Im Gespräch: ANDREAS BRANDT erstritt in der Essengeld Panne für Tausende Recht!

9. Januar 2017
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Nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin – Brandenburg (OVG) vom vorigen Jahr haben Betroffene, die Essengelder für ihre Kinder an einen Caterer zahlten, das Recht auf Rückzahlung durch den Träger der Einrichtung. Unsere Redaktion berichtete darüber ausführlich. Zahlreiche Anfragen erreichten uns dazu, die wir nicht beantworten können. Deshalb sprach Der Schulzendorfer mit einem, der es ganz genau wissen muss. Mit Andreas Brandt von der Kanzlei BRANDT RECHTSANWÄLTE, Friedrichstraße 16 – 26 in 17291 Prenzlau, die das Verfahren vor dem OVG führte und bereits viele Betroffene im Land Brandenburg bei der Durchsetzung ihrer Rechte vertritt.

Rechtsanwalt Andreas Brandt deckte die massenweise falsche Abrechnung für Kita Mittagessen in Brandenburg auf.

Rechtsanwalt Andreas Brandt deckte die massenweise falsche Abrechnung für Kita Mittagessen in Brandenburg auf.

Herr Brandt, muss der Träger das gesamte Essengeld, dass ein Betroffener an einen Caterer gezahlt hat, zurückzahlen oder nur die Differenz zu den durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen?

Die Entscheidungen beruhen auf eine Klage, die unser Mitarbeiter Jens M. Schröder als betroffener Vater im außergerichtlichen Verfahren angeführt hatte.

In der ersten Instanz hatte das Verwaltungsgericht Potsdam festgehalten, dass das gesamte Essengeld an die Eltern zurück zu zahlen sei, da die Beklagte Stadt die Essengelder nicht festgelegt hatte. Dies sah das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg anders. Hier wurde in der zweiten Instanz geurteilt, dass nur der Betrag über die durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen zurück gefordert werden kann.

Dies ist zwar für die Klage abschließend so geklärt worden, jedoch werden wir dies in einem weiteren Verfahren weiter verfolgen und wohl das Bundesverwaltungsgericht entscheiden lassen müssen. Zurzeit können jedoch nur die Beträge über die durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen zurück gefordert werden.

Der Träger hat Anspruch von den Betroffenen auf den Anteil der ersparten Eigenaufwendungen. Wie berechnet sich die Höhe und wer ermittelt diesen Anteil?

Hier erkennt man das Problem der Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg. Obwohl gem. § 90 SGB VIII die Beiträge festzusetzen sind, hat dies das OVG ignoriert. Der Träger muss die durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen festlegen, mittels Bescheid oder Satzung. Hat er dies nicht getan, kann er eigentlich keinen Anteil der durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen anrechnen lassen. Das OVG will dies aber zulassen.

Die Berechnung hat das OVG Bremen mal vorgenommen und diesen Betrag mit 1,16 € festgelegt. Mit dieser Berechnung konnte sich das OVG Berlin-Brandenburg anfreunden. Die Stadt Prenzlau hat ein Gutachten eingeholt, welches man hier http://www.mbjs.brandenburg.de/media_fast/4113/Kita_DIJuF_Gutachten.pdf abrufen kann. In dem Gutachten wurde der Betrag mit 1,50 € ermittelt.

Als Anhaltspunkt können die Eltern mal festhalten, was sie ausgeben, wenn sie ihrem Kind das Mittagessen kochen. Hier fließen nur die Herstellungskosten ein. Also die Kosten für die Ware und der Anteil Energie, Wasser usw. Mehr eigentlich nicht. Dann ist der Mittelwert zu ermitteln. Dabei wird das billigste Essen und das teuerste Essen heraus genommen. So kann man ungefähr selber kontrollieren, um die durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen dem entsprechenden Betrag korrespondieren.

Gilt der Rückerstattungsanspruch auch gegenüber Einrichtungen, die privat betrieben werden?

Das Kita-Gesetz des Landes Brandenburg gilt gem. § 2 Abs. 4 für alle Formen der Kindertagesbetreuung. Darin heißt es: „ Die im Folgenden für Kindertagesstätten bestimmten Vorschriften dieses Gesetzes gelten für die anderen Formen der Kindertagesbetreuung entsprechend.“ Damit gelten die Ansprüche grundsätzlich auch für die freien Träger!

