sagten zum Bürgermeister, kauf mal das Auto! Der hat das getan. Da ist es schwierig im Nachhinein den Typ festzulegen.“

Der Spielraum der Gemeindevertreter ist in der Abstimmungsangelegenheit  deutlich eingeschränkt, denn schließlich gibt es eine vertragliche Bindung, die eine bestimmte Gestaltung der Straßen vorsieht. Wenn nachträglich wesentlich davon abgewichen wird, könnte es Probleme geben, weil der Bauvertrag die Gemeindeverwaltung bindet. Möglicherweise können sogar Schadensersatzansprüche entstehen.

Deutliche Kritik an Schulzendorfs Verwaltung übte Ines Fricke (Linkspartei).  „Die Verwaltung hätte uns diese Ausbauprogramm viel eher zur Entscheidung vorlegen müssen.“, bemängelte die Abgeordnete.

Anders sah das Andrea Goymann (SPD/Grüne). „ Ich hatte auch im Kopf, dass wir über das Ausbauprogramm noch einmal abstimmen wollten. Die Fraktion der SPD/Grüne hatte ein Änderungsantrag für das gesamte Verfahren eingebracht, der keine Mehrheit fand. Es gab dann die Frage, ob noch ein Gemeindevertreter zum Straßenbau etwas zu bemerken hat. Von Niemandem kam eine Reaktion. Insofern kann ich nicht verstehen, warum jetzt Gemeindevertreter dem Ganzen nicht zustimmen wollen.“, so Goymann.

Auch Verwaltungsrechtsexperte Dr. Becker kam nicht umhin festzustellen, dass die gesamte Verfahrensprozedur des 16 Kilometer Straßenbaus nicht ganz ohne Makel ist. „Ordnungsgemäße Verwaltung heißt, man überlegt sich was man möchte, legt anschließend die Parameter fest und beschließt sie dann in der Gemeindevertretung. Es wäre besser gewesen, das Ausbauprogramm vor der Ausschreibung zu beschließen.“, so der Verwaltungsrechtsexperte. Eine deutliche Schelte für Bürgermeister Markus Mücke und seine Bauverwaltung!

Rechtsanwalt  Becker sprach sich dafür aus, wofür sich vor Monaten bereits Bernd Puhle vom BürgerBündnis eingesetzt hatte.  „Das Ganze würde sich schon entspannen, wenn die Entscheidung über die Vertragsunterzeichnung mit dem Bauunternehmen in der Gemeindevertretung beschlossen worden wäre.“, so Becker. Verträge dieser Größenordnung sollten nach seiner Ansicht unbedingt mit den Parlamentariern beraten werden.

Das es in Schulzendorf anders lief liegt an der Hauptsatzung, also jenem Regelwerk, das die Aufgaben der Gemeindevertretung und des Bürgermeisters beschreibt und voneinander abgrenzt. In ihr sind Bürgermeister Markus Mücke bei Verfügungen über Vermögensgegenstände Grenzen gesetzt, doch bei Auftragsvergaben fehlt es an solch einer Regelung. „Das ist sehr ungewöhnlich. Nicht einmal der Oberbürgermeister von Potsdam kann eine Vergabe von über 8 Millionen Euro allein verfügen.“, meint Experte Dr. Becker.

Bürgermeister Markus Mücke hat zwar formaljuristisch richtig gehandelt. Doch für Ines Fricke(Linkspartei) ist das nur eine Seite der Medaille.  „Herr Mücke hätte bei diesem Projekt, dem Größten, dass es in Schulzendorf je gegeben hat, auf die Gemeindevertreter zugehen und mit ihnen den Vertrag durchsprechen können. Auch, wenn er dazu eigentlich nicht verpflichtet ist.“, so die Abgeordnete.

Dr. Beckers Hinweise auf bestimmte Umstände trugen ihre Früchte. Mehrheitlich empfahlen die Ausschussmitglieder  der Gemeindevertreterversammlung das Straßenausbauprogramm zu beschließen.

10 Responses to Straßenausbau: Experte greift der Bauverwaltung unter die Arme!

  1. Sandmann
    18. September 2011 at 19:00

    Wenn ich all das lese frage ich mich, warum die Staatsanwaltschaft noch nicht in Schulzendorf Untersuchungen vornimmt.

