Ausstellung in der Butze: Wer hat Schuld am Mauerbau?

11. Juli 2011
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Vom kommenden Mittwoch an bis zum Freitag wird in der Butze eine  Ausstellung über den Bau der „Berliner Mauer“ zu sehen sein.  „50 Jahre Mauer – Soll und Haben“ heißt die Exposition, die jeweils von 18.30 – 20.30 Uhr in der „Butze“ in Schulzendorf, August-Bebel-Str. 73 geöffnet sein wird. Autor und Projektleiter Jens Wollenberg wird während der Öffnungszeiten den Besuchern Rede und Antwort stehen.

Jens Wollenberg ist Jahrgang 1947 und lebt seit 13 Jahren in Schulzendorf. Er unterrichtet als Fachleiter für Geschichte, Politikwissenschaften und Sozialkunde an der Max-Taut-Schule in Berlin-Lichtenberg. Dort bietet er zudem Seminare zum wissenschaftlichen Arbeiten an. Darüber hinaus hat er die Zertifikation als Trainer für „Pädagogische Schulentwicklung“. Aus seiner Arbeit sind in den letzten Jahren u. a. mehrere Öffentlichkeitsprojekte hervorgegangen wie“ Das große Mauerspiel“ (Interaktives Spiel),  „Königs Wusterhausen bleibt bunt“ (Plakatwettbewerb), „Jugend in Ost- und Westberlin zwischen 1945 – 1949“ (Wanderausstellung).

Fast 30 Jahre galt die Mauer einerseits als Symbol der Spaltung  Berlins, andererseits aber auch der Welt, sie war die betonierte Frontlinie des Kalten Krieges zwischen den realkapitalistischen  und realsozialistischen Machtblöcken. Diese Mauer, die Deutschland bis vor 21 Jahren in zwei Hälften teilte, wurde 1990 abgerissen. Doch verschwindet eine Mauer, die Deutschland knapp 30 Jahre lang teilte, einfach so? Wird aus zwei komplett unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten in kurzer Zeit eine politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Einheit?

Um diese Frage nur annähernd beantworten zu können, stellt sich  vorab eine historisch elementarere Frage, die zu beantworten diese Ausstellung, das begleitende Buch und der Film einen Beitrag zu liefern beabsichtigen. Anstatt historische Vorgänge aus Texten nachzuvollziehen, soll durch den Kontakt mit mehreren sehr exponierten Zeitzeugen dieser Frage emphatisch nachgegangen werden, um ein Verständnis für den politischen Prozess der Teilung und Vereinigung und. deren Auswirkungen auf die Menschen in Ost und West bis heute zu erhalten. Im engen Kontakt mit den Zeitzeugen wird die Schuldfrage am Mauerbau aufgegriffen. Dabei soll die Frage nach der Schuld nicht präjudiziert ( wie meist in der zeitgenössischen politischen Literatur ) sein. Die Zeitzeugen haben den Mauerbau und den Mauerfall teils vom Westen, teils vom Osten aus erlebt. Da sie zudem politisch sehr verschiedene Standpunkte vertreten, bieten die Plakate, der Film und das Buch sehr unterschiedliche Sichtweisen zur „Schuldfrage“, aus denen keine eindeutige Haltung abzuleiten ist. So bleibt es dem Betrachter / Zuhörer selbst überlassen, sich aus  den Exponaten der Ausstellung eine Anregung für sein eigenes Meinungsbild mitzunehmen.

Der Film zum Projekt „50 Jahre Mauer – Soll und Haben“ erzählt über Schicksale und Erlebnisse von mehreren Zeitzeugen und von ihrem Umgang mit der Situation des geteilten Deutschlands.

Für die meisten von ihnen kam der Mauerbau überraschend, vor allem für die Bewohner West-Berlins. Wie ist das, wenn plötzlich durch das Land und damit durch Lebenswege eine Mauer gezogen wird? Welche Gründe gab es in der DDR, eine solche Entscheidung zu treffen? Wie sind  Menschen aus Ost-Berlin damit umgegangen? Was passierte, wenn man sich über die sichtbare und unsichtbare Grenze hinwegsetzen wollte? Auf diese Fragen versuchen die Zeitzeugen vor der Kamera  Antwort zu geben. Wir erfahren aus ihrem Leben teilweise kuriose Geschichten, die heute für die jüngere Generation kaum noch nachvollziehbar sind. Jeder aber, der die Zeit des Mauerbaus und die folgenden Jahre bewusst miterlebt hat, wird ähnliche Geschichten erzählen können. So wird von  einer  Musikband aus der DDR berichtet, die in einer  Schrebergartenanlage in Berlin-Neukölln aufspielte, vom Vorstand der Anlage aber als Spione  verdächtigt wurde. Ein junger Mann versuchte Interviews mit alternativen Jugendlichen aus der DDR mit Hilfe seiner Mutter in den Westen zu schmuggeln – sie wurde erwischt und er ging dafür  ins Gefängnis.