Ist ein Antrag zwingend notwendig?

Es handelt sich um einen Erstattungsanspruch. Wie der Name schon sagt, man will sich etwas erstatten lassen. Daher muss gegenüber dem Träger der Anspruch geltend gemacht werden, dass man die Erstattung wünscht. Daher ist ein Antrag zwingend notwendig, so jedenfalls nach gültiger Rechtsprechung.

Jens M. Schröder von der Kanzlei Brandt Rechtsanwälte.

Jens M. Schröder von der Kanzlei Brandt Rechtsanwälte.

Können von Betroffen Zinsen verlangt werden?

Bei der jetzigen Rechtsprechung des OVG Berlin-Brandenburg können nur Zinsen bei Rechtshängigkeit verlangt werden. Haben die Eltern keine Klage eingereicht, können keine Zinsen geltend gemacht werden. Anders war dies bei der erstinstanzlichen Entscheidung.

Was muss bei der Durchsetzung des Rückerstattungsanspruches vom Betroffenen beachtet werden?

Die Betroffenen müssen den Anspruch, den sie geltend machen wollen, nachweisen können. Dies könne die Betroffenen mittels Einreichung der Rechnungen bzw. der Kontoauszüge oder durch Nachweis der Quittungen. Dabei sollte der gezahlte Betrag über die durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen liegen. Es sei denn die Betroffenen wollen sich mit der Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg nicht zufrieden geben und versuchen ebenfalls eine Entscheidung des BVerwG herbeizuführen.

Was ist, wenn ein Betroffener keine Zahlungsbelege mehr hat?

In der Regel müsste der Caterer Nachweise der Bezahlung haben, da dieser verpflichtet ist diese 10 Jahre aufzubewahren. Es ist daher ratsam sich an den Caterer zu wenden.

Der Rückerstattungsanspruch geht wegen der dreijährigen Verjährungsfrist zurück bis 2013. Betroffene klagen darüber, dass Gemeinden mit der Begründung, man müsse rechtlich noch Dinge klären, die Auszahlung verzögern. Was raten Sie ihnen zu tun, damit ihre Ansprüche nicht immer weiter verjähren?

Zunächst ist festzuhalten, dass die Ansprüche aus dem Jahr 2013 grundsätzlich am 31.12.2016 verjährt sind. Hat der Träger mitgeteilt, dass noch Dinge zu klären sind, kann damit eine Hemmung der Verjährung vorliegen. Dies müsste man im Einzelfall prüfen. Damit die Ansprüche nicht weiter verjähren sollte von dem Träger eine Verzichtserklärung verlangt werden. Diese Verzichtserklärung sollte den Verzicht der Einrede der Verjährung enthalten. Ansonsten bleiben nur der Gang zum Anwalt und der Klageweg zur Hemmung der Verjährungsfrist übrig.

Hilft es, wenn eine Gemeindevertretung den Bürgermeister dazu verpflichtet, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten?

Der Verzicht auf die Einrede der Verjährung gibt allen Parteien die Möglichkeit die Sachlage genau zu betrachten und den Bürgern das Gefühl, dass sich die Kommune als Träger um die Belange der Eltern kümmert und diese auch ernst nimmt. Immerhin haben die Kommunen einen Fehler gemacht, so dass man den Eltern damit entgegen kommen könnte. Es hilft auf jeden Fall den Eltern, aber auch der Kommune, dass nicht noch weitere Kosten, wie Anwaltskosten usw. entstehen.

2 Responses to Im Gespräch: ANDREAS BRANDT erstritt in der Essengeld Panne für Tausende Recht!

  1. Horst
    11. Januar 2017 at 13:12

    Das Schulessen wird nicht im Kita- sondern im Schulgesetz geregelt und dieses ist leider ganz was anderes.

  2. Eliewsky
    10. Januar 2017 at 17:18

    Hallo, kann ich für das Schulessen auch eine Erstattung beantragen??? Wenn ja, wie mach ich das und an wem ????
    Liebe Grüße

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