Der Flughafenrebell steht im Abseits! – Warum Christoph Schulze die SPD Landtagsfraktion verließ.

30. Dezember 2011
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Es mag einfacher sein, mit dem Strom zu schwimmen, bei unbequemen Dingen wegzusehen und einfach Parteigehorsam zu üben. Der ehemalige Brandenburger SPD Landtagsabgeordnete Christoph Schulze tat  in Sachen des künftigen Hauptstadtflughafens  genau das Gegenteil: Über Jahre hinweg schwamm er gegen den Strom.

„Ich hatte der SPD-Fraktion in Person des Fraktionsvorsitzenden und des Fraktionsvorstandes in den letzten 365 Tagen zahlreiche Vorschläge und Angebote zur Konfliktminimierung bzw. zur Konfliktlösung in der Problematik Nachtflug, Lärm und Gesundheitsbelastung für die Anwohner rund um Schönefeld unterbreitet. Ausnahmslos alle Vorschläge und Initiativen wurden substantiell vollständig zurückgewiesen. Insofern stellt sich einfach die Frage, welchen Sinn es macht, Mitglied einer Fraktion zu sein, die einen Abgeordneten, welcher die vitalen Lebensinteressen der Bürger seines Wahlkreises und auch Bürger weit darüber hinaus vertritt, komplett ignoriert und genau das Gegenteil tut.“ – mit diesem Fazit verkündete der SPD Abgeordnete des Brandenburger Landtages, Christoph Schulze jüngst seinen Austritt aus der Brandenburger SPD  Landtagsfraktion.

Christoph Schulze verließ die SPD - Landtagsfraktion in Potsdam. Foto: J. Levermann

Auslöser seines Schritts war die Ablehnung der Volksinitiative für ein striktes Nachtflugverbot von 22 Uhr bis 6 Uhr am künftigen Hauptstadtflughafen Willi Brandt durch die Mehrheit des Brandenburger Parlaments, auch der SPD Fraktion.

Christoph Schulze gehörte dem Potsdamer Landtag seit 1990 an. Er ist ein vehementer Verfechter, dass der Flughafen am falschen Standort errichtet wird. So geriet er immer wieder in einen grundlegenden Konflikt: Während für die Landes SPD und die Landesregierung Wirtschaftlichkeit vor Lärmschutz rangiert, hat für den Mediziner Schulze die Gesundheit der Menschen höchste Priorität.

„Es ist in diesem „System“ einfach so, dass Meinungen von frei gewählten Abgeordneten einfach unwichtig sind. Wichtig ist was Wirtschaft, Apparat, Beamte oder einige wenige „führende“ Genossen wollen.“, resümiert Christoph Schulze.

Mit seinen kritischen Positionen in Bezug auf den SPD – Kurs zum künftigen Großstadtflughafen Willy Brandt wich er von der offiziellen Parteilinie ab. Er sei eine Politik im Stile Machiavellis  – dieses Fazit zog der Abgeordnete auf einer Podiumsdiskussion im Sommer 2011 in Eichwalde. Schulze spürte zuletzt immer mehr, dass er gegen die „Betonköpfe“ in seiner Fraktion nicht ankommt.

Sein Fraktionsaustritt löste zum Teil heftigen Wirbel  aus. „Politik ist das Bohren dicker Bretter. Wer dort aufgibt und sagt, ich verlasse aus Frust die Fraktion, dann ist das der absolut falsche Weg und zeugt von unprofessionellem Verhalten.“, meint Frank Gerhard, SPD – Unterbezirksvorsitzender von Teltow – Fläming.

Die Brandenburger SPD – Spitze tat alles, um die Wogen nicht allzu hoch schlagen zu lassen.  Sein Rückzug käme nicht überraschend, hieß es. Schließlich wolle sich Schulze künftig intensiver um seine Facharztausbildung kümmern. Doch dieser Darstellung trat der Mediziner entgegen. „Ich dementiere ausdrücklich, dass ich mich aus der Fraktion wegen meiner beruflichen Neuorientierung zurückziehe.“, erklärte  Christoph Schulze.

Auf Kreisebene hat sich Schulze nach Ansicht seines Vorsitzenden vom operativen Geschäft zurückgezogen. „Herr Schulze war schon lange Zeit nicht mehr aktiv dabei. Man spürt das an seiner Teilnahme an Fraktionssitzungen und Kreisvorstandssitzungen.“, so Frank Gerhard.

Brandenburgs SPD Generalsekretär Klaus Ness hat dem Ex Mitglied des Landtages sogar mit einem Parteirausschmiss gedroht. Hintergrund sind nicht entrichtete Sonderbeiträge. Im Kern handelt es sich dabei um Diäten, die Christoph Schulze für seine Abgeordnetentätigkeit erhielt. Obwohl juristisch nicht bindend, ist es jedoch Usus, dass derartige Gelder an die Partei abgeführt werden. Da  sich Christoph Schulze in einer Facharztausbildung für Innere – und Allgemeinmedizin befindet und  die sehr kostenintensiv ist, war er nicht in der Lage alle Sonderbeiträge sofort zu begleichen. Zwischen dem SPD Generalsekretär Klaus Ness und Christoph Schulze wurde ein Vertrag unterzeichnet, in dem  geregelt ist, dass Schulze die Sonderbeiträge entsprechend seiner Möglichkeiten „bis zum Ende der Wahlperiode“ zahlt.

Doch diese Vereinbarung ist offenbar für SPD Generalsekretär Ness heute gegenstandslos. Kurz vor Weihnachten „hat mich Klaus Ness telefonisch aufgefordert: Entweder Du lieferst jetzt, wenn Du in der Partei bleiben willst oder Du fliegst raus.  Ziel und Zweck des Vorgehens von Klaus Ness ist schlicht der Versuch einen Keil zwischen mich und dem SPD Unterbezirk Teltow Fläming und die Ortsverbände zu treiben, mich als Dissidenten und „Schuldner“ zu diskreditieren.“, konstatierte Christoph Schulze.

SPD Generalssekretär Klaus Ness wollte dazu keine Stellung beziehen. Vom  SPD –  Vorsitzenden  Teltow – Fläming, Frank Gerhard hieß es nur knapp:  „Forderungsangelegenheiten werden bei uns parteiintern geklärt.“

Gerhard erwartet jedoch auf der kommenden Kreisvorstandssitzung im Januar 2012 ein deutliches Votum vom Ex – SPD Landtagsabgeordneten für die Partei.  „Wir wollen von ihm eine klare Aussage, dass er weder heute, noch morgen, noch im Rahmen der kommenden Landtagswahl eine andere Partei oder Wählervereinigung aktiv oder passiv unterstützt.“, so Gerhard.

Christoph Schulze wurde von der Brandenburger SPD Sitze gebeten in die Landtagsfraktion zurückzukehren. Doch ob der Flughafenrebell  seine Abseitsposition aufheben wird, bleibt angesichts der Tatsachen mehr als fraglich.

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