Doch nach knapp 30 Jahren bröckelte die Mauer,  sie wurde undicht, bis sie dann mit einem Schlag auseinanderbrach. Viele Umstände änderten sich, viele Menschen hatten Probleme mit diesen Änderungen – hüben wie drüben.  Ein politisches System ging unter und wurde in ein anderes System eingegliedert. Die Mauer blieb, nicht physisch, aber in den Köpfen vieler Deutscher  – zum Teil bis heute.

Die Zeitzeugen erzählen ihre Geschichten, über den Bau der Mauer, das Leben mit ihr, über den Mauerfall und die Zeit danach. Die Geschichten bringen uns die damalige Zeit nähe und machen sie erlebbar. Die filmische Dokumentation zeigt nicht die „großen” politischen Personen, sie spielt nicht auf der politischen Weltbühne, nein, sie spielt im Haus an der Ecke, im Schrebergarten nebenan. Sie lässt den Bürger zu Wort kommen. und sie fragt nach der Schuld – wer hat Schuld am Mauerbau?

8 Responses to Ausstellung in der Butze: Wer hat Schuld am Mauerbau?

  1. 007
    14. August 2011 at 10:26

    Die Massenmedien wollen dem Volk glaubhaft machen, das Ulbricht und die SED sowie die Russen die Hauptschuld an der Mauer tragen. Ich stimme meinem Vorgänger zu, dass viel zu wenig die Rolle Adenauers und der Amerikaner gesagt wird. Meiner Überzeugung tragen sie genauso Verantwortung!

  2. Markus Tischendorf
    14. August 2011 at 08:07

    die Schuld am Mauerbau trägt mit großer verantwotung einzig und allein Konrad Adenauer, hätte er sich seiner Zeit den Russen unabhängig Erklärt, wäre garnichts passiert.

  3. Knuffke Frank
    21. Juli 2011 at 10:20

    Guter Artikel,muß man schon sagen.
    Allerdings wird hier die Position der Westmächte etwas zu blumig dargestellt.Die Westmächte hatten sehr wohl handfeste Interessen an Deutschland,weshalb Sie keinesfalls bereit waren Deutschland zu räumen,was man schon daran erkennt,daß Sie bis heute!noch nicht abgezogen sind.Ein Mitbegründer der Nato formulierte den Zweck des Militärbündnisses einmal so:Ziel der Nato ist es,Deutschland am Boden,die Russen aus Europa und die Westmächte in Europa zu halten.

  4. komentarlose Antwort nach Internetrecherche
    20. Juli 2011 at 21:47

    @ M.Gorbatschow

    Es war in der Tat ein sensationelles Angebot,das die UdSSR (nun nicht mehr von STALIN beherrscht,der 1953 gestorben war) dem Westen und vor allem der Bundesrepublik unterbreitete: Auf einen Satz reduziert:
    Ihr steht kurz davor,Euch einem MIlitärpakt(NATO) anzuschließen.Weil der gegen uns gerichtet ist,bieten wir Euch an:Wenn Ihr nicht in die NATO eintretet,dann sind wir damit einverstanden,dass in ganz Deutschland freie Wahlen mit allen Parteien, die es jetzt (1955)in Deutschland-West und D-Ost gibt,abgehalten werden,Wahlen die zu einem gesamtdeutschen Parlament und einer Regierung führen,so dass dadurch die Wiedervereinigung Deutschlands erreicht werden kann.Ein solches
    Deutschland darf aber keinem Militärbündnis angehören!-

