BER – Verkehrslärm: Rund 3.000 Betroffene müssen entschädigt werden. Streit um Stichtagsregelung ist entbrannt!

28. Oktober 2012
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Rund 160 Interessierte folgten der Einladung in die Schulzendorfer Mehrzweckhalle zur Informationsveranstaltung in Sachen Schallschutz. (Foto: Wolff)

Dort, wo der bauliche Aufwand für Schallschutzmaßnahmen wegen der bauphysikalischen Gegebenheiten über dreißig Prozent  des Verkehrswertes von Grundstück und Gebäuden mit zu schützenden Räumen  hinausgeht,  wird eine Entschädigung gezahlt. So ist es im Planfeststellungsbeschluss geregelt. Sie beträgt dreißig Prozent  des Verkehrswertes.

Peter Lehmann, Schallschutzbeauftragten des Flughafens Berlin Brandenburg erklärte am letzten Donnerstag auf einer Informationsveranstaltung in der Schulzendorfer Mehrzweckhalle, dass rund 3.000 Eigentümer von dieser Regelung betroffen sein werden.

Viel  mehr als ursprünglich gedacht. Denn eigentlich gingen die Flughafenmacher bei ihren Berechnungen zum Umfang der Schallschutzmaßnahmen davon aus, dass es legitim sei, wenn sechsmal der Wert von 55 db(A) innerhalb geschlossener Räume überschritten werde. Dabei heißt es im Planfeststellungsbeschluss eindeutig, dass in geschlossenen Räumen 55 dB(A) null Mal überschritten werden dürfen.

Bürger und Vertreter von Bürgerinitiativen protestierten monatelang lautstark gegen diese Umdeutung des

Der BER - Schallschutzbeauftragte, Peter Lehmann stand Rede und Antwort. (Foto: Wolff)

Planfeststellungsbeschlusses. Erst ein Machtwort des Oberverwaltungsgerichts Berlin Brandenburg, wonach Null Mal 55 dB(A) gilt, bewog  die Flughafenbetreiber, ihre bis dahin gängige Berechnungspraxis zu ändern. Knapp 600 Millionen Euro mehr, als eigentlich kalkuliert müssen nun für den Lärmschutz hingeblättert werden.

Weil sich aus Sicht der Planfeststellungsbehörde kein Null – Wert darstellen lässt, schloss sie ein Kompromiss: Der Flughafen darf mit 0,5 Überschreitungen rechnen.  Dr. Herbert Burmeister kritisiert diesen Kompromiss, weil er ohne die Einbeziehung der betroffenen Bürger zustande kam. „Ein Kompromiss, den man mit sich selbst aushandelt ist kein Kompromiss, sondern eine Frechheit.“, so der frühere Schulzendorfer Bürgermeister.

Im Zusammenhang mit den Entschädigungszahlungen ist ein neuer Streit entbrannt. Es geht um die Frage, welcher Stichtag für die Bemessung des Verkehrswertes angesetzt wird. Die Flughafen Verantwortlichen berufen sich auf den Planfeststellungsbeschluss. Danach gilt der Verkehrswert zu jenem Zeitpunkt, an dem der Antrag auf Entschädigung gestellt wird.

Ungerecht finden das Vertreter von Bürgerinitiativen. Sie machten daraus gegenüber Peter Lehmann keinen Hehl. „Sie wollen den Leuten, die Wertverluste für ihre Grundstücke und Häuser, die sie zwischen 1996 und heute hinnehmen mussten, nicht ausgleichen?  Das wollen sie einfach ausblenden?  Das ist ein unsauberes Verfahren und absolute schädlich.“, konstatierte Eckhard Bock, Sprecher des Bürgerdialog BBI 21.

Bürgerrechtlerin Christine Dorn kritisierte die Stichtagsregelung im Planfeststellungsbeschluss, sie sei verfassungswidrig und hätte längst geändert werden müssen.  Dorn berief sich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2010 (BVerfG, Beschluss vom 22.02.2010, 1 BVR 2736/08).

Das höchste deutsche  Gericht hatte damals entschieden, dass einem Hauseigentümer, dessen Immobilie direkt in der Einflugschneise in Schönefeld liegt, eine höhere Entschädigung für den Wertverlust zusteht, als dies im Planfeststellungsbeschluss vorgesehen ist. Der Eigentümer hatte einen Wertverlust von 50 bis 60 Prozent nachgewiesen.

Eckhard Bock, Sprecher des Bürgerdialog BBI 21: " Eine Überschreitung in 180 Tagen der sechs verkehrsreichsten Monate – das ist die richtige mathematische Formulierung." (Foto: Wolff)

Verluste in dieser Größenordnung sind nach Ansicht der Richter nicht mehr mit der verfassungsrechtlich zugesicherten Eigentumsgarantie in Einklang zu bringen, zumal im konkreten Fall die Immobilie den wesentlichen Teil des Vermögens der Eigentümer ausmachte. Nach Ansicht der Richter muss der für die Höhe der Entschädigung zugrunde gelegte Stichtag vor dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses zugrunde gelegt werden.

