Kita Satzungen: Rückzahlungen in Millionenhöhe drohen

1. Dezember 2017
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Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) hat in einem Verfahren die Kita – Satzung der Stadt Rathenow für unwirksam erklärt. Die eingezahlten Elternbeiträge müssen der Klägerin zurückgezahlt werden. Eine Revision gegen das Urteil (OVG 6 A 15.15) wurde nicht zugelassen. Es könnte ein finanzielles Beben im Land Brandenburg auslösen.

Rückzahlungen: Erst Essengeld und jetzt Kitabeiträge? (Foto: mwBild)

Rückzahlungen: Erst Essengeld und jetzt Kitabeiträge? (Foto: mwBild)

Die Stadt Rathenow bezog sich in ihrer Kita – Satzung, wie viele Kommunen, darunter auch Schulzendorf, Eichwalde und Zeuthen, auf den § 6 des Kommunalabgabengesetz (KAG). Das sei jedoch nicht zulässig, urteilte das Gericht. Denn bei den Elternbeiträgen handele es sich um sozialrechtliche Abgaben eigener Art und nicht um Benutzungsgebühren. Daher ist die Satzung der Stadt Rathenow unwirksam.

Die Folge des Urteils: Weil nach dem Sozialgesetzbuch 10, § 10, rechtwidrig erhobene Beiträge auch dann zurückgezahlt werden müssen, wenn die Bescheide einst rechtskräftig geworden sind, haben alle Eltern im Falle unwirksamer Satzungen Anspruch auf Rückzahlung ihrer Beiträge.

4 Responses to Kita Satzungen: Rückzahlungen in Millionenhöhe drohen

  1. Bine
    5. Dezember 2017 at 12:58

    Hier ein Kommentar dazu aus Facebook INTERESSANT!!!

    Im März 2016 hat Rechtsanwalt Dr. Christoph Baum ein Gutachten für das MBJS verfasst. Darin heisst es: „Aufgrund dieser wesensmäßigen Unterschiede zur Benutzungsgebühr sind Elternbeiträge materiell – rechtlich nicht an §6 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg (KAG)zu messen.“ Es ist genau das, was auch das OVG festgestellt hat. Warum die Kommunalaufsichten auf dieses Gutachten nicht reagiert haben und nach Bekanntwerden des Gutachtens nicht Satzungen angepasst haben, bleibt eine spannende Frage.

    Und ein Beitrag aus der MOZ:

    Erfolgreicher ?Kampf der ?Kita-Eltern

    Potsdam (MOZ) Im Western-Klassiker „Die glorreichen Sieben“ gibt es den bitteren Witz über einen Mann, der im zehnten Stock eines Hochhauses aus dem Fenster fiel und an jedem Stockwerk, an dem er vorbeikam, sagte: „Bis hierher ging‘s gut.“

    Genau so haben viele Brandenburger Kommunen sowie der Städte- und Gemeindebund jahrelang im Streit um die Kita-Gebühren agiert. Obwohl es seit langem klare Hinweise dafür gibt, dass viele Kita-Satzungen fehlerhaft sind, wurde stur an ihnen festgehalten.

    Mit dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts zur Rathenower Satzung ist für dutzende Kommunen der Schaden da. Nach ersten Schätzungen haben Eltern in Brandenburg womöglich Anspruch auf Beitrags-Rückzahlungen in Höhe von 100 bis 150 Millionen Euro. Ein Problem für die Kommunen vergleichbar mit der Altanschließer-Thematik.

    Aber anders als damals trägt das Land dieses Mal keine Mitschuld. Das haben die betreffenden Städte und Gemeinden sowie die jeweilige Rechtsaufsicht der Landkreise ganz alleine verbockt. Sie, die so gern das Hohelied auf die kommunale Selbstverwaltung singen. Weil das Urteil so zu erwarten war, stellt sich die Frage nach den Hintergründen. Wenn Kommunen Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Satzung haben, können sie sich Expertise einkaufen. Ist das einer Gemeinde zu teuer, kann man sich die Kosten für ein solches Gutachten teilen. Wieso also hat man sich nicht Rat geholt?

    Diese Frage geht auch an den Städte- und Gemeindebund als Interessenvertretung der Kommunen. Er hat die Kritik an den Satzungen stets als unbegründet abgetan. Und er glaubte wohl auch nicht, dass die Eltern so entschlossen um ihr Recht kämpfen werden. Eine Fehleinschätzung. Oder wollte man gar den Karren gegen die Wand fahren lassen, um anschließend das Land zu einer Reform des Kita-Gesetzes und damit in die finanzielle Verantwortung zu zwingen? Es rufen ja nun schon erste Kommunen nach Hilfe aus Potsdam.

    Noch ist das Urteil sehr frisch. Es wird dauern, bis es auf alle Fragen, die es aufwirft, einleuchtende Antworten gibt. Ebenso ist Eltern zu Ruhe und Geduld zu raten, wenn es um die Modalitäten etwaiger Rückzahlungen geht. Niemand kann derzeit mit Gewissheit sagen, auf wie viele Kommunen das Urteil anwendbar ist. Auf moralische Bedenken der Eltern, Beiträge im Falle eines Falles von der öffentlichen Hand zurückzufordern, sollten die Kommunen indes nicht hoffen. Die Mütter und Väter sehen, dass in Berlin und anderswo die beitragsfreie Kita möglich ist. Also warum sich nicht zurückholen, was Familien anderswo gar nicht erst bezahlen mussten?

    Die Folge wäre freilich Unzufriedenheit bei jenen, die nichts zurückbekommen. Ein kaum auflösbares Dilemma. Und hier ist das Land dann vielleicht doch in der Pflicht: Ein klarer Zeitplan hin zur komplett beitragsfreien Kita würde so manche Woge glätten.

  2. Anwohnerin
    2. Dezember 2017 at 16:15

    Betrifft das auch die Strassenreinigungsgebühren
    In dieser Satzung wird auch auf den Paragraph 6 des Komunalabgabengesetzes Bezug genommen?

  3. Bürger Zweiter Klasse
    2. Dezember 2017 at 08:43

    Was heißt Chaos? Zu Unrecht gezahlte Beiträge trotzdem einzubehalten?
    Ist ja wie beim MAWV.

  4. Frank Knuffke
    1. Dezember 2017 at 18:19

    Das OVG hat sich wohl vorgenommen,alles ins Chaos zu stürzen….

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