Vorflächen: Kaufen oder nicht kaufen? Das müssen Sie wissen.

27. August 2015
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In der Gemeinde ist eine Debatte über sogenannten Vorflächen entbrannt. In den 30er Jahren wurde die Straßenflucht um rund drei Meter in Richtung Fahrbahn verschoben. Die Eigentümer zäunten später den Grundstücksstreifen bis zur neuen Straßenlinie ein und nutzten ihn über viele Jahre. Der Haken: Das Land gehörte der Gemeinde, ein Entgelt wurde nie erhoben.

Eine rund drei Meter breite sogenannte Vorfläche, die hinter dem Zaun verläuft, sollen Grundstücksbesitzer kaufen oder pachten.(Foto: mwBild)

Eine rund drei Meter breite sogenannte Vorfläche, die hinter dem Zaun verläuft, sollen Grundstücksbesitzer kaufen oder pachten.(Foto: mwBild)

Neben den zahlreichen Grundstücken in der Ernst – Thälmann – Straße betrifft es auch folgende Straßen:

  • Puschkinstraße (16 Fälle)
  • Paarmannstraße (9 Fälle)
  • Karl – Marx – Straße (22 Fälle)

Ebenso, nur zahlenmäßig geringer, gibt es Vorflächen Fälle in der Münchner Straße, der Otto – Krien – Straße, der Hennigsdorfer Straße, der Miersdorfer Straße, der Weimarer Straße, der Chemnitzer Straße und dem Wüstermarker Weg.

Streng genommen liegen die betreffenden Grundstücke nicht am öffentlichen Straßenland und gelten als nicht erschlossen. Teilweise liegen in diesen fremden Grundstückstreifen Übergabeschächte von Versorgungsleitungen. Zwar duldet die Gemeinde die unentgeltliche Nutzung und räumt stillschweigend Wegerechte ein, doch jetzt will das Rathaus klare rechtlich Verhältnisse schaffen.

Kaufen zum Preis von 76,50 Euro

Bauchef Sonntag berichtete jüngst, dass zahlreiche Eigentümer signalisierten, die Flächen kaufen zu wollen. Der Preis richtet sich nach dem Bodenrichtwert. Bei dem Streifen handelt es sich um eine sogenannte Arrondierungsfläche. Ein Areal, was von keinem anderen, als dem Eigentümer sinnvoll genutzt werden kann und das ein vorhandenes Gelände abrundet.

Deshalb kann nach Aussagen des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Landkreis Dahme Spreewald ein zehn prozentiger Abschlag angerechnet werden. Der Kaufpreis läge gegenwärtig demzufolge bei 76,50 Euro pro Quadratmeter.

Dazu kommen für die Käufer noch die Grunderwerbssteuer sowie die Notarkosten.

Straßen- und Bauland – Zwei Preise

Immer wieder hagelt es von Anliegern Kritik, dass im Zusammenhang mit dem 16 Kilometer Straßenausbau von der Gemeinde öffentliches Straßenland zum Preis von 1,50 Euro bis 1,80 Euro je Quadratmeter von Grundstückseigentümern angekauft wurde. Angesichts der Preise, die nun für die Grundstücksstreifen verlangt werden, empfinden das Bürger als Ungerechtigkeit.

Bauchef Jörg Sonntag erklärt den scheinbaren Widerspruch: „Wenn Grundstücksflächen Jahrzehnte lang öffentliches Straßenland waren, dann sind sie bei Erwerb als solche zu bezahlen. Und wenn Flächen über viele Jahre als Bauland genutzt wurden, dann ist der dafür übliche Preis zu zahlen.“

Ein Verkauf der Vorflächen durch die Gemeinde, beispielsweise zu einem „Freundschaftspreis“, der unter dem üblichen Wert liegt, ist unzulässig. Dies würde sogar einer Veruntreuung von Steuergeldern sehr nahe kommen – ein Straftatbestand!

Mit viel Transparenz und Offenheit hat Bauchef Jörg Sonntag die Thematik Vorflächen beleuchtet. Sein klares Signal an die Grundstücksbesitzer: Verständigung und einvernehmliche Lösungen.  (Foto: mwBild)

Mit viel Transparenz und Offenheit hat Bauchef Jörg Sonntag die Thematik Vorflächen beleuchtet. Sein klares Signal an die Grundstücksbesitzer: Verständigung und einvernehmliche Lösungen. (Foto: mwBild)

Landkreis lässt Bauanträge liegen

Wegen des unklaren Status werden Bauanträge von Eigentümern mit Vorflächen derzeit vom Landkreis „schleppend“ bearbeitet oder sogar „zurückgehalten“, berichtet Jörg Sonntag. „Ich kann das nicht nachvollziehen.“, so der Bauchef. Denn in einer Baugenehmigung ist stets der Passus enthalten, dass sie vorbehaltlich der Rechte Dritter gilt.

Pachten statt kaufen

Streitigkeiten mit Anwohnern will Bauchef Sonntag von vornherein ausschließen. Betroffenen, die derzeit ein knappes Budget besitzen, reicht er die Hand: „Wir haben nicht vor, den Kauf des Grundstücksstreifens zu erzwingen. Das geht auch nicht. Wir wollen aber klare rechtliche Verhältnisse und wenn jemand nicht kaufen will, dann wollen wir über einen Pachtvertrag sprechen.“

Im Fall eines Pachtvertrages müssen Wege- und Leitungsrechte in das Grundbuch eingetragen werden.

Wer weder noch will

„Da bin ich mit meinem Latein am Ende.“, sagt der Bauchef offen heraus zur Möglichkeit, dass Anlieger weder kaufen noch pachten wollen. In diesem Fall könnte Bürgermeister Mücke zwar die Muskeln spielen lassen, worin er geübt ist, und darauf bestehen, Zaun, andere Bauten und möglicherweise auch Übergabeschächte auf das Grundstück zurückzubauen.

Doch für den Gemeindefrieden ist das die schlechteste Lösung. Auch die einheitliche Ansicht in der Ernst – Thälmann – Straße wäre hin. Zurückspringende Zaunfronten sind die Folge, nicht gerade ein Aushängeschild für ein harmonisches Ortsbild.

Claudia Mollenschott (Die Linke) und Guido Thieke (CDU) hatten am letzten Mittwoch im Finanzausschuss einen guten Vorschlag: Alle heiklen Fragen in einer Bürgerversammlung klären.

„Stell Dir vor, es ist Streit und keiner geht hin ….“   

4 Responses to Vorflächen: Kaufen oder nicht kaufen? Das müssen Sie wissen.

  1. Bürger Zweiter Klasse
    31. August 2015 at 19:53

    na doll,

    was hat denn schulzendorf für die übertragung der grundstücke von lübben bezahlt?
    in meiner 2006er flurkarte iat lübben als eigentümer beschrieben.
    jetzt soll mal so richtig kasse gemacht werden.
    rechnet sich ja auch bei ca. 3000m² in der ernst-thälmann-str.
    ich werde wohl weder kaufen noch pachten.
    für von der gemeinde gebrauchte gründstücke bekommen die eigentümer 1,80€. wir sollen 76€ bezahlen.
    ich denk auch die 3m werden erst mit unserem kauf bauland.
    aber wer sollte da bauen, wenn die einheitliche strassenfront bei 7m steht und auch im bauantrag festgeschrieben ist

    also wenn gekauft wird muss ich den notar bezahlen, dann grunderwerbssteuer. zahle dann auch mehr grundsteuer.
    und zum guten schluss kommt dann die gemeinde mit einer geänderten satzung daher um mehr geld für die ” neue” strasse, laternen und gehweg zu bekommen.
    und dann gibts dann noch den DNWAB, der auch schnell nochmal ne altanschließernachberechnung macht und ich nochmal abdrücken kann.

    ey gemeinde: denkt ihr wir kommen aus dem mußtopf?
    tut mal was für uns und für unsere zufriedenheit.
    es ist eh mittlerweile schon shit in schulzendorf

    Anmerkung der Redaktion Der Schulzendorfer:

    – Für Grundstücke verschiedener Nutzungsart gibt es unterschiedliche Preise.
    – Die Gemeinde hat von Bürgern öffentliches Straßenland, auf dem nicht gebaut werden darf, zum Preis von 1,80 €/qm gekauft.
    – Bauland liegt bei rund 80 €/qm, die Gemeinde will das Bauland für 76 € verkaufen. Grünland und Ackerflächen liegen zwischen 20 und 50 Cent/qm und Lage.
    – Mehr Grundsteuer wird nicht fällig, weil die Bemessungsgrundlage nicht die Grundstücksgröße, sondern der sogenannte Einheitswert ist.

    Sabrina Rühle

  2. Christina Heinrich
    31. August 2015 at 15:39

    Meine Oma hat 1929 ein Grundstück in Schulzendorf gekauft und im Kaufvertrag steht- Kaufpreis für 620 qm Grundstück + 60qm Straßenland -, das der Gemeinde bei Bedarf zur Verfügung gestellt werden muss.

  3. Eichbergerin
    28. August 2015 at 17:07

    Mücke kassiert Beiträge für die Laternen und Gebühren für die Straßenreinigung, obwohl die Grundstücke in der Karl – Marx- Straße eine andere Zugangsmöglichkeit haben. Das ist ja Vorsatz !

  4. Rudi
    28. August 2015 at 16:37

    Mir sind Fälle bekannt – nach diesem Beispiel- dass die Gemeinde Beiträge erhoben hat, obwohl sie es gar nicht hätte machen dürfen !

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