Bürgerrechtlerin Christine Dorn: " Die Stichtagsregelung im Planfeststellungsbeschluss ist verfassungswidirg." (Foto: Wolff)

Dem BER – Schallschutzbeauftragten Lehmann war ein solches Verfahren nicht bekannt, er müsse sich an die derzeitige Regelung halten, nach dem der Stichtag für die Entschädigung der Tag der Antragstellung ist.

Nicht alle Töne im Saal gefielen dem BER - Vertreter. (Foto: Wolff)

Im Streit um die Stichtagsregelung liegt jede Menge Zündstoff, schließlich könnten höhere Entschädigungszahlungen an die rund 3.000 Betroffene das Desaster am Hauptstadtflughafen  weiter verschlimmern.

 

 

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5 Responses to BER – Verkehrslärm: Rund 3.000 Betroffene müssen entschädigt werden. Streit um Stichtagsregelung ist entbrannt!

  1. 31. Oktober 2012 at 02:59

    Das zu wenig Leute gekommen sind lag auch daran, das der Termin wenig promotet wurde. Plakate habe ich nicht gesehen.

    Wie so oft in der Vergangenheit, kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, das diese Veranstaltung eine Alibiveranstaltung war.
    Nach dem Motto:” Hallo Bürger wir haben Euch Informatioen geboten, doch ihr seit nicht gekommen”.

    In der Vergangenheit wurden auch oft Veranstaltungen, trotz Pressemitteilungen, nicht gedruckt. Ich hatte auch schon vorgeschlagen, einfach eine Anzeige in Visitenkartengröße zu schalten.

    Wie so oft gibt es viele gut begründete Argumente das abzulehnen, doch es wurde damals nicht mal geantwortet. Man erkennt oft nicht den Wille eine Lösung zu finden.

    Beste Grüße von Gernut Franke

  2. BingeLaden
    30. Oktober 2012 at 20:11

    Wenn Brandenburg die 80.000 Unterschriften nicht zusammen bekommt, dann werden sich die Flughafenverantwortlichen die Hände reiben. Zu Recht! Mir sind die Aktivitäten der Bürgermeister aus Schulzendorf, Zeuthen, Eichwalde, Wildau, Königs Wusterhausen viel zu leise, als das sie Menschen an die Unterschriftslisten bewegen könnten.

  3. Tiefflieger
    Tiefflieger
    30. Oktober 2012 at 17:33

    Herr Pohland,ich teile viele Ihrer Feststellungen. Fakt ist aber auch eins. Es waren am letzten Donnerstag viel zu wenig Eichwalder und Schulzendorfer in der Halle. 160 Leute, das ist ein Witz. Offenbar haben die Fehlenden mit dem BER abgeschlossen.

  4. Jörg Pohland
    30. Oktober 2012 at 08:44

    http://www.bild.de/regional/frankfurt/flughafen-frankfurt/so-muehsam-kaempfen-fluglaerm-opfer-um-schallschutz-26921464.bild.html

    In diesem Beitrag werden die Erfahrungen aus Frankfurt zum Schallschutz dargestellt- also von jenem Flughafen, wo Herr Lehmann seine Erfahrungen gesammelt hat.

    Fazit : Der Bürger wird nur hingehalten und veralbert. Hilfe Fehlanzeige

  5. Jörg Pohland
    29. Oktober 2012 at 09:10

    http://www.youtube.com/watch?v=D0IEp5mcER0

    Wie zu erwarten war, hat der Flughafen kein Interesse etwas für die Bürger zu tun. Herr Lehmann ist wie Herr Schwarz, er weiß angeblich von nichts und hat nur die Aufgabe, kein Geld auszugeben und eine schöne Pressearbeit zu machen. Obwohl Herr Lehmann alle Vorgänge bekannt sind, wiederholt er unrichtige Angaben, wie bei der Bürger – Verstaltung im Rathaus Treptow.

    Auffallend ist nun auch, dass der FRAport ( Frankfurt ) mit seinem alten Personal immer mehr Einfluß auf den BER nimmt.

    Die Lösung des Schallschutzproblemes ist noch unausgewogener als die Inbetriebnahme des BER. Es ist erstaunlich, wie gelassen die Bürger reagieren – sind sie sich sicher, dass der BER nicht in Betrieb geht ? oder haben sie mit dem Leben in Schulzendorf abgeschlossen ?

    Die 30 % Entschädigungsregel sagt für die Betroffenden nichts anderes aus – als das jetzige zuhause unbewohnbar ! für Grundstück und Wohnung !ist.

    Fakt ist jedenfalls, das weder die Politik noch der Flughafen die Anwohner interessieren. Wie sagte ein Landtagsabgeordneter aus Potdam : Die Menschen sind als Kanonenfutter bei den nächsten Landtagswahlen eingepreist ..

    Ich bin der Meinung, wer die Flughafenpolitik und die Politik im Punkto Flughafen unterstützt und gut findet, oder gar keine Meinung hat, oder immer nur auf Ausgleich bemüht ist, wird im Larm – und Feinstaubklonest Schulzendorf eine persönlich sehr böse Überraschung erleben. PAnikmache ? Fahren sich auf eigene Kosten nach Flörsheim ! http://www.youtube.com/watch?v=D0IEp5mcER0 – Wer das da gut findet- und hier sind nur LAndungen bei Ostwind , dann ist es so- Körper und Geist sind dann aber nicht mehr eins, da der Geist den Körper nicht mehr schützt !

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