    Hört sich gut an.e STALIN hatte dies schon ähnlich 1952 vorgeschlagen,das hatte aber der deutsche Bundeskanzler ADENAUER nach Beratung mit den Westmächten abgelehnt,weil sich die Bundesrepublik sicherer im Schoß des Westens fühlte.
    Nun war die Lage 55 zwar etwas anders;die Verhältnisse in Ostdeutschkland hatten sich etwas stabilisiert,STALIN war Vergangenheit,aber das Misstrauen gegenüber “den Russen” und ihren Politikergehilfen in der DDR war zu groß;immerhin war die Berlin-Blockade noch in Erinnerung, die Zwangsmaßnahmen in der DDR gegen Menschen,die das Pech hatten, unmittelbar an der Grenze zur Bundesrepublik zu wohnen (Zwangsumsidlungen entlang der ganzen Grenze schon 1952,und ein nach Nazizeit klingender Deckname der Maßnahme : “Aktion Ungeziefer”). Unvergessen waren auch
    die sowjetischen Panzer im Juni 1953 zur Niederschlagung
    der Proteste gegen die unüberlegte Forderung “der Partei der Arbeiterklasse” zur Erhöhung der Arbeitsleistung bei gleicher Zeit – und dies bei knurrendem Magen,da der Lebensstand im Osten niedrig war. Es gab in der Bundesrepublik Politiker,die diesem Vorschlag der neuen Sowjetführung vom Januar 55 positiv gegenüberstanden,aber ADENAUER und die Mehrheit der Regierungsparteien lehnten den Vorschlag der UdSSR nach Absprache mit den Westmächten ab.
    Es war vor allem Misstrauen gegenüber der Aufrichtigkeit des Angebots und die Unsicherheit,ob ein neutrales Deutschland nicht doch einmal Opfer einer Besetzung werden könnte. Warum?
    Zu groß war der Schaden, der von STALINs Politik bis dahin angerichtet worden war. Immer mehr Menschen flohen aus der DDR über die offene Grenze in Berlin in die Bundesrepublik.Zu viele,zu kluge,so dass dieser Verlust später durch den Mauerbau 1961 gestoppt wurde.
    Die Wörter “wenn” und “hätte” zählen nicht.Tatsachen zählen,und die Ablehnung dieses gut klingenden Vorschlags erfolgte seitens des Westens aus Sicherheitsbedenken heraus.Es ist eine Tragödie und Schande zugleich,dass so viele aufrichtige,kluge Politiker der SED von ihren hohen Ämtern entfernt wurden, “kaltgestellt” oder gar bestraft, weil sie die Linie des Stalinisten und Überlebenskünstlers
    nach Stalins Tod, ULBRICHT, faktisch des Alleinherrschers bis zu seiner Absetzung Anfang der 70-er Jahre, nicht folgten.Eine Gruppe führender Wissenschaftler hinter dem Ministerpräsidenten STOPH und einem anderen Minister hatten Mitte der 70-er Jahre (unter HONECKER und an ihm vorbei!) ein Manifest erarbeitet,dass eine Wiedervereinigung nach freien Wahlen vorsah,nachdem Freiheit in der DDR gewährt worden wäre.Das Papier wurde im SPIEGEL zugespielt,weil es dadurch wenigstens bekannt werden würde,und der veröffentlichte es auch (SPIEGEL 1/78 ) . (Stasi-Haft für die Autoren).
    * * *
    Das Misstrauen überdauerte Jahrzehnte. 1956 Polen und Ungarn, 1968 Tschechoslowakei, damals sinnvollerweise noch ein Staat,1979 Afghanistan – überall leistete die UdSSR “brüderliche Hilfe”. Ein Spitzen-Agent schrieb einmal zynisch:”Wir leisten gern brüderliche Hilfe,wenn man uns darum bittet.Und wenn man uns nicht darum bittet, auch.” ( SUWOROW,Viktor)
    Der erste Sowjetführer,dem Reagan und Bush (Vater) vertrauten, war auch der letzte: Gorbatschow.Und er war es auch,der der Wiedervereinigung positiv gegenüberstand.

    HySt2812

  5. BingeLaden
    19. Juli 2011 at 08:44

    Den Mauerbau allein einem senilen alten Mann, der in der Bevölkerung “Spitzbart” genannt wurde,zuzuschreiben ist sicherlich sehr vereinfacht. Der Westen trägt meiner Überzeugung nach genauso dafür die Verantwortung, wie “Spitzbart” und seine sowjetischen Genossen in Moskau.

