Katastrophenbaustelle Butze: Für die Beseitigung der Wasserschäden muss die Verwaltung Geld in die Hand nehmen. Wer trägt dafür die Verantwortung – Niemand?

2. September 2010
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Im Zusammenhang mit den Schäden in der Butze wurden viele Fragen laut. Wofür muss eine Baufirma bei schlechten Witterungsverhältnissen sorgen? Welche Verantwortung trägt der Auftraggeber für Leistungen, die in einer Schlechtwetterperiode ausgeführt werden. Die Redaktion nahm das zum Anlass und sprach mit dem Baurechtsexperten, Rechtsanwalt Heribert Hennig aus Berlin. Seit vielen Jahren steht er privaten und gewerblichen Bauherren erfolgreich zur Seite, wenn es um das Bauen geht.

Herr Hennig, wenn ein ganz erheblicher Wasserschaden an einem Gebäude eintritt, weil offensichtlich bei einer Dachsanierung unzureichende Schutzmaßnahmen getroffen worden sind, dann muss doch jemand dafür einstehen, oder?

Man denkt da natürlich zuerst an den Bauunternehmer. Grundsätzlich ist es aber so, dass der Bauunternehmer nur die Arbeiten schuldet, zu denen er sich durch Vertrag verpflichtet hat. Bei der Sanierung eines Daches, sind das zunächst nur die Arbeiten, die unmittelbar für die Errichtung des neuen Dachs erforderlich sind, also u.a. die Abnahme des alten und die Errichtung des neuen Dachs in der vereinbarten Bauzeit und mit den vereinbarten Materialien. Allenfalls Nebenpflichten können den vereinbarten Leistungskatalog erweitern.

Wie ist es denn nun genau? Wenn ein Dach saniert wird, die Ziegel abgenommen sind, wer ist eigentlich für den ausreichenden Schutz des Bauwerks vor Regenwasser verantwortlich?

Sie erwarten jetzt eine einfache Antwort. Aber die gibt es in rechtlichen Dingen oft nicht. Um das Problem zu verstehen, braucht man zumindest ein grobes Verständnis von einem Bauvertrag. Dort wird vereinbart, welche Arbeiten der Bauunternehmer, wo und mit welchen Materialien auszuführen hat. Daneben finden sich noch u.a. Angaben zur Bauzeit, zu Sicherheiten, Vertragsstrafen und Abschlagszahlungen. Schutzmaßnahmen gegen Witterungseinflüsse werden allerdings leider eher selten vereinbart. In aller Regel werden aber die VOB Teil B und mit ihr auch die VOB Teil C in den Bauvertrag einbezogen.

Und was sagen die VOB Teil B u. C über Schutzmaßnahmen bei Dachsanierungen aus?

Die VOB Teil B selbst nicht viel, aber die VOB Teil C, also die sog. Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV), macht präzise Vorgaben. So schreibt die ATV Dachdeckungs- und Dachabdichtungsarbeiten – DIN 18338 vor, dass Maßnahmen zum Schutz vor ungeeigneten klimatischen Bedingungen eine besondere Leistung ist. Auch die Errichtung eines Notdaches ist eine besondere Leistung.

Und was bedeutet hier “Besondere Leistung”?

Der Bauunternehmer muss besondere Leistungen zum vereinbarten Preis nur dann erbringen, wenn sie in dem Leistungsverzeichnis des Bauvertrages bereits besonders erwähnt wurde. Andernfalls kann er nur gegen Gewährung einer Mehrvergütung verpflichtet werden, die besondere Leistung zu erbringen. Man spricht dann von einem Nachtrag.

Ist denn wirklich jeder Witterungsschutz gleich eine “Besondere Leistung”?

Nein, das Sichern der Arbeiten gegen Niederschlagswasser, mit dem normalerweise gerechnet werden muss, und seine etwa erforderliche Beseitigung, gehört zu den Nebenleistungen. Diese sind dann auch ohne gesonderte Erwähnung im Bauvertrag zu erbringen und lösen keinen Mehrvergütungsanspruch aus.

Es kommt also maßgeblich darauf an, in welcher Jahreszeit die Dachsanierung stattfinden soll?

Richtig, wenn in Zeiten mit schlechtem Wetter, also bei dauernder Feuchtigkeit und Nässe oder gar bei Eis und Schnee die Dachsanierung stattfinden soll, dann ist klar, dass besondere Leistungen anfallen werden. Bei gutem Bauwetter muss jedoch der Dachdecker auf eigene Kosten, eine Sicherung der Baustelle gegen Niederschlagwasser vorhalten.

