Modulbauweise: “Solide wie Stein auf Stein, nur viel schneller!”

15. Januar 2018
Von

Schulzendorf plant die Erweiterung seiner Grundschule. Wie sie errichtet werden soll, das beschäftigt derzeit die Abgeordneten. Immer wieder fällt der Begriff Modulbauweise. Der Schulzendorfer sprach mit einem, der sich darin bestens auskennt: Dipl.-Ing. Architekt Michael Lauer. Er hat für einen der größten deutschen Modulbauer, der Firma Alho, die unter anderem in Dresden produziert, Projekte realisiert.

Herr Lauer, was genau ist unter Modulbauweise zu verstehen? Sind das zusammengeschraubte Blech Container, die hübsch verkleidet sind?

Solide wie „Stein auf Stein“, nur viel schneller und flexibler – Modulgebäude verstehen sich in erster Linie als dauerhafte Lösung und somit als nachhaltige und clevere Alternative zur konventionellen Bauweise. Modulbau ist eine Fertigbauweise, bei der 3-dimensionale, in der Werkshalle industriell vorgefertigte Raummodule innerhalb weniger Tage auf der Baustelle montiert und dann in wenigen Wochen zum fertigen Gebäude ausgebaut werden. Grundsätzlich ist die Modulbauweise für Neubauten aller Art, für Anbau oder Aufstockung ideal geeignet. Modulgebäude sind baukonstruktiv ausgereift, energetisch optimiert und architektonisch anspruchsvoll. Sie sind äußerlich von konventionell errichteten Gebäuden nicht zu unterscheiden. Beim Stahlmodulbau handelt sich um ein völlig anderes Konstruktionsprinzip als beim Containerbau, der in erster Linie für kurzfristigen, temporären Raumbedarf als Übergangslösung steht.

Produktionshalle, in der Module vorgefertigt werden.

Produktionshalle, in der Module vorgefertigt werden.

In welchen Bereichen hat sich die Modulbauweise bewährt?

Die Modulbauweise hat in viele Bereiche Einzug gehalten. Im Krankenhausbau hat Sie sich seit Langem etabliert, da hier sehr oft im Bestand gebaut wird und durch die kurze Bauzeit vor Ort und die saubere und leise Baustelle der Klinikalltag kaum beeinträchtigt wird. Im Bereich der Bildungsimmobilien konnte der Modulbau in den letzten Jahren vielen Kommunen helfen, die gesetzlich vorgeschriebenen Betreuungsagebote im Bereich Kita- und Schulneubau in kürzester Bauzeit zu realisieren. Die Industrie profitiert bei Bau von Büro- und Verwaltungsgebäuden insbesondere von der Flexibilität und Nachhaltigkeit der Gebäude. Aufgrund der nichttragenden Innenwände können Räume problemlos umgewidmet werden, spätere Erweiterung und Aufstockung sind auch im laufenden Betrieb möglich. Und nicht zuletzt ist die Modulbauweise aktuell in den Fokus der Wohnungswirtschaft gerückt, da serielle Bauweisen einen großen Beitrag zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum leisten können.

Dipl.-Ing. Architekt Michael Lauer

Dipl.-Ing. Architekt Michael Lauer

Welche Vorzüge hat die Modulbauweise gegenüber der Stein auf Stein Methode?

Die Vorteile liegen sowohl im technischen als auch im betriebswirtschaftlichen Bereich. Die technischen Vorteile sind extrem kurze Bauzeiten durch just in time Prozesse, hohe Qualität durch industrielle Fertigung, schnelle Bezugsfertigkeit, hohe Flexibilität (Planungsfreiheit, viele Gestaltungsmöglichkeiten), leichte Veränderbarkeit während der Nutzung (Erweiterung, Aufstockung sowie Rückbau und Umsetzung der Gebäude). Bei der Betrachtung der betriebswirtschaftlichen Aspekte ergeben sich aufgrund der kurzen Bauzeiten erhebliche Finanzierungsvorteile und je nach Nutzung frühzeitiger Erträge („return of invest“). Bei den Bauprojekten in Modulbauweise mit den vorgefertigten Einheiten entsteht eine hohe Preis- und Terminsicherheit für den Käufer / Investor, da bereits im Vorfeld sämtliche Detailplanungen abgestimmt sind, eine baubegleitende Planung mit all den Risiken einer Baukostenerhöhung und Bauzeitverlängerung gibt es nicht! Für den Bauherrn entfallen sämtliche Koordinierungen auf der Baustelle, da die Raummodule mit einem sehr hohen Vorfertigungsgrad im Werk hergestellt werden und die Abwicklung „aus einer Hand“ erfolgt.