  2. Knuffke Frank
    17. September 2011 at 15:36

    Da 80-90% der Bürger gegen den Straßenbau und den Zugriff auf ihr Privatvermögen sind,liegt es in der Natur der Sache,daß es immer schwieriger wird so etwas durchzusetzen.Die derzeitigen Vorgänge sind daher vollkommen logisch und werden sich in Zukunft noch verschärfen.Der deutsche Michel hat wahrlich eine Eselsgeduld bis ihm der Kragen platzt,aber irgendwann ist Schluss mit lustig.Das sollten sich die politischen Akteure hinter die Ohren schreiben.

  3. BingeLaden
    17. September 2011 at 12:58

    @pro Straßenbau: Ich muss Ihrer Darstellung leider widersprechen. Sie entspricht nicht der Wahrheit. Eine detaillierte Debatte über die Art und Weise der Straßen fand unter den Gemeindevertretern nie statt. Auch die Meinung der Anlieger wurde nie ernsthaft zur Kenntnis genommen. Das Straßenausbauverfahren in Schulzendorf ist meiner Ansicht nach nicht ordentlich gelaufen. Es wurde lediglich oberflächlich darüber diskutiert. Warum Pflasterstraßen besser sind als Teerstraßen, darüber wurde tiefgründig nie gesprochen. Unter Herrn Burmeister hätte es ein solches Chaos, wie man es heute beobachten muss, niemals gegeben. Burmeister hätte solch einen Bauvertrag ohne Zustimmung der Gemeindevertreter nie unterschrieben.

  4. pro Straßenbau
    17. September 2011 at 09:45

    Es ist schon witzig zu beobachten, dass beim gemeinsamen Meckern hinterher alle in großer Einigkeit zusammenfinden.

    Das Straßenausbauprogramm ist seinerzeit im Ortsentwicklungsausschuß vorgestellt worden und die Mitarbeiter des Bauamtes wollten mit den Gemeindevertretern Straße für Straße besprechen. Das war den Damen und Herren aber zuviel und es wurde eine Empfehlung, sozusagen im Paket abgegeben. Zu dieser Zeit war noch Herr Dr. Burmeister Bürgermeister von Schulzendorf. Und eben dieser hat die Vorlage zur Beschließung des Ausbauprogramms damals nicht in die Gemeindevertretung eingebracht um jedem die Möglichkeit zu geben seine Meinung dazu zu äußern. Es soll sich heute kein Gemeindevertreter hinstellen und sagen, dass er davon noch nichts gehört hat und sich jetzt gezwungen sieht etwas zu entscheiden ohne eine Wahl zu haben. Wenn dem wirklich so wäre müsste man demjenigen sogar noch Pflichtverletzung vorwerfen.

  5. RedBull
    17. September 2011 at 07:54

    Nun verbietet Herr Mücke dem “Fachkräften” vom Bauamt noch den Mund, ein starkes Stück. Auf der anderen Seite ist es vieleicht nicht verkehr, dann können die “Fachleute” wenigstens keinen Mist erzählen.

    Der alte Bürgermeister Burmeister hatte sich um günstige Konditionen bei der Sparkasse bemüht. Herr Mücke hat das warscheinlich wieder aus den Augen verloren. Soviel zum Thema “Ich bin für meine Bürger da”.

    Völlig richtig @Anwohner Kölner Straße, gegen diese Wilkür von Herrn Mücke hilft nuir eine Sammelklage, der gesamte Straßenausbau stinkt zum Himmel! PRO Widerspruch gegen Bescheide, PRO BAUSTOPP , SCHULZENDORF 21 !!!

  6. Anwohner Kölner Straße
    17. September 2011 at 07:44

    Wieso hat denn sonst unser Bürgermeister bei der letzten Gemeindesitzung einen Rechtsanwalt mit ins Boot geholt? Auf Befragung zum Straßenausbau darf Frau Nulle bzw. Frau Schulz keine Antwort mehr geben und verweisen auf den Bürgermeister.
    Unsere Gemeindevertreter können nun nicht mehr ihre Meinung vertreten um nicht Strafrechtlich belangt zu werden und damit müssen sie den Straßenausbau stattgeben.Ich hoffe nur das viele Anlieger einen Widerspruch gegen den Bescheid einlegen, denn der VDGN möchte eine Sammelklage gegen den Straßenausbau führen.
    ohne Widerspuch verzichtet jeder Anlieger auf seine Rechte

  7. Knuffke Frank
    16. September 2011 at 19:53

    Vielleicht hab ich ja jetzt was übersehen,aber muß die Erschließungsbeitragssatzung nicht noch geändert werden,bevor am 28.alles beschlossen wird,oder sollen die Bürger jetzt 90% bezahlen?
    Und wenn nun schon alles schiefgelaufen ist,was nur geht,dann wäre es doch das mindeste an Anstand,das die Gemeinde den Bürgern eine
    bis zu 6jährige Finanzierung ohne Prüfung der Einkommensverhältnisse anbietet.Dazu müßte eine Fraktion eine Beschlußvorlage ausarbeiten und einbringen bis zum 28.09.!!
    Und noch was….Seht euch mal die Beschlußvorlage 5.8. genau an!
    Die kann so auf keinen Fall beschlossen werden.Warum`?
    Steht in der Begründung.Nicht das ihr hinterher wieder alle dumm aus der Wäsche glotzt.Schönen Abend noch!

  8. Pro Baustopp
    16. September 2011 at 19:01

    Ich trete für einen sofortigen BAUSTOPP ein. Den Gemeindevertretern wird gedroht, die Anlieger wurden nicht befragt, der Bürgermeister macht was er will – Schluss mit dem Spuk!

  9. Ulli aus der Salzgitterstraße
    16. September 2011 at 17:57

    Ich kann das alles nicht mehr begreifen. Das alles geht doch nicht mit rechten Dingen zu. Die Gemeindevertreter werden genötigt dafür zustimmen, obwohl es nie eine Diskussion um die Art des Straßenausbaus gegeben hat. Herr Kollberg hat es in seinem Interview treffend beschrieben. Frau Nulle ist überfordert, genauso wie ihre Kollegin Schulz tritt sie unhöflich und frech auf. Die Einfahrten, die von den AUSLÄNDERN, warscheinlich unter Dumpinglöhnen, erstellt wurden sind schlicht weg mies gebaut. In Deutschland gibt es Millionen Arbeitslose ! Auch meine Nachbarn sind alle stinksauer. Die Gullys sind mit Absätzen versehen. Die Verwaltung ist nicht mehr Herr der Dinge.

  10. Anwohner Otto - Krien - Str.
    16. September 2011 at 09:03

    Hallo,
    Wenn der Fachanwalt Herr Becker folgendes gesagt hat „Sie dürfen nicht Straßen bauen und das Straßenausbauprogramm nicht beschließen, wodurch dann keine Straßenbaubeiträge erhoben werden können“, was heißt das dann für die bereits gebauten Straßen und Einfahrten? Können für diesen bisher nicht beschlossenen Ausbau Straßenbaubeiträge erhoben werden? Es ist nicht möglich auf diese Frage ein präzise Antwort zu erhalten. Was bedeutet dieser Umstand für die Anwohner, die bereits entsprechende Bescheide erhalten haben oder in den nächsten Tagen erhalten werden. Zahlen oder Widerspruch einlegen. Wohin gegen ein Widerspruch vor Zahlung nicht bewahrt. Diese Undurchsichtigkeit, Desinformation und Alleingänge entbehren jeglichem demokratischen Gedanken.

    Anmerkung der Redaktion Schulzendorfer: Herr Dr. Becker will damit sagen, dass ohne die Verabschiedung des Straßenausbauprogramms durch die Gemeindevertretung keine Straßen gebaut werden dürfen. Stimmen die Gemeindevertreter dem nicht zu gibt es keine Grundlage, auf der Beiträge erhoben werden können. Herr Dr. Becker führte zu Zahlungen folgendes aus. Vorausleistungsbescheide sind vorläufige Bescheide! Die Gemeinde muss nach Abschluss der Arbeiten endgültig abrechnen und dann die richtige Stazung zu Grunde legen. Der Vorausleistungsbescheid selber ist nicht rechtswidrig, wenn er sich auf die falsche Satzung bezieht.

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