Welche Verantwortung für angemessene Wetterschutzmaßnahmen tragen der Auftraggeber bzw. der Bauleiter?

Der Auftraggeber muss in erster Linie die finanziellen Mittel bereitstellen, um die Wetterschutzmaßnahme, die ihm sein Bauleiter oder der Bauunternehmer zu empfehlen haben, beauftragen zu können. Der Architekt bzw. der Bauleiter wiederum schulden dem Auftraggeber einen rechtzeitigen Hinweis, dass die bauseits vorhandenen Sicherungsmaßnahmen nicht oder nicht mehr ausreichen.

Wie verhält es sich mit der Haftung, wenn es bereits zu einem Schaden gekommen ist?

Sie hängt von der eigentlichen Schadensursache ab. War die Sicherung gegen Niederschlagswasser bereits durch den Architekten schlecht geplant, kann er sich neben dem Bauunternehmer gegenüber dem Bauherren schadenersatzpflichtig gemacht haben. Allerdings muss sich der Bauherr bei der Inanspruchnahme des Bauunternehmers wegen Planungsfehler seines Architekten, ein Mitverschulden anrechnen lassen. Sind hingegen die ordnungsgemäßen Pläne des Architekten lediglich fehlerhaft umgesetzt worden, dann haften der Bauleiter und der Bauunternehmer dem Bauherren grundsätzlich gesamtschuldnerisch für den eingetretenen Schaden.

Wenn starker Wind die Planen wegreißt und es dann zu Wasserschäden durch starke Regenfälle kommt, zählt das zu höherer Gewalt?

Höhere Gewalt kann also nur ein unabwendbares Ereignis sein. Es scheiden alle Witterungseinflüsse während der Ausführungszeit als höhere Gewalt aus, mit denen der Bauunternehmer bei Abgabe seines Angebots normalerweise rechnen musste. Es kommt also entscheidend darauf an, zu welcher Jahreszeit das Bauvorhaben durchgeführt wird. Nicht jeder starke Wind ist also gleichzusetzen mit höherer Gewalt.

Das Interview führte Gerlinde Sauer

10 Responses to Katastrophenbaustelle Butze: Für die Beseitigung der Wasserschäden muss die Verwaltung Geld in die Hand nehmen. Wer trägt dafür die Verantwortung – Niemand?

  1. 15. Oktober 2010 at 15:48

    der artikel hat mich nachdenklich gemacht. wobei ich allerdings schon finde, dass gruende wie armut und stress auch im alter (mehr und mehr) einen gewissen ausschlag geben koennen zur flasche zu greifen. in jedem fall ist die aussage “man kan noch so viel vom leben haben” natuerlich nur zu unterstreichen!!! zudem verkraftet ein junger koerper wahrscheinlich eher ein glas mehr als ein aelterer mensch. ein gewisser warnschuss darf hier also ruhig erfolgen…

  2. 13. September 2010 at 10:26

    Ob nun ein starker Regen schon Vorbote des Klimawandels ist, mag im Zweifel nur ein Meteorologe beurteilen können. Richtig dürfte aber sein, dass im Zuge des Klimawandels Unwetterereignisse zunehmen werden, wodurch vermehrt mit Schäden an (älteren) Gebäuden zu rechnen ist. Hinsichtlich des temporären Witterungsschutzes während der Bauphase werden sich die Bauplaner und die Bauunternehmen auf erhöhte Anforderungen einstellen müssen. Zumindest haben sie die jeweiligen Auftraggeber auf etwaige Gefahrenlagen hinzuweisen. Ausführlich gehe ich auf diesen Aspekt im vollständigen Interview vom 1. September 2010 ein ( http://rahennig.de/Publikation.html ).

  3. Th. Fischer
    11. September 2010 at 10:59

    Lieber Herr Dziewinski,
    auch an dieser Stelle sage ich: Sie haben mich richtig zitiert, aber falsch verstanden und falsch interpretiert. Das mit dem “Mitschreiben” sollte einfach heißen, dass sich jeder, der das liest, genau ansehen soll; denn so ein Vorwurf, wie Ihrer, verselbständigt sich leicht, wenn er erst mal im Raum steht. Dem wollte ich lediglich Vorschub leisten.