Und welche Nachteile?

Aus statischen Gründen unterliegt der Stahlmodulbau Einschränkungen bei der Geschossigkeit. Wir haben uns daher auf Gebäude unterhalb der Hochhausgrenze spezialisiert, d.h. 6 bis 7 Vollgeschosse können in Modulbauweise realisiert werden. Eine weitere Einschränkung gibt es bei der Gebäudekubatur: Organische Gebäudeformen sind wegen der Modulstruktur nur als Hybridbauweise und verbunden mit höheren Kosten zu realisieren.

Gibt es Beschränkungen hinsichtlich Fassaden- und Raumgestaltung?

Grundsätzlich ist zu sagen: Im Modulraster hat der Architekt in der Grundrissgestaltung prinzipiell alle denkbaren Freiheiten – unabhängig voneinander in jedem Geschoss. Nahezu jeder Entwurf für ein Massivgebäude lässt sich auch in Modulbauweise umsetzen. Auch wenn der Grundriss auf einem festen Modulraster basiert, ist dieses Raster doch sehr variabel. Die gängigen Modulgrößen reichen in der Breite von 2,625 bis 4,50 m, in der Länge von 7,75 bis zu 16,75 m und in der Höhe von 3,20 bis 4,00 m. Sondergrößen sind ebenfalls realisierbar – die maximalen Abmessungen der einzelnen Raummodule werden durch ihre Transportfähigkeit bedingt. Auch in puncto Fassadengestaltung ist alles realisierbar, was auch konventionelle Bauweisen bieten – ob großflächige Verglasungen, Putz auf Wärmedämmverbundsystem oder vorgehängte, hinterlüftete Fassadenelemente in Holz, Metall, Keramik oder Glas. Moderner Modulbau überzeugt durch qualitätsvolle Architektur, die von konventionell errichteten Gebäuden nicht zu unterscheiden ist.

Wie gut verträgt sich die Modulbauweise mit der einschlägigen Energiesparverordnung?

Da es sich bei Modulgebäuden um dauerhafte Gebäude handelt, werden die normalen bauordnungsrechtlichen Vorschriften angewendet, die auch für konventionelle Bauweisen gelten. Die Anforderungen und auch die technischen Umsetzungen sind daher mit denen an den Massivbau absolut vergleichbar.

Modulbauweise ist ein besonderes Gebiet. Gibt es dafür spezielle Planungsbüros?

Es gibt kaum Planungsbüros, die sich explizit auf die Modulbauweise spezialisiert haben. Aber wir registrieren inzwischen ein verstärktes Interesse  der Architektenschaft – bis hin zu renommierten Büros – bei dem Thema Modulbau. Die Akzeptanz wird größer, weil die Bauweise bekannter wird. Prinzipiell lässt sich jeder konventionelle Architektenentwurf  – eventuell mit kleinen Anpassungen – in ein modulares Raster überführen. Optimal ist es jedoch, wenn die Entscheidung „pro Modulbau“ bereits am Anfang der Planungsphase getroffen wird, weil wir Bauherrn und Architekten dann optimal beraten und unterstützen können.

Montage eines Mudules

Montage eines Mudules

In Fachzeitschriften ist zu lesen, dass die Modulbauweise im Vergleich zum konventionellen Bauen wegen dem hohen Grad der Vorfertigung auch kostengünstiger ist. Stimmt das?

Die Kosten für die Erstellung eines Modulgebäudes sind mit denen eines konventionell errichteten vergleichbar. Aber aufgrund der witterungsunabhängigen Vorfertigung kann man im Modulbau das ganze Jahr über bauen und somit das Gebäude bis zu 70 % schneller fertigstellen. Hierdurch lässt sich zum einen die Finanzierungsperiode entsprechend verkürzen, und kürzere Finanzierungszeiten wirken sich positiv auf die anfallenden Zinsen aus. Zum anderen können die Immobilien schneller in Betrieb genommen werden, erzielen beispielsweise im Wohnungsbau also früher Einnahmen.