    Die Fakten von @Gorbatschow will heute keiner mehr gern hören.

  6. M.Gorbatschow
    18. Juli 2011 at 18:24

    1955 – bereits nach dem Tode Stalins – wurde von der UdSSR noch ein Versuch unternommen, den Plan einer Wiedervereinigung Deutschlands auf der Grundlage freier Wahlen in der BRD und der DDR wiederzubeleben und mit dem Problem der Sicherheit in Europa zu verknüpfen. Kurz vor der Ratifizierung der Pariser Verträge, die den Beitritt der Bundesrepublik zur NATO vorsahen, wurde durch den westdeutschen Bundestag am 15.Januar 1955 eine sowjetische Regierungserklärung veröffentlicht, in der erneut das Einverständnis der UdSSR mit der Abhaltung freier Wahlen in ganz Deutschland betont wurde. Der Vorschlag fand weder bei den Westmächten noch bei der Regierung der Bundesrepublik Gehör.

  7. Knuffke Frank
    18. Juli 2011 at 18:07

    Woher wissen Sie das ein “NPD-Mann”stören wollte?Hat er seinen Parteiausweis vorgezeigt,oder wie?Also,lassen Sie bitte diesen Quatsch.Mal was zum Thema:Wir Deutschen sollten uns nicht bei diesem Thema auseinander dividieren lassen und emotional werden.
    Weder die DDR noch die BRD waren damals souveräne Staaten,die Großmächte diktierten die Tagesordnung.Wir Deutschen waren nur die Opfer in diesem Machtpoker.

  8. IR
    18. Juli 2011 at 09:00

    Es war seine sehr interessante Ausstellung mit etwa 20 Gästen zur Eröffnung. Ein Ereignis wie der Mauerbau hinterlässt Spuren. Leider hat der Film nicht dazu beigetragen, die tatsächliche Dramatik der Zeitzeugenfamilien dazustellen. Im Gegenteil lächelnde Senioren. Ob die Familien damals auch so nett gelächelt haben? Ich glaube nicht! Auch Dinge wurde unrichtig dargestellt. Auf Nachfrage: “Die Ausstellung haben die Schüler erarbeitet”. Aber hier fehlt die die Aufklärung. Man merkt dass die Thematik nicht von einem DDR Bürger angegangen wurde. Vielleicht muss man das Buch noch lesen. Die Aussage eines Zeitzeugen, die Mauer wird in den Köpfen spätestens in 10 Jahren verschwunden sein! Was soll das? Die Mauer wird doch noch in jeder Richtung von der Regierung geschürt – Renten – Kindergeld – Arbeitslosengeld – Löhne und Gehälter und das läßt sich unendlich fortführen. Also ist die Mauer doch vorerst rein technisch gefallen. Sie wurde zwar von der DDR errichtet, aber von allen 4 Mächten wohlwollend akzeptiert. Oder sind die Westdeutschen oder Westberliner auch auf die Straße gegangen? Also ein unendliches Thema. Wir wollen nur in einem froh sein, dass beim Mauerfall nicht auch noch Deutsche auf Deutsche geschossen haben und es so friedllich zu ging. Hoffen wir, dass es so bleibt. Ein neuer Buchvorschlag für Herrn Wollenberg – “wie nehme ich die rosarote Brille ab und mache Vorschläge für die Wiedervereinigung in den Köpfen” friedlich. Aber selbst bei dieser kleinen Veranstaltung kam es zum Eklat. Die persönlichen Ansichten eines Zeitzeugen führten dazu. Auch wollte ein Mann der NPD die Veranstaltung stören. Schon in diesem kleinen Kreis sieht man wie die Emotionen aufeinander treffen und immer noch wenig sachliche Gespräche möglich sind.
    Sicher eine Fleißarbeit. Doch ich persönlich und durch den Mauerbau persönlich stark positiv wie negativ betroffen, müsste ich Zensuren geben für die Fleißarbeit der Schüler 2, Beratung und Ergebnis 5 – sollte sie etwas über den Eingriff in das Leben der Menschen und den Zeitgeist aussagen so trifft es nicht zu. Der EURO,die Reisefreiheit, die “blühenden Landschaften” können auch heute nicht über das Leid und den von beiden Seiten geschürten Haß aufeinander hinweg täuschen. Es ist meine Meinung, es mag andere geben.

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