  4. Stefan Dziewinski
    11. September 2010 at 06:00

    Sehr geehrter Herr Wolff,
    über meine als PS angefügten Zeilen habe ich noch einmal nachgedacht.
    Dem sachlichen Dialog helfen sie nicht weiter, deshalb nehme ich die beiden Sätze zurück. Bitte streichen Sie diese.
    Vielen Dank
    Stefan Dziewinski

  5. Stefan Dziewinski
    10. September 2010 at 19:13

    Hallo Herr Fischer,

    bitte lesen Sie sehr sorgfältig was ich geschrieben habe.

    Ich sprach davon, das ich Ihre von mir als Tatsachenverdrehung empfundenen Schlussfolgerungen als verdammt dreist empfinde. Meine Empfindungen darf ich sicher äußern. Ich dabe Ihnen damit keine Dreistigkeit unterstellt sondern lediglich die bei mir erziehlte Wirkung Ihrer Worte geschildert. Und verdreht habe ich auch nichts, sondern wörtlich zitiert.

    Ansonsten sehen Sie die Wasserschäden als Belege für den Klimawandel, was Sie nicht belegen können, sondern allenfalls Ihre Meinung wiederspiegelt.
    Das ist auch ok, aber dann akzeptieren Sie bitte auch die Wirkung Ihrer Worte auf Andere, in diesem Falle mich.
    Meine Meinung ist, das die Schäden hätten vermieden werden können aber nicht wurden. Das hat mit dem Wetter nichts zu tun. Und auch nicht mit der Feuerwehr. Schlimm genug, das Elektriker und Feuerwehr anrücken mussten, um noch größere Schäden zu verhindern. Und das bezahlen wir.

    Stefan Dziewinski

    PS: Meinen Sie das mit der Aufforderung an alle anderen bezüglich des Mitschreibens wirklich ernst?
    Was soll das für einen Sinn haben, Ihre Zeilen mitzuschreiben?

  6. Th. Fischer
    10. September 2010 at 14:58

    Lieber Herr Dziewinski,
    ich habe Ihren Kommentar bereits im Blog zur Feuerwehr kommentiert. Hier noch einmal für alle anderen zum Mitschreiben:
    Ich habe nicht behauptet, dass der Regen schuld ist an den Schäden in der Butze und bin auch nicht dieser Ansicht. In meinem Beitrag zur Feuerwehr ging es um etwas ganz anderes. Es ist schade, wenn einem so das Wort im Munde herum gedreht wird und einem dann auch noch Dreistigkeit unterstellt wird. Das ist schlicht schlechter Stil!
    Ich habe fertig …

  7. Stefan Dziewinski
    9. September 2010 at 18:45

    Kommentar zum Beitrag von Herrn Fischer zur Arbeit der Jugendfeuerwehr und seinen Ansichten, warum die Arbeit der Feuerwehr zukünftig noch wichtiger für Schulzendorf wird:

    Hallo Herr Fischer,

    jetzt wird es mir aber langsam unheimlich.
    Zitat: “Mit dem Klimawandel – das sagen alle Experten – wird es häufiger und stärker zu Wetterextremen wie orkanartige Stürme oder Starkregen geben. Die Ereignisse dieses Jahres in Schulzendorf belegen das (Waldfrieden, Butze). ”

    Es waren KEINE Wetterextreme, welche die Wasserschäden in Butze und Waldfrieden verursachten! Es war auch KEIN Klimawandel.

    Mangelnde Notbedachung bei der Butze und ungenügende Baustellenabdichtung waren die Ursachen bei beiden Gemeindebaustellen.
    Es hatte jeweils zwar stark, für unsere Region aber völlig normal geregnet.

    Ich halte Ihre Aussage für fehlerhaft, um es einmal SEHR vorsichtig auszudrücken. Die, (für mich), offensichtliche Verdrehung der Tatsachen empfinde ich jedoch schon als verdammt dreist.

  8. Joachim Kolberg
    2. September 2010 at 22:29

    Ich habe bereits einen Beschlussantrag zur Bildung eines Untersuchungsausschusses eingereicht. Die Gemeindevertretung entscheidet darüber am 22.Sept. 2010

  9. Irmgard Lefass
    2. September 2010 at 20:56

    Danke für die ausführliche Darlegung der Rechtslage. Nun sollte ein Untersuchungsausschuss schnell die Schuldfrage klären können. Wenn die Abgeordneten dies dann wollen?!

  10. BINgeLADEN
    2. September 2010 at 18:04

    Danke für die vielen Infos. Also entweder hat die Gemeinde, der Bauleiter, die Firma oder ALLE geschlafen. Wir blöden Steuerzahler dürfen die Suppe natürlich wieder auslöffeln!

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