Wie lange dauert es vom Zeitpunkt, an dem sämtliche Zeichnungen für die Produktion freigegeben sind bis zum Montagebeginn?

Das ist von Projekt zu Projekt unterschiedlich, da bei jedem Bauvorhaben die Zahl der zu produzierenden Module  stark variiert. Während die ersten Module produziert werden, laufen die Gründungsarbeiten auf der Baustelle bereits. Und während im Werk noch Module vom Band laufen, wird auf der Baustelle bereits montiert. Insgesamt lässt sich sagen, dass sich der Bauprozess wegen der verkürzten Genehmigungsphasen, der witterungsunabhängigen Vorfertigung und der parallelen Abläufe um  70 % im Vergleich zum konventionellen Bauen verkürzt.

Und die eigentliche Montage, wie lange dauert sie, beispielsweise für ein 1.400 qm großes Gebäude?

Die Montage dauert in der Regel nur wenige Tage. Die Module werden im Konvoi als Schwertransporte über Nacht zur Baustelle transportiert. Am Tag können ca. 8 bis 10 Module montiert werden. Anschließend erfolgt noch der Ausbau vor Ort, d.h. modulübergreifende Anschlüsse werden hergestellt, die Fassade und das Dach angebracht. Der komplette Bauprozess vor Ort dauert ca. 10 bis 12 Wochen.

Wenn, aus irgendwelchen Gründen, kein Bedarf mehr für die Räume besteht, lässt das Ganze zurückbauen?

Das Gebäude kann wieder in die einzelnen Module zerlegt werden. Entweder es findet sich eine Zweitverwertung an einem anderen Standort („mobile Immobilie“), wo die Module wieder zusammengesetzt und mit einer neuen Fassade versehen werden. Andernfalls lassen sich die Module zu nahezu 100 % recyceln.

5 Responses to Modulbauweise: “Solide wie Stein auf Stein, nur viel schneller!”

  1. Neu Schulzendorfer
    16. Januar 2018 at 18:59

    Liebe Abgeordnete,seid selbstbewusst,urteilt nur nach Eueren Überzeugungen und lasst Euch nicht von den Sprüchen der Bau“profis“ beeindrucken. Die haben praktisch nichts drauf. Ihr seht das, was sie beim Hort und der Kita fabrizierten. Aus meiner Sicht fast nur Mist,Verzug und Mehrkosten.

  2. Eichberger
    15. Januar 2018 at 22:41

    @Heutemalohne: Kann Ihren Appell nur unterstützen. Die GV sollten nur ihrem Verstand und nicht den mit Halbwissen ausgestatteten Fachleuten des Bauamtes folgen. Fast 1 Jahr hat man benötigt, um den Rohbau Hort zu errichten. Was soll diese Bastelei? Wie konnte so etwas nur zugelassen werden?

  3. Eddy
    15. Januar 2018 at 16:49

    Die Vorteile von Modulbauweise liegen wohl klar auf der Hand. Hortanbau und Kita sollten längst fertig sein. Beide Objekte mit Zeitverzug und Kostensteigerungen fertiggestellt.

  4. Bürger Zweiter Klasse
    15. Januar 2018 at 14:01

    Denkanstöße braucht man nicht. Es gibt gewisse Herren die wollten ihre Kinder nicht in Containern unterrichten lassen.Module höhrt sich schöner an, ist aber das selbe. Ansonsten würde das schon fertig sein

  5. Heutemalohne
    15. Januar 2018 at 12:14

    Vielen Dank für diesen tollen Artikel. Vielleicht sind nun auch die Gemeindevertreter in der Lage sich mit diesem Thema vorurteilsfrei zu befassen und die richtigen Entscheidungen zu treffen. Warum allerdings erst der Schulzendorfer die Informationen zusammentragen muss um Denkanstöße zu geben, bleibt mir schleierhaft. Diese Informationen sind schließlich frei zugänglich und meines Erachtens wäre es bereits beim ersten Aufkommen vor Jahren die Pflicht der Gemeinde/-Vertretung gewesen, sich darüber zu informieren.
    Neubau bis 2020, der dann so läuft wie Hort und Kita, gegen eine Bauweise, die in Wochen fertig, jederzeit veränderbar und max. genauso teuer wäre. Ich wüsste, wie ich mich entscheiden würde!
    Also bitte Kopf einschalten, wir brauchen den Platz bereits seit gestern, und nicht erst ab